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Milchqualität Kühe mögen keinen Stress

Katharina Roitsch und Eva-Maria Mösenthin arbeiten für den Milchkontrollverein in Klötze. Dort laufen die Fäden zusammen.

Von Siegmar Riedel 30.12.2015, 02:00

Klötze l Die Telefone von Katharina Roitsch und Eva-Maria Mösenthin klingeln fast ununterbrochen. Der Rat der beiden Frauen ist gefragt bei den Landwirten aus dem Raum Klötze, Gardelegen und Haldensleben. Als Mitarbeiterinnen des Milchkontrollvereins sind sie Ansprechpartnerinnen, wenn es um die Tiere geht.

Der Milchkontrollverein ist Mitglied im Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung Sachsen-Anhalt (LKV) mit Hauptsitz in Halle. Dem vom Land geförderten Verein gehören neben den Kontrollvereinen auch Vertreter von Molkereien, Milcherzeugern sowie vom Kontroll- und Beratungsring an.

„Wir arbeiten nicht gewinn­orientiert, unser Ziel ist die Kontrolle der Milch“, erläutert Katharina Roitsch. „Daraus lassen sich dann Aussagen über die Qualität der Milch und die Gesundheit der Tiere ableiten.“ Landwirte können auf das Ergebnis reagieren, anders füttern und die Bedingungen beispielsweise für ihre Milchkühe beim Melken verbessern.

Ein wichtiger Indikator ist die Zahl der Erregerzellen in der Milch pro Milliliter. Daraus lassen sich Aussagen über den Stress der Tiere und den Gesundheitszustand der Euter treffen. Je älter die Kuh, desto höher ist in der Regel die Anzahl der Erreger. „Doch krank wird niemand, wenn er die Milch trinkt“, stellt Katharina Roitsch gleich klar. „Ab einer Zellzahl von 400 000 je Milliliter darf die Milch nicht mehr in den Verkehr gebracht werden.“ Die Milchproben werden in Klötze zwischengelagert, bevor sie gekühlt in das Labor nach Halle gebracht werden.

Dort kommen sie in ein Wasserbad, werden gerührt, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, und untersucht. Damit die Herkunft der Milchproben bis zur Kuh und der Zeitpunkt des Abnehmens nachverfolgbar ist, dafür sind die beiden Frauen in Klötze mit zuständig. „Einmal im Monat wird von jeder Kuh eine Probe genommen“, informiert Eva-Maria Mösenthin. Zwar ist die Teilnahme daran für die Landwirte freiwillig, doch das Interesse ist dennoch sehr hoch. Spielen doch die Testergebnisse eine wesentliche Rolle für die Fütterung der Tiere.

In der Altmark gibt es nur wenige Betriebe, die nicht die Dienste des Kontrollvereins in Anspruch nehmen. „Beispielsweise machen im Altkreis Salzwedel 92 Prozent der Betriebe mit“, berichtet Katharina Roitsch.

Die Aufgaben des Vereins umfassen jedoch viel mehr als nur die Milchkontrolle. Die Mitarbeiter registrieren die Tiere und vergeben die bekannten Ohrmarken für Rinder, Schweine und Schafe, sie erfassen die Milchmengen, nehmen Futterproben, ermitteln die Keimzahlen und machen Schwangerschaftstests. „Das Herkunftssystem mit den Ohrmarken ist wichtig für den Verbraucherschutz“, erklärt Katharina Roitsch. „Das ist wie ein Personalausweis für Tiere.“

Auf Wunsch werden die Landwirte von den Frauen auch beraten. „Wir sehen uns die Betriebe an, die Melkstände, Spülanlagen und anderes“, sagen sie. Sie werfen auch einen Blick auf den Tagesablauf in den Milchviehanlagen, um eventuell auftretenden Stress für die Tiere zu minimieren. Denn: „Kühe mögen keinen Stress“, betont Katharina Roitsch.

Zeigt das Testergebnis einer Milchprobe auffällige Werte, werden die betroffenen Landwirte und der Kontrollverein vor Ort informiert. „Leider werden wir oft erst gerufen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“, beklagt Roitsch.

Erfreulicher wird es für die Frauen, wenn sie Ehrungen der Landwirte vornehmen können, die eine 100 000-Liter-Kuh in ihrem Stall stehen haben. „Das ist eine immense Lebensleistung für eine Milchkuh“, sagt Katharina Roitsch. „Und das kommt inzwischen immer häufiger vor. Die Zucht hat sich verändert, die Kühe können älter werden“, nennt sie dafür Gründe. „Eine solche Ehrung ist auch ein Aushängeschild für den Betrieb. Das ist ein Zeichen, dass sich die Kühe wohlfühlen.“