Meeting of Styles Aerosol in der Luft

Eines der bedeutendsten Graffiti-Festivals der Welt ist am Wochenende in Magdeburg ausgerichtet worden.

Von Christina Bendigs 07.09.2015, 01:01

Magdeburg l Chillige Musik, das Rauschen von Hubsteiger-Motoren, junge Menschen vor riesigen Wänden, und der Duft von Aerosol lag in der Luft. Eine friedliche und durch und durch entspannte Stimmung herrschte am Sonnabend auf dem Gelände der Aerosol-Arena in Rothensee. Dort hat zum zweiten Mal das „Meeting of Styles“ stattgefunden – eines der bedeutendsten Events für Sprayer aus aller Welt. Nicht nur aus Deutschland reisten daher Graffiti- und Street-Art-Künstler in Magdeburg an. Auch aus Frankreich, Italien, Spanien, den Niederlanden und sogar aus Peru waren Künstler vor Ort. Mitorganisatorin Daniela Kreissl wunderte das nicht. „Das Gelände ist einzigartig in Europa“, begründet sie, nirgendwo sonst gebe es so viele und große Flächen, auf denen sich Sprayer künstlerisch verwirklichen können. Namhafte Größen der Szene waren mit von der Partie. Entsprechend groß war das Interesse. Und so mancher blieb interessiert vor den Häuserwänden stehen und schaute den Künstlern bei ihrer Arbeit zu.

„Das Treffen ist eine gute Möglichkeit, sich auszutauschen“, sagte Daniela Kreissl. Lukas aus Braunschweig bestätigt das. „Ich war schon zweimal dabei, um Spaß zu haben mit Leuten, die man sonst nicht so sieht“, erzählte er. Er findet es faszinierend, dass so viele verschiedene Techniken zum Einsatz kommen. Er selbst ist seit 2008 in der Szene. Ein Film hatte ihn einst zur Sprühflasche greifen lassen. Und Lukas ist überzeugt: Jeder, der eine Dose in die Hand bekommt, hat Spaß daran, auch Erwachsene. Was ihn nachdenklich stimmte, sei eine Diskussion mit den Eltern eines Sprayers beim Meeting of Styles gewesen. In der Aerosol-Arena empfanden sie die Bilder als Kunst. Das gleiche Bild an einem Zug hätten sie als Schmiererei gesehen. So werde die Szene teilweise kriminalisiert. Und das sei schade.

Die Szene hat nach wie vor mit einem schlechten Ruf zu kämpfen, berichtet auch Daniela Kreissl. „Klar, Graffiti an der Hauswand will keiner haben“, sagte sie. Doch inzwischen habe vielerorts ein Umdenken stattgefunden. Kommunen wie etwa Halle oder Köln würden Graffiti-Kunst gezielt einsetzen und brachliegende Flächen zur Verfügung stellen. Das könne auch jeder Privatmann machen. Den Kontakt zu Künstlern könnten die Macher der Aerosol-Arena vermitteln. Aber auch im Internet sind Web-Auftritte der Künstler zu finden.

Einer, der es bereits geschafft hat, ist Dr. Molrock aus Erfurt. „Von Beruf bin ich professioneller Geisteskranker“, sagte er. Und sein Werk hebt sich ab von denen der übrigen Künstler. Denn in sein Bild hat er eine Skulptur integriert, die er vorher zusammengeschweißt hatte. Für ihn die logische Konsequenz: „Was ich früher dreidimensional gemalt habe, baue ich jetzt nach.“ Und warum nun gerade beim Meeting of Styles? „Weil man sich sonst für solche Projekte keine Zeit nimmt“, lautete die Antwort. Eigentlich hat Dr. Molrock, der seinen bürgerlichen Namen nicht preisgeben möchte, mal Erziehungswissenschaften studiert. Doch dann bekam er sein erstes Atelier, ging immer seltener zur Uni, und irgendwann „musste ich das einfach akzeptieren“. Dabei scheint ihm kein Genre fremd zu sein, er tobt sich in allen Kunstformen aus.

Spaß und Technik standen für die Pie-Crew aus Potsdam im Vordergrund. Ein Mitglied, er nennt sich „Emon“, erzählte, wie die Werke der Crew entstehen – nicht etwa mit aufwendigen Skizzen oder Buntstiftzeichnungen auf Papier. „Wir sind heute ohne Plan hergekommen, haben uns dann zusammengesetzt und überlegt, was wir malen wollen, und uns auf die Farben geeinigt“, sagte er. Das zentrale Motiv sollte der „Fettsack“ werden, und drumherum bauten die fünf Crew-Mitglieder schließlich weitere Elemente.

„Beim Meeting of Styles sieht man so viele verschiedene Ausdrucksformen“, schätzte auch Daniela Kreissl ein. Fotorealistisch, entfremdet, Bilder, Schriftzüge – das macht das Meeting of Styles aus.

Die Veranstaltung war die letzte Station des Festivals in Europa – nach Magdeburg wartet nun die Welt, es geht nach Südamerika. Geboren wurde das Meeting of Styles vor 25 Jahren in Wiesbaden. Die dortige Location wurde geschlossen.

 

Kontakt unter www.aerosol-arena.de und meetingofstyles.de

Lauftext