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MDCC-Arena Reiner Wein in Sachen Fußball-Bier

Bei den Spielern des FCM weiß der Fan derzeit, was er bekommt: Leidenschaft, Kampf, Einsatz. Beim Pausenbier ist das schon anders.

Von Rainer Schweingel 27.08.2015, 01:01

Magdeburg l Den Stein ins Rollen brachte ein Beitrag der Volksstimme vom Dienstag. Darin hatte die Zeitung vom Alkoholverbot im Stadion berichtet. Das soll bei allen Duellen mit ostdeutschen Vereinen gelten. Doch wird es auch eingehalten und nur alkoholfreies Bier ausgeschenkt? Zweifel daran nährten Reaktionen auf den Volksstimme-Beitrag. Mehrere Leser hatten sich daraufhin bei der Redaktion gemeldet und waren sich sicher: „Wir haben ganz normales alkoholhaltiges Bier getrunken.“ Doch war das wirklich so?

Volksstimme-Reporter machten deshalb am Dienstag beim Drittliga-Spiel gegen Chemnitz den Stadiontest und kauften inkognito an mehreren Getränkewagen Bier. Dabei ist schon das Ergebnis der Verkaufsgespräche interessant: In keinem Fall wurde der Hinweis gegeben, dass es sich um alkoholfreies Bier handelt. Auf Nachfragen hieß es stets umschreibend, dass man doch hier „Wernesgrüner“ verkaufe, dass im Becher natürlich „Alkohol“ sei oder dass man „richtiges Bier“ ausschenke.

Auch der akribische Beobachter kam nicht weiter. Wer sich auf der Getränkekarte an den Wagen über den Alkoholgehalt informieren wollte, wurde ebenfalls nicht aufgeklärt. Dort stand im Angebot (siehe Foto) nur geschrieben: „Wernesgrüner Pilsener“ im 0,3 Liter-Becher für 2,50 Euro. Was aber ist drin? Alkoholfrei oder nicht? Ohne gesonderten Hinweis geht der Käufer wohl von ganz normalem Bier aus.

Die Antwort auf die Frage ist nicht unbedeutend. Denn entweder werden mit dem Verkauf von echtem Bier Hunderte Autofahrer in die Irre geleitet und wird gegen Auflagen verstoßen. Oder die fehlenden Hinweise auf alkoholfreies Bier sind einkalkuliert, um Umsatzeinbußen zu vermeiden. Alkoholfreies Bier läuft im Stadion naturgemäß nicht so gut wie echter Gerstensaft. Klären ließen sich die Hintergründe nicht. Die städtische Gesellschaft MVGM als Stadionbetreiber verwies an den Versorger, der gestern nicht erreichbar war.

Die Volksstimme machte am Abend zuvor die Probe aufs Exempel, ließ sich ein kühles Blondes zapfen und nahm ein Bier mit aus dem Stadion. Gestern bat die Redaktion die Öhmi Analytik GmbH aus Magdeburg um Unterstützung. Das Labor gehört zur Öhmi AG Magdeburg und zählt deutschlandweit zu den führenden Unternehmen u. a. in der Lebensmittelanalytik. Fast alle Handelsketten lassen hier für ihren Vertrieb Biere und Liköre auf Qualität prüfen. Geschäftsführerin Dr. Sylvia Busch nahm die Bierprobe aus dem Stadion persönlich entgegen und ließ sie in ihrem Labor auswerten. Schon vorher machte sie darauf aufmerksam, dass möglicherweise ein Verstoß gegen die Deklarationspflicht bei Lebensmitteln vorliege. „Wenn dort alkoholfreies Bier verkauft wird, das als solches nicht zu erkennen ist, dann könnte es problematisch werden.“ Das bestätigte auch Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra: „Es muss klar sein, was aus dem Hahn kommt.“

Die Auswertung der Stadion-Bierprobe teilte dann am Mittag Dr. Sylvia Busch mit. Inhalt: „In der Probe befindet sich 0,015 Prozent Alkohol. Sie ist somit als alkoholfrei anzusehen.“ Damit wäre den Stadionbesuchern endlich reiner Wein eingeschenkt: Zumindest für das Spiel gegen Chemnitz ist der Beweis angetreten, dass es im Stadion „nur“ alkoholfreies Bier zu kaufen gab.

Zu Ende sein dürfte die letztlich doch durchaus bierernste Geschichte damit nicht. Denn während der FCM-Fan auf den Rängen aus Sicherheitsgründen auf ein echtes Bier verzichten muss, gilt das Alkoholverbot nicht für alle. In den VIP-Räumen wird auch weiterhin Bier ausgeschenkt, bestätigte FCM-Sprecher Norman Seidler.