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Prignitz-Museum Zar Peters Seejungfer in der Kunst

Das „Zar-Peter-Jahr“ wird im Havelberger Prignitz-Museum mit einer Kabinettausstellung gewürdigt.

Von Andrea Schröder 16.10.2016, 09:49

Havelberg l Im November 1716 war der russische Zar Peter I. zu Besuch in Havelberg. Diesem geschichtlichen Ereignis sind verschiedene Veranstaltungen in der Hansestadt gewidmet, die sich bis ins nächste Jahr hineinziehen. Das Prignitz-Museum nimmt das 300-jährige Jubiläum des Monarchenbesuches zum Anlass für eine Kabinettausstellung unter dem Titel „Die Havelberger Galionsfigur“. Gezeigt werden Zeichnungen des Rostocker Grafiker Armin Münch.

Als dieser 1977 Havelberg besuchte, hörte er von der Legende, dass Peter der Große hier gewesen sei, auf der hiesigen Seeschiffswerft gearbeitet und eine Seejungfer als Galionsfigur geschnitzt haben soll. 1996 schenkte er dem Prignitz-Museum zwei Grafikmappen – das Ergebnis seines Havelberg-Besuches. Die Zeichnungen zeigen seine ganz eigenwillige Sicht auf Ereignisse aus der Geschichte unserer Stadt. Eine Ausstellung folgte noch im gleichen Jahr, berichtet Museologin Sabine Ball.

Eine der Töchter von Dr. Werner Krätzig, der ehemals Chefarzt des Havelberger Krankenhauses war, lebt mit ihrem Ehemann in Rostock. Beide waren mit Armin Münch und dessen Frau befreundet. Dank dieser Freundschaft kamen die Havelberger Zeichnungen in den Museumsbestand. 2013 ist der bedeutende norddeutsche Künstler verstorben. 2001 hatte er der Rostocker Universität fünfzehntausend seiner Zeichnungen, Druckgraphiken und Skizzenbücher geschenkt.

Neben Originalen zeigt die kleine Ausstellung im Prignitz-Museum bis zum 27. November Kopien von Münchs Zeichnungen zur Havelberger Geschichte. Sie beleuchtet den historischen Hintergrund, der zur Legende der Seejungfrau am Haus in der Havelstraße 44 geführt hat und knüpft eine Verbindung zur Gegenwart.

300 Jahre nach dem legendären Zarenbesuch plant der Havelberger Heimatverein, eine Kopie der Seejungfer an alter Stelle anzubringen. „Von dort wurde die Schnitzerei 1945 auf Befehl des sowjetischen Stadtkommandanten herunter genommen. Als ,wertvolles russisches Kulturgut‘ wurde sie in einem Sammeltransport nach Russland gebracht. Ob und wo sie ankam, ist in Havelberg unbekannt“, sagt die Museologin.

Das Relief der neuen Seejungfer ist fertig, berichtet der Vorsitzende des Heimatverein Hans-Jürgen Nisch. Derzeit wird es geölt. „Wir wollen das Relief sobald als möglich, noch bevor richtiger Frost kommt, am Haus in der Havelstraße 44 anbringen.“

Sabine Ball erinnert daran, dass schon der Havelberger Bürgermeister Alfred Zoellner an der Legende der Seejungfrau zweifelte. Er schrieb 1893 in seiner Chronik der Stadt: „Peter der Große soll … die Seejungfer … eigenhändig geschnitzt haben, während doch höchst wahrscheinlich irgend ein gewöhnlicher Holzschnitzer unter den Schiffbauern dies seltsame Gebilde verbrach, das, weil es vielleicht als Gallion-Bild an einem Schiffe augenblicklich keine Verwendung fand, als Wirthshausschild über die Tür des Hauses gesetzt wurde. …“

Diese und weitere Legenden gibt es zum Zar. So soll er ja auch die „Knappen Tieden“, eine Fischsuppe, beim Besuch des Bürgermeisters sehr gelobt haben. Fakt und geschichtlich belegt ist dagegen, dass Peter der Große im November 1716 in Havelberg weilte. Zur Unterzeichnung der Havelberger Konvention. Der russische Zar Peter I. und der preußische König Friedrich Wilhelm I. schlossen den Vertrag zur antischwedischen Koalition. Dabei tauschten beide Monarchen symbolisch Gastgeschenke aus. Der Zar bekam das legendäre Bernsteinzimmer und eine Staatsyacht, der Preußenkönig große Soldaten – Lange Kerls. Im November wird es dazu eine weitere Veranstaltung geben. An diesem Dienstag sind der Zar und das Bernsteinzimmer Thema eines Vortrages von Harald-Uwe Bossert in der Buchstation des Kulturprojektes Stadtinsel in der Langen Straße 10. Den Auftakt des „Zarenjahres“ machte Anfang August ein Aktionstag mit Schauschnitzen und sagenhafter Führung.

Die Kabinettausstellung im Prignitz-Museum kann von Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 12 Uhr und 13 bis 17 Uhr besucht werden. Aufgrund der Bauarbeiten zur Sanierung des Daches am Westflügel befindet sich der Eingang zum Museum über den Propsteiplatz am Ostflügel des Domes.