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Werft Neue Anlage ermöglicht präzise Schnitte

Mit einer hochmodernen Anlage arbeiten die Fachleute seit einigen Wochen in der Havelberger Kiebitzberg Werft.

Von Andrea Schröder 10.02.2017, 16:54

Havelberg l Andreas Lewerken hält einen Schmetterling aus Aluminium in seinen Händen. Die Konturen sind genau ausgeschnitten, feingliedrig ist das Muster der Flügel. Die Maschine, die das erledigt, ist um ein Vielfaches größer als dieser kleine Falter. Mit Wasserstrahl und einem speziellen Granatsand aus Australien gelingt es, diese feinen Zuschnitte in kürzester Zeit zu erledigen. Über 300 000 Euro hat die Kiebitzberg Werft investiert, berichtet der Geschäftsführer und zeigt in der Produktionshalle Beispiele von Zuschnitten, die künftig „made in Havelberg“ sind.

Wurden solche Zuschnitte, wenn sie nicht im eigenen Unternehmen möglich waren, bislang an Fremdfirmen vergeben, ist die Werft nun in der Lage, das selbst zu erledigen. Etwa wenn es darum geht, Bootsbauteile oder Schriftzüge in Empfangs- oder Verkaufstresen zu schneiden.

„Auch wenn es schmerzlich ist, dass immer mehr handwerkliche Fähigkeiten von Maschinen übernommen werden, müssen wir uns dem Trend der Zeit anpassen. Stichwort ist hier Industrie 4.0. Wir werden unsere Technologien darauf umstellen und eine industriell unterstützte Fertigung mit handwerklicher Arbeit anbieten“, sagt Andreas Lewerken. Er verweist zugleich darauf, dass deswegen aber kein Mitarbeiter nach Hause geschickt werden muss. Die Aufgaben werden andere. Mit solchen Maschinen wie der Wasserstrahlanlage gewinnt das Programmieren am Rechner an Gewicht. Handwerkliches Können bleibt dennoch gefragt.

Die Vorteile der neuen Anlage, mit der etwa Aluminium, Stahl, Steine, Fliesen, Glas, Kunststoffe und Holz geschnitten werden können, sieht der Geschäftsführer in der kürzeren Zeit, die für die Arbeit erforderlich ist, und dem daraus folgenden Effekt, dass die Mitarbeiter mehr Zeit für andere Arbeiten haben. „Wir können unsere Preise dem Markt besser anpassen und sichern dadurch auch Arbeitsplätze. Wurden bisher für Zuschnitte mehrere Tage benötigt, reduziert sich das jetzt auf Stunden. Zudem werden Transportkosten gespart.“

Einsatz findet die Wasserstrahlschneidanlage , die mit ihrer sauberen und geräuscharmen Arbeitsweise ohne Staub auch umweltverträglich arbeitet, in verschiedenen Bereichen der Unternehmensgruppe Kiebitzberg, zu der neben der Werft die Möbelwerkstätten und das Arthotel gehören. Möbelbau, Schiff- und Metallbau und der Mineralwerkstoffbau profitieren davon. „Wir können flexibler und individueller arbeiten.“ Zum Beispiel hat sich das Unternehmen seit Jahren spezialisiert auf den Innenausbau von Kreuzfahrtschiffen. Auch Furnier, Edelstahl und Leder können mit der neuen Anlage zugeschnitten werden. Intarsienarbeiten im Holz und Zierelemente lassen sich damit leichter herstellen. Andreas Lewerken berichtet von einer riesigen Palme, die aus Feinsteinzeug entstehen soll. „Das sind 800 laufende Meter, der Zuschnitt in Handarbeit wäre für den Auftraggeber nicht bezahlbar.“

Profitieren können von der neuen Anlage, die seines Wissens nach weithin die einzige dieser Art ist in unserer Region, auch Gewerbetreibende, die ihre Zuschnitte hier vornehmen lassen können, berichtet Andreas Lewerken.

Die neuen Technologien betreut René Staar. Er ist Diplomwirtschaftsingenieur und übernimmt in dem gut 100 Mitarbeiter zählenden Unternehmen als Industriemeister den industriellen Part für die Werft. Zum Ende des Jahres hatte er auch den Einbau eines neuen Bootssteges in Bautzen geleitet, der aufgrund seiner besonderen Form von sich reden machte.

Die Stadt hat sich damit selbst ein Geschenk gemacht. Am Stausee gibt es einen Freizeitbereich. Der Bootssteg in Form eines Lindenblattes in Anlehnung an das Wappen der Sorben wurde am Nikolaustag eingeweiht und soll ab diesem Frühjahr Wassertouristen anlocken.

Der 51 Meter lange Feststeg mit einer zehn Meter langen Brücke und dem Lindenblatt, von dem jede Hälfte 4,7 Meter breit und 9,3 Meter lang ist und jede Seite zwei Tonnen wiegt, war aufgrund seiner Bauweise eine Herausforderung für die Mitarbeiter der Werft, auch wenn sie schon zahlreiche Boots- und Schwimmstege in Deutschland, Österreich und der Schweiz gebaut haben. Unter anderem übrigens auch für den See in Kamern.

Der Steganlagenbau nimmt immer größere Bedeutung ein auf der Werft, die sich auf die gut 300 Jahre alte Schiffsbau­tradition in Havelberg beruft. Hausboote und Wohnschiffe werden ebenfalls hergestellt. Kurz vor Jahresende verließ ein Partyboot die Werft, das künftig auf dem Schweriner See im Einsatz sein wird.

„Wir sind gerade dabei, Umrüstungen in der Werfthalle vorzunehmen“, erklärt An­dreas Lewerken und berichtet von Fertigungsstrecken, die zum Teil auf Schienensystemen laufen und dadurch die Produktion für die Mitarbeiter erleichtern. Vom ursprünglichen Schiffsbau hat sich die Werft verabschiedet. Doch sind auch künftig große Schiffe, die auf Ozeanen oder Flüssen unterwegs sind, mit Arbeiten aus Havelberg ausgestattet. „Denn der Innenaus- und -umbau von Schiffen bleibt weiterhin eine wichtige Sparte im Unternehmen.“