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Spendenaktion Hilfe für Erdbebenopfer in Mexiko

Für vom Erdbeben betroffene Menschen in Mexiko rufen der Rotary Club und die Volksstimme in Havelberg zu Geldspenden auf.

Von Andrea Schröder 29.09.2017, 19:30

Havelberg l Die Spenden werden über die ehemalige Austauschschülerin Odette Castrejón Farfán an diejenigen verteilt, die Hilfe dringend benötigen. Odette Castrejón Farfán unterrichtet am Dienstag vergangener Woche gerade 16- und 17-jährige Schüler in Pachuca/Hidalgo, als zur Mittagszeit die Erde bebt. Sie fordert sie auf, Ruhe zu bewahren. Die Evakuierung beginnt. „Viele haben Angst gehabt, es war für sie das erste Mal, dass sie ein Erdbeben erlebten“, erzählt die Mexikanerin, die 2004 als Austauschschülerin nach Havelberg kam. Sie kommt aus Mexiko-Stadt, die Hauptstadt liegt zwei Stunden entfernt von Pachuca, wo sie an der Universität und an einem Gymnasium Englisch unterrichtet.

„Als wir alle draußen waren, habe ich sofort meine Schwester angerufen. Wenn es schon in Pachuca so schlimm war, war mir klar, dass es in Mexiko-Stadt eine Katastrophe sein muss. Ich habe sie sofort erreicht und es ging ihr gut. Bei unserer Mama haben wir drei Stunden gebraucht, um Kontakt zu erhalten. Sie ist Lehrerin an einer Grundschule. Wir haben nur gehört, dass die Nachbarschaft schlimm getroffen war, und ich habe natürlich große Angst um sie gehabt. Zum Glück war alles gut bei ihr und ihren Kindern.“

Zur weiteren Nachbarschaft, rund zwei Kilometer von ihrem Zuhause entfernt, gehört die Grundschule Enrique Rébsamen, die eingestürzt ist und viele Kinder und Lehrer unter sich begraben hat. 19 Kinder und sechs Erwachsene sind in den Trümmern gestorben. „Eine Familie, die gegenüber der Schule wohnt, hat acht Kinder gerettet. Weitere elf Kinder konnten von anderen Helfern gerettet werden“, erzählt Odette. 400 Schüler im Alter von drei bis 15 Jahren besuchen dort den Kindergarten und lernen in der Schule. Ihre Mutter hat dort drei Jahre lang gearbeitet.

„Im Fernsehen war zu sehen, wie die Leute zu den eingestürzten Häusern gelaufen sind, um die Überlebenden aus den Trümmern zu holen. Ich wollte sofort nach Mexiko-Stadt fahren, um in meiner Nachbarschaft zu helfen. Doch es ging nicht, es ist kein Bus gefahren. Abends, als wir ein bisschen Handy-Empfang hatten, haben wir gehört, dass vor allem Essen und andere Lebensmittel sowie Medikamente benötigt werden.“ Mit ihrer jüngeren Schwester und deren Freunden, die alle studieren, richtete Odette eine Sammelstelle ein. Mit ihren 31 Jahren war sie die älteste. „Von Mittwoch bis Sonnabend haben wir dort geholfen. Tausende Sammelstellen sind über ganz Mexiko eingerichtet worden, aus allen Bundesstaaten kam Hilfe, meistens von Jugendlichen. Man hat über Facebook erfahren, was alles wo gebraucht wird und Busse, Lkw und Autos haben die Fahrten kostenlos übernommen.“ Odette berichtet auch von Frauen, Restaurants und Cafés, die in der mexikanischen Metropole auch in dieser Woche noch warmes Essen und Kaffee für die Rettungskräfte und die freiwilligen Helfer kochen. Mitte dieser Woche hielt die Suche nach Überlebenden weiter an. Rettungskräfte aus der ganzen Welt helfen dabei. „Die Suchgeräte zeigen, dass es noch Überlebende gibt. Einige Schulen, die nicht betroffen sind, haben am Dienstag wieder angefangen zu arbeiten.“

Das Erdbeben mit einer Stärke von 7,1 hat über 300 Todesopfer gefordert. Vier Tage danach, am Sonnabend vor einer Woche, erschütterte ein Nachbeben mit der Stärke von 6,1 das Land. Es war das dritte Beben innerhalb von drei Wochen. „Das Frühwarnungssystem hat rechtzeitig geklingelt, aber es entwickelte sich auch Panik, als alle ihre Häuser verließen. Es war sehr früh am Morgen. Fast alle Leute haben einen Rucksack getragen mit Wasser, Lampe, Ausweis, Bargeld, Schokolade und anderem mehr. Es war kein angenehmes Gefühl.“

Zunächst war es wichtig, neben der Rettung und Versorgung der Verletzten ausreichend Matratzen, Zelte, Schlafsäcke, tragbare Toiletten, Reinigungsmittel und Medizin zu besorgen. „Lebensmittel und Wasser gibt es im Moment genug, aber die Leute schlafen auf den Straßen“, schildert Odette die aktuelle Situation. „Die ganze Hilfe kommt in die Hauptstadt. Sie ist im Vergleich zu anderen Städten gut entwickelt und ich gehe davon aus, dass die Stadt schneller aufgebaut wird als andere Orte.“

Damit kommt sie auf ihren Wunsch zu sprechen, dort helfen zu wollen, wo nicht so viel Unterstützung zu erwarten ist. Zum einen würde sie gern Leuten in ihrer Nachbarschaft helfen. Zum anderen entwickelt sich gerade eine Spendenaktion für Morelos – dem Bundesstaat, der südlich an Mexiko-City grenzt. „Morelos ist ein armer Staat, der sehr schwer getroffen wurde. Der Distrikt 4170 von Rotary, der Mexiko City, Estado de Mexico-Stadt und Hidalgo umfasst, ist derzeit dabei, mit dem Rotary Club in Morelos eine Spendeninitiative zu entwickeln, mit der den Menschen geholfen werden kann“, berichtet Odette.

Der Rotary Club Havelberg und die Volksstimme wollen im Wissen um die Hilfsbereitschaft der Menschen hier in der Region eine Spendenaktion starten. Gut in Erinnerung sind dabei die Aktivitäten wie zum Beispiel nach dem Erdbeben in Japan und für ein Kinderheim in Afghanistan. Wo genau die Spenden in Mexiko eingesetzt werden, wird noch geklärt.

„Mit Odette gibt es über viele Jahre sehr gute Kontakte. Sie kommt immer wieder gern zurück.“ Michael Ruß, der damals Jugendbeauftragter bei Rotary war, und seine Familie haben sich gleich nach dem Erdbeben mit ihr in Verbindung gesetzt und gefragt, wie es ihr geht.

„Wir waren natürlich alle erleichtert zu hören, dass sie das Erdbeben unbeschadet überstanden hat und möchten ihr gern helfen“, sagt Klaus Heidrich, Präsident des Rotary Clubs Havelberg. Dabei versichert er eine direkte Hilfe, bei der jeder Euro eins zu eins bei den Hilfsbedürftigen ankommt.

„Viele haben ihr Hab und Gut verloren und nicht unbedingt die Chance, etwas ersetzt zu bekommen, denn so etwas wie eine Elementarversicherung gibt es in Mexiko nicht“, erklärt Michael Ruß. „Viele stehen mit leeren Händen da. Zwar ist die Solidargemeinschaft im Land sehr groß, doch wird jede Hilfe benötigt. Deshalb bitten wir auch hier in Havelberg um Spenden, damit wir Odette bei ihrer Hilfe unterstützen können. “ Rotary und Volksstimme stehen im engen Kontakt mit Odette und werden regelmäßig über den Fortschritt der Spendenaktion berichten.

Wer spenden möchte, überweist das Geld bitte an den Förderverein des Rotary Club Havelberg (auf Wunsch wird dafür auch eine Spendebescheinigung ausgestellt). Das Konto bei der Kreissparkasse Stendal hat die IBAN DE91 8105 0555 3000 1105 68.