Thema bei Frauen Wie Männer so ticken

„Mein Vater - der erste Mann in meinem Leben.“ So lautete das provokante Thema des 14. Frühstückstreffens für Frauen in Klötze.

Von Siegmar Riedel 17.10.2016, 03:00

Klötze l 135 Frauen ließen sich am Morgen das Frühstück im Altmarksaal schmecken. „Wir sind heute etwas weniger, durchschnittlich kommen rund 200 Frauen zu unseren Treffen“, berichtete Anette Rose, eine der 12 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Vorbereitungskreises. Das liege vielleicht an den Ferien, vielleicht aber auch am Thema, vermutete sie. Denn das berühre mit dem Verhältnis zwischen Töchtern und Vätern ein intensives Spannungsfeld.

Zuvor ließ Isabel Herms auf ihrem Keyboard Melodien von Anton Rubinstein erklingen. Danach berichtete Martina Michaelis von einer besonderen Reise, die sie mit ihrer Schwester nach Israel unternahm. Damit erfüllte sie sich einen Traum, dessen Verwirklichung zunächst aber Angst hervorrief und schließlich in Staunen und einer Reise in ihr Inneres mündete. „Die Angst war schnell verflogen“, sagte sie. „Wir wandelten auf den Wegen Jesu.“ Sie und ihre Schwester sahen die Ausgrabungen in Kumran, den Jordan, die dort älteste Stadt Jerichow und vieles mehr. Martina Michaelis fiel auf, dass all diese religiös bedeutsamen Stätten, um sie zu schützen, überbaut sind. Wer mehr über die Reise erfahren möchte, kann am 19. Oktober ab 19 Uhr einen Vortrag von Martina Michaelis dazu in der Klötzer Familienbildungsstätte hören und sehen.

Iris Flentje war es zu eng, nur am Rednerpult zu stehen. Sie lief deshalb während ihres spannenden und interessanten Referats lieber umher. Die 50-Jährige ist selbst 28 Jahre verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne. Sie hat Hauswirtschafterin und Landwirtin gelernt. Iris Flentje berät landwirtschaftliche Betriebe bei finanzieller Schieflage, Generationswechsel und anderen Problemfeldern.

Ihren Vortrag würzte sie mit kleinen Geschichten sowie Episoden aus ihrem Leben. „Ich möchte keinen psychologischen Fachvortrag halten, sondern anregen, dass Sie ihre eigene Geschichte überdenken“, wandte sie sich an die Zuhörerinnen. Sie sprach zunächst über die drei Einflussbereiche in dem Verhältnis Vater - Tochter, in denen die Töchter von ihrem Erzeuger geprägt werden: 1. Das Verhältnis vermittelt, wie Männer so sind, wie sie ticken, wie sie sich benehmen, wie sie agieren und reagieren. Ob sie hilfsbereit sind, ein Macho oder der romantische Typ. 2. Das Verhältnis zum Vater prägt die Entwicklung der Tochter zur Frau: Durfte sie sich als Mädchen schön fühlen und auch schön machen? Oder ging es nur um Leistung?

3. Die Entwicklung des Selbstwertgefühls. „Mädchen sollten früh lernen, dass Frausein und Leistungbringen sehr gut zusammenpassen“, sagte Iris Flentje. „Diese Prägung sollte sehr früh einsetzen. Mädchen müssen lernen, dass sie Entscheidungen treffen dürfen und damit auch mal auf die Nase fallen können.“ Fördern, fordern und anerkennen sei das bevorzugte Mittel im Umgang mit den Töchtern und jungen Frauen. Dadurch werden ihre Interessen gefördert, sie selbst werden angeregt und in die Pflicht genommen, die Anerkennung würde sie motivieren.

Doch was passiert, wenn ein Kind ohne Vater aufwächst? Iris Flentje schränkte ein, dass ein solcher Fall sehr individuell sei, weil es jedes betroffene Kind anders erleben würde. Entscheidend sei beispielsweise, ab welchem Alter ein Mädchen auf den Vater verzichten muss. Fakt ist für Iris Flentje, die heute in der Nähe von Bremen wohnt, aber: „Fehlt der Vater, ist eine wichtige Position in der Familie nicht besetzt. Einiges kann von anderen Personen aufgefangen werden, vieles nicht.“ In der Folge würden die betreffenden Kinder den Vater in ihren Erinnerungen idealisieren. „Wenn solche Mädchen später einen eigenen Partner wollen, suchen sie meist nach einem idealen Mann, den es nicht gibt“, verdeutlichte Iris Flentje.

Laut der Bremerin ist das aber nur die eine Seite. Denn: „Das Aufwachsen mit einem Vater muss nicht zwingend immer positiv sein“, sagt sie.

Nachdem die Frauen an den Tischen untereinander über ihre eigenen Erinnerungen an ihre Väter gesprochen hatten, gab Iris Flentje Hinweise für eine Aufarbeitung der eigenen Vater-Tochter-Beziehung. Dazu zählte sie eine umfangreiche Bestandsaufnahme mit positiven und auch negativen Emotionen, Erlebnissen, auch Dankbarkeit für das Gute, Übernahme von Verantwortung und Konfrontation.

Iris Flentje selbst bezeichnete ihre Kindheit als gut. „Wir haben viel gelacht, aber es gab klare Regeln“, sagte sie. Dazu gehörte zum Beispiel, dass sie täglich um 16.30 Uhr beim Melken der Kühe auf dem Hof der Familie helfen musste. Weil es keinen Sohn gab, galt sie als Hofnachfolger und wurde deshalb von ihrem Vater ganz anders behandelt als die Schwester. Dabei musste sie wichtige Dinge erst lernen, die sie den Frauen im Altmarksaal mit auf den Weg gab: „Die Prägung, ich bin nur gut, wenn ich etwas leiste, ist falsch. Richtig ist vielmehr: Ich bin wertvoll, weil ich bin.“