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Existenzgründung Nicht jeder ist für Selbständigkeit geeignet

Volker Lahmann berät Existenzgründer im Altmarkkreis. Mit ihm unterhielt sich Markus Schulze.

16.03.2017, 01:00

Volksstimme: Herr Lahmann, wie viele Menschen haben Sie seit 2005 beraten?

Volker Lahmann: In meiner Kundendatei sind mit Stand vom 13. März insgesamt 1799 Einträge vorhanden. Allein in Klötze gab es vergangenes Jahr 11 Beratungsveranstaltungen mit etwa 25 Kunden.

Wie viele Menschen haben seither tatsächlich eine Existenz gegründet?

Vergangenes Jahr waren es kreisweit 35 Gründungen im Haupterwerb. Seit 2005 müssten es alles in allem etwa 360 gewesen sein, Nebenerwerb nicht mitgezählt. Wie viele davon noch am Markt existieren, kann ich nicht sagen.

Sind es eigentlich mehr Frauen oder Männer, die sich selbständig machen wollen?

Statistisch gesehen setzt sich meine Kundschaft zu 57 Prozent aus Männern und zu 43 Prozent aus Frauen zusammen.

Und aus welchen Gründen wollen sich die Menschen selbständig machen?

Die Gründe sind sehr unterschiedlich. Arbeitslosigkeit spielt nach wie vor eine Rolle, ist aber zurückgegangen. Nach Ereignissen wie der Schließung von Fricopan in Immekath gewinnt das Thema wieder an Bedeutung. Häufiger werden jedoch genannt: Unzufriedenheit in der Anstellung (Betriebsklima, Bezahlung, Aufwand) und der Wunsch nach beruflicher Veränderung. Daneben auch: sein eigener Chef sein. Am Rande kommt immer wieder vor: das Hobby zum Beruf machen.

Raten Sie Ihren Kunden manchmal auch, lieber die Finger von einer Idee zu lassen?

Das mache ich sogar relativ häufig. Oft ist die Idee nicht geeignet, darauf eine tragfähige Existenz aufzubauen; sie ist allenfalls für den Nebenerwerb geeignet oder muss um einen oder mehrere Geschäftsbereiche ergänzt werden, um eine Existenzgrundlage zu bieten. In einigen Fällen passen auch das Vorhaben und die Person nicht zusammen, Stichwort: Selbstüberschätzung.

Gibt es Geschäftsbereiche, die übersättigt sind?

Sehr anspruchsvoll sind Handel und Gastronomie. Die Anforderungen werden oft unterschätzt. Sehr gut läuft gegenwärtig das baugebundene Handwerk, auch weil hier ein Generationswechsel ansteht. Etwas überlaufen sind Friseurhandwerk, Kosmetik und Nageldesign. Sehr gute Erfolgsaussichten hat der Dienstleistungsbereich, wenn auch einige Segmente überfüllt sind, zum Beispiel Hausmeister. Themenfelder mit Zukunft sind Gesundheit, Wellness, Fitness und Senioren. Außerdem ein Dauerbrenner: der gesamte IT-Bereich.

Welchen Risiken müssen sich Existenzgründer bewusst sein?

Große Risiken bergen bei Einzelunternehmen ohne Beschäftigte Ausfälle durch Krankheit oder Unfall. Oft sind nur sehr geringe oder keine Rücklagen vorhanden. Das kann dann bei Umsatzeinbrüchen, unausweichlichen Investitionen oder überraschenden Geldforderungen zu großen finanziellen Problemen führen. Wichtig ist auch immer, das Haftungsrisko im Auge zu behalten.