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Schweinemastanlage Neuer Vorstand, neuer Mut

Die BUND-Ortsgruppe Kunrau hat eine neue Führung. Der Kampf gegen die Mastanlage geht weiter.

Von Markus Schulze 10.12.2016, 02:00

Kunrau l „Unsere Kraft ist erschöpft. Wir sind alle über 70.“ Mit diesen Worten hat Günter Zogbaum am Donnerstagabend im Kunrauer Schloss begründet, warum die alte Garde der BUND-Ortsgruppe im Kampf gegen den Bau einer Schweinemastanlage mit 8250 Plätzen zwischen Kunrau und Rappin ins zweite Glied rückte. „Da hat sich gezeigt, dass auf Kunrau Verlass ist. Sofort sind jüngere Leute in die Bresche gesprungen“, lobte Zogbaum und richtete seinen Blick auf die neue Garde: Ralf Schumann (Vorsitz), Ralf Kuske (Öffentlichkeitsarbeit) und Nadine Wiechmann (Finanzen). Ein Schriftführer wird noch gesucht. „Wir werden alles versuchen, um die Anlage zu verhindern“, versprach Schumann und deutete nebulös an, „an einer ganz heißen Sache dran zu sein“. Jedoch sei man weiter auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen. Schließlich koste der Rechtsstreit bares Geld. Derzeit sei die Ortsgruppe noch liquid. 2016, so berichtete Schumann, habe man 2858 Euro ausgegeben und 4927 Euro an Spenden erhalten. Auf dem Konto befänden sich aktuell 4491 Euro.

So ganz aus der Welt ist die alte Garde aber noch nicht. So war es Günter Zogbaum, der in bewährter Weise chronologisch auf die Ereignisse der vergangenen Jahre zurückblickte. Zuletzt, im Frühling, habe das Oberverwaltungsgericht den Antrag der BUND-Ortsgruppe auf Rechtsschutz abgelehnt und die Anordnung des Landesverwaltungsamtes vom 30. April 2013 bestätigt, wonach die Schweinemastanlage sofort errichtet werden dürfe. Eigentlich, so erklärte Zogbaum, hätte der Bau schon längst begonnen werden müssen, da dafür nur drei Jahre Zeit bleibe. Diese Frist, bezogen auf 2013, sei aber längst verstrichen. Jedoch hätten die Investoren um Fristverlängerung bis 2018 gebeten. Dagegen gehe die Ortsgruppe auf Anraten ihres Anwaltes, Dr. Claus Leitzke aus Wolfsburg, nun juristisch vor, „weil zur Begründung der Fristverlängerung Behauptungen aufgestellt wurden, die verfälscht oder längst widerlegt sind“, wie Zogbaum erläuterte. Im Namen der Ortsgruppe bat er die Bürger im Nachgang um Zustimmung für die neuerliche Klage.

Besagter Anwalt war an diesem Abend auch anwesend und berichtete, dass die Gegenseite ihn vor einigen Wochen angerufen habe, um die Möglichkeiten eines Vergleiches zu sondieren.

„Aber was bringt uns das“, fragte Zogbaum und gab die Antwort gleich selbst: „Das Geld kommt nach Bad Bentheim, die Scheiße nach Kunrau. Das ist doch kein Vergleich.“

Kunraus Ortsbürgermeister Uwe Bock betonte, dass der Protest gegen die Schweinemastanlage nicht nur die Kunrauer etwas angehe, sondern auch die Menschen aus der Umgebung. Ja, eigentlich sogar bis nach Magdeburg, weil auch dort Trinkwasser, das durch die Schweine-Gülle zu kontaminieren drohe, aus der Drömlingsregion bezogen werde. Schwere Vorwürfe erhob er gegen den scheidenden Klötzer Bürgermeister Matthias Mann, der zwei Mal das gemeindliche Einvernehmen für die Schweinemastanlage erteilt habe „und sich gar nicht bewusst darüber war, welchen Schaden er damit anrichtet“. Bock kritisierte, dass jede klitzekleine Kleinigkeit im Hauptausschuss und Stadtrat besprochen werde, „aber in diesem Fall hat einer ganz allein entschieden. Das stinkt zum Himmel“. Immerhin: Das neue Stadtoberhaupt, Uwe Bartels, „steht auf unserer Seite“, war sich Bock sicher.

Aus der Runde gab es aber auch eine Wortmeldung, die eher einen skeptischen Unterton hatte. So verwies Brunhilde Sperling darauf, dass das Interesse der Bürger nachlasse und bezweifelte, dass auch künftig so viele Spenden eingehen. Zudem sei es diskutabel, ob es sinnvoll sei, weiter so viel Geld in einen schier aussichtslosen Kampf zu investieren. Noch dazu stellte sie die Frage nach der Haftung für den Vorstand. Doch Claus Leitzke beruhigte und machte Mut. „Da besteht kein Risiko. Und jetzt schon zu sagen, alles ist verloren, wäre zu verfrüht.“ Zumal seiner Auffassung nach momentan keineswegs ein Baurecht gegeben sei. Und dass den Investoren eine Fristverlängerung gewährt wurde, müsste seiner Ansicht nach bedeuten, dass dieses Recht auch der Ortsgruppe zugestanden werde. Stichwort: aufschiebende Wirkung.

Indes kam Evelyn Predehl auf die Nitratbelastung des Grundwassers, das mal professionell untersucht werden sollte, zu sprechen. Schon jetzt, so meinte sie, seien die Werte an der Jeetze-Quelle bedenklich, in Kunrau doppelt und in Rappin drei Mal so hoch wie normal. Nach Ansicht von Evelyn Predehl sei es eine „Schande“, wie nachlässig in Deutschland mit diesem Thema umgegangen werde. Sie regte an, einen „Brandbrief“ nach Brüssel zu senden.

„Das kann man machen“, entgegnete Torsten Eicke vom BUND-Landesverband, mit dem die Kunrauer Ortsgruppe in Zukunft engeren Kontakt halten wolle, wie es hieß. „Aber es ist illusorisch zu glauben, dass man dadurch etwas bewirken kann.“ Nichtsdestotrotz forderte er die Kunrauer zum Weitermachen auf. „Jetzt geht noch was. Aber wenn die Anlage im Bau ist, dann ist es zu spät.“

Ähnlich äußerte sich seine BUND-Kollegin Gabriele Siegel, die anmerkte, „dass Ihre Häuser schlagartig an Wert verlieren“, wenn die Anlage in Betrieb ist.

Nach etwa 75 Minuten neigte sich die Info-Veranstaltung allmählich dem Ende zu. Uwe Bock nutzte die Gelegenheit, die Bürger zur Sitzung des Stadtrates einzuladen, der am kommenden Mittwoch, 14. Dezember, ab 19 Uhr im Kunrauer Schloss tagt, um ihren Unmut dort Ausdruck zu verleihen.

Die Schlussworte gebührten dem neuen Vorstand. Ralf Schumann sagte: „Ich wundere mich, warum die Bentheimer nicht schon längst mit dem Bau angefangen haben. Da muss was im Argen liegen.“ Ralf Kuske stimmte zu und äußerte einen Verdacht: „Mit Fleisch kann man heutzutage kein Geld mehr verdienen. Das Fleisch wird billig, weil beim Gebäude gespart wird.“