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Puppentheater Abschied von der Puppenbühne

Gabriele Grauer hat 39 Jahre den gleichen Arbeitsplatz gehabt. Nun wechselt die Magdeburger Puppenspielerin in den Ruhestand.

Von Karolin Aertel 09.10.2015, 01:01

Magdeburg l Puppenspielerin ist schon ein recht seltener Beruf. Aber diesen 39 Jahre im selben Haus auszuüben, ist geradezu außergewöhnlich. Gabriele Grauer (63) hat genau dies getan. Seit 1976 arbeitet sie im Puppentheater Magdeburg. Dabei hatte sie eigentlich etwas ganz anderes vor. Sie studierte Chemische Technologie. Ihr Mann Wolfgang zog dafür von Dresden extra nach Magdeburg. Doch er kam und sie ging. Und zwar an die Hochschule für Schauspielkunst Berlin. Sie wollte ihr Hobby zum Beruf machen. Sie wurde Puppenspielerin. Damit war sie damals eine der Ersten, die diesen Abschluss vorweisen konnten. Ein Engagement war ihr sicher. Das war 1976.

80 Rollen hat sie seither gespielt, war als Gastspielerin u. a. in Mexiko, San Francisco und Nashville, hat Kollegen und Regisseure kommen und gehen sehen und unzählige Kinder, aber auch Erwachsene glücklich oder nachdenklich gemacht.

Nun, nach 39 Jahren, verabschiedet sich Gabriele Grauer in den Ruhestand. Stücke wie „Oscar – Ein Missverständnis in drei Akten“, in die sie noch involviert ist, bringt sie zu Ende. Danach wolle sie Dinge tun, für die sie vorher keine Zeit hatte. In der Volkshochschule habe sie sich beispielsweise für einen Englischkurs angemeldet. Und Krafttraining wolle sie machen, um „den Fitnessstand zu halten“. Zudem warten Haus und Garten mit Arbeit. „Und vielleicht schaffe ich es, mir einen Traum zu erfüllen: Ich habe den Wunsch, mich um verwaiste Tiere zu kümmern“, verrät sie

Das ist alles Theorie. Praktisch könne sie sich noch nicht vorstellen, nicht mehr zu arbeiten.

Und, ob man es glaubt oder nicht, eine Puppenstube habe sie daheim auch nicht. „Ein, zwei alte Puppen von früher. Mehr aber nicht.“ Könnte sie eine aus dem Puppentheater mitnehmen, wäre es wohl eine Marionette. Denn Gabriele Grauer ist eine von wenigen, die diese anspruchsvolle Technik noch beherrschen. Vielleicht würde sie aber auch die Puppe aus dem Stück „Wahnsinnsfrau Anne Sexton“ (2004) nehmen. Denn das Stück unter der Regie von Frank Soehnle sei eines ihrer liebsten gewesen. „Über Improvisation haben wir uns damals dem Thema Selbstmord genähert.“ Zudem seien die Puppen faszinierend gewesen. „Die Figuren waren nicht so körperlich, wie man es gewohnt war. Der Körper konnte ein Tuch sein, oder aus Federn bestehen“, erinnert sie sich.

Neben den Stücken, an die sie sich sehr gern erinnert, gibt es natürlich welche, an die sie nicht so gern denkt. „Frau Luna“ (2008) beispielsweise. Da sei sie gesanglich an ihre Grenzen gestoßen.

Doch das ist Schnee von gestern. Nun konzentriert sie sich auf das, was vor ihr liegt. Etwa 20 bis 25 Mal wird sie im Jahr noch auf der Bühne stehen – früher waren es mehr als 200. Vermissen werde sie vor allem ihre jungen Kollegen, mit denen sie anfangs noch gehadert hatte. „Inzwischen habe ich festgestellt, dass sie mich jung hielten und mich richtig gepusht haben. Das wird fehlen.“ Aber das kann ja irgendwann ein Enkelkind übernehmen, für das sie dann auch wieder die Puppen tanzen lassen kann. (ka)

Heute und morgen ist Gabriele Grauer noch in „Oscar“, einem Stück für Erwachsene, das Louis de Funès auf die Bühne bringt, zu sehen. Los geht es um 20 Uhr in der Warschauer Straße 25.