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Umweltausschuss Wolfsexperte berichtet über Entwicklung

Der Wolf war ein Thema im Umweltausschuss Havelberg. Zu Gast war Andreas Berbig vom Wolfskompetenzzentrum in Iden.

Von Andrea Schröder 06.04.2017, 18:42

Havelberg l Über den aktuellen Stand der Wolfansiedlung in Sachsen-Anhalt und der Region hat Andreas Berbig vom Wolfskompetenzzentrum Iden am Dienstag dem Havelberger Umweltausschuss berichtet. Er befasst sich seit mehreren Jahren mit dem Thema. Zunächst war er beim Biosphärenreservat Mittelelbe damit beschäftigt, seit kurzem gibt es das Zentrum in Iden.

Andreas Berbig informierte über die Entwicklung der Wolfsansiedlung, die seit 2008/09 intensiv verfolgt wird. Es gab auch zu DDR-Zeiten Wölfe, die durchs Land zogen. Allerdings wurden sie bejagt. Belegt sind 35 Tiere, die entweder durch die Jagd oder bei Verkehrsunfällen getötet worden sind.

In Sachsen-Anhalt sind für 2016 zwölf Wolfsrudel und ein Wolfspaar nachgewiesen. Davon lebt ein Rudel in der Klietzer Heide. Darüber hinaus gibt es einzelne Wölfe, die durch die Region ziehen. Andreas Berbig berichtete von einer hohen Welpenzahl in den Rudeln. Meist verlassen die Welpen mit ein, zwei Jahren ihr Rudel, suchen sich einen Partner beziehungsweise eine Partnerin und gründen ein neues Rudel.

Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass sich die Wölfe vor allem auf Truppenübungsplätzen ansiedeln, werden sie immer öfter auch ortsnah gesichtet. Mit zunehmender Zahl der Wölfe steigt auch die Zahl der Übergriffe auf Nutztiere. 2016 stehen in der Statistik insgesamt 45 Vorfälle, davon 25 auf Schafe und 16 auf Rinderkälber. 103 Schafe und 18 Kälber wurden dabei getötet. Bei Übergriffen auf Gatterwild gab es 30 getötete Tiere.

Zur Entschädigung der Landwirte im Haupt- und Nebenerwerb machte der Wolfsbeauftragte deutlich, dass es diese bei Schafen, Ziegen und Gatterwild nur gibt, wenn entsprechende Schutzmaßnahmen wie Elektrozäune mit 90 bis 120 Zentimeter Höhe oder Untergrabeschutz bei Gatterhaltung ergriffen wurden. Diese werden mit 80 Prozent gefördert. Seit kurzem sind auch die Herdenschutzhunde in der Diskussion, die Wölfe abschrecken sollen. Für die Mutterkuhhaltung gibt es keine Grundschutzverpflichtung, die Landwirte werden bei Wolfsrissen auch entschädigt.

Gemessen am großen Tierbestand im Land ist die Zahl der Übergriffe nicht dramatisch, sagte Andreas Berbig – wohlwissend, dass es für jeden einzelnen Betroffenen ein großes Problem ist, wenn Wölfe seine Tiere reißen. Sonja Isecke, Ortsbürgermeisterin in Warnau, berichtete in der anschließenden Diskussion von einem Landwirt, der jede Nacht zu seiner Herde fahre aus Angst vor Wolfsübergriffen. Mittlerweile wächst aber auch die Angst vor Übergriffen auf Menschen. Manch Jogger traut sich schon nicht mehr raus in die Natur, sagte Ausschussmitglied Ursula Rensmann und fragte, ob bekannt ist, dass in Regionen Europas, wo der Wolf vermehrt angesiedelt ist, Menschen zu Schaden gekommen sind. Eine Studie von 2002 habe für die zurückliegenden 50 Jahre nur sehr wenige Fälle festgestellt, wo Menschen von Wölfen angegriffen worden sind. Grund waren da Tollwut oder die Gewöhnung an den Menschen. „Aber der Wolf ist ein Raubtier und ich kann nicht ausschließen, dass es zu dramatischen Fällen kommt. Ich sehe jedoch keinen Grund, die Natur zu meiden“, sagte Andreas Berbig und verwies auf andere Gefahren, die im täglichen Leben lauern. Etwa, bei einem Verkehrsunfall mit Wild zu Schaden zu kommen.

Wer einem Wolf begegnet – der normalerweise aber den Menschen scheut –, sollte ihn durch lautes Rufen und in die Hände klatschen vergrämen. Der Erfolg wird von manchem angezweifelt. „Wenn doch aber der Wolf keine Angst hat vor dem Menschen“, kommentierte Eberhard Westphal. Die Konkurrenz zwischen Jägern und Wölfen brachte Karsten Grey, Ortsbürgermeister in Nitzow, zur Sprache. Roswitha Frontzek sprach von ihren Beobachtungen, dass sie zum Beispiel noch nie so viele Wildschweinrotten gesehen hat.

Wie im Falle einer akuten Gefahr durch den Wolf zu handeln ist, wollte Dieter Härtwig vom Ordnungsamt wissen. Er malte den Fall aus, dass er Sonntagnachmittag einen Anruf bekommt, dass sich ein Wolf auf einem Hof befindet. „Mache ich mich strafbar, wenn ich dem Jäger oder dem Polizeibeamten, der ansonsten den Wolf nicht abschießen darf, sage, er soll es tun?“ Ist Gefahr im Verzug, sei das machbar, doch einen Wolf nur prophylaktisch zu erschießen wäre strafbar, sagte An­dreas Berbig.