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Betreuungsgeld Höchstes Gericht schneller als Amt

Beim Betreuungsgeld dauert die Bearbeitung eines Antrages so lange, dass sich die Gesetze ändern. Einer Magdeburgerin ist das passiert.

10.09.2015, 01:01

Magdeburg l Beruflich kennt sich Stephanie Herrmann gut mit Kindern aus. Als Kindergärtnerin hat die Magdeburgerin viel mit den Kleinen zu tun. Derzeit ist die 32-Jährige zu Hause und kümmert sich um ihren eigenen Nachwuchs. „Natürlich möchte ich auch wieder arbeiten gehen. Gerade genieße ich aber die Zeit mit meinen beiden Söhnen“, sagt sie. Mit der Geburt ihres zweiten Sohnes und der Gewissheit, ab dem 21. Lebensmonat einen festen Kindergartenplatz in Magdeburg zu haben, sei ihr die Entscheidung nicht schwer gefallen, bis zum 20. Lebensmonat zu Hause zu bleiben „Zumal es ja die Möglichkeit gab, Betreuungsgeld zu beantragen“, sagt Stephanie Herrmann.

Herrmann sitzt in ihrer Küche. Vor ihr ausgebreitet liegen ihre Unterlagen, die sie beim Sozialamt abgegeben hatte. Ihren Antrag auf Betreuungsgeld hatte sie fristgerecht im April, kurz vor Erreichen des ersten Geburtstages des zweiten Kindes, eingereicht. Im Juni meldete sich Stephanie Herrmann im Sozialamt das erste Mal telefonisch und fragte, was die Bearbeitung des Antrages mache. „Ich habe erfahren, dass mein Antrag korrekt und vollständig eingegangen sei und man drei Monate Zeit habe, diesen zu bearbeiten“, sagt sie. Das Betreuungsgeld wurde in derselben Abteilung im Sozialamt bearbeitet, in der auch die Elterngeld-Anträge eingehen. Die Volksstimme hatte in der Vergangenheit mehrfach über die Unterbesetzung und langen Bearbeitungszeiten im Sozialamt berichtet.

Nach Ablauf der dreimonatigen Frist Mitte Juli hatte Stephanie Herrmann immer noch nichts von ihrem Antrag gehört und erkundigte sich erneut telefonisch. Man habe ihr gesagt, dass ihr Antrag unverzüglich bearbeitet werde. Eine Woche nach dem Telefonat urteilte allerdings das Bundesverfassungsgericht, dass das Betreuungsgeld gegen das Grundgesetz verstoße. Das Gesetz wurde kassiert

„Ich meldete mich am 29. Juli also wieder telefonisch beim Sozialamt und erhielt nun die Antwort, dass mein Antrag aufgrund des Gerichtsbeschlusses abgewiesen wird“, sagt Herrmann. „Ich kann nicht nachvollziehen, dass in unserer Gesellschaft, die sich immer damit schmückt, kinderfreundlich zu sein, so mit Antragstellern umgegangen wird“, sagt sie weiter.

Herrmann legte Widerspruch ein. Ihr Fall liegt nun beim Landesverwaltungsamt und wartet dort noch immer auf Bearbeitung. „Zumindest eine Eingangsbestätigung habe ich“, sagt Herrmann.

Die Chancen stehen gut, dass die Magdeburgerin das Betreuungsgeld noch ausbezahlt bekommt. Zwar wurde der Antrag noch nicht bewilligt, aber alle Unterlagen wurden vollständig und fristgerecht eingereicht.

Die langen Bearbeitungszeiten im Sozialamt waren vor der Sommerpause auch der Grund für eine Anfrage der CDU-Fraktion im Stadtrat. Aus der Antwort geht hervor, dass die Personaldecke noch immer dünn ist. Per Direktionsrecht hatte Oberbürgermeister Lutz Trümper im März dieses Jahres zwei Sachbearbeiterinnen in die Elterngeld-Stelle beordert. Wie aus der Antwort von der Sozialbeigeordneten Simone Borris hervorgeht, konnten die beiden Mitarbeiterinnen krankheits- und urlaubsbedingt aber erst Mitte April ihre Einarbeitung beginnen. „Es wird mindestens noch vier bis fünf Monate in Anspruch nehmen, bis ein selbstständiges Arbeiten möglich sein wird“, heißt es in der Antwort weiter. In dem Fachbereich arbeiten inklusive der beiden neuen Mitarbeiterinnen derzeit sieben Sachbearbeiter. Daher lasse sich der Antragsstau derzeit nicht abarbeiten, so das Fazit auf die Anfrage der CDU-Fraktion. Allerdings, heißt es einschränkend, bearbeite man nachweisliche Härtefälle schneller und innerhalb einer Woche.