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Wohnraum Plan der Lebenshilfe gerät ins Stocken

Wohnraum für Behinderte und Senioren soll an der Leipziger Straße entstehen. Doch das Projekt stockt.

Von Marco Papritz 13.10.2015, 02:00

Magdeburg l Zwei Jahre sind vergangen , seitdem die Lebenshilfe das knapp 6000 Quadratmeter fassende Parkgelände an der Leipziger Straße/Halberstädter Straße erworben hat. Wie die Volksstimme berichtete, sollen an dieser Stelle zwei Neubauten für Betreuungseinrichtungen für behinderte Menschen und Senioren entstehen. Etwa 18,6 Millionen Euro investiert die Lebenshilfe aus Eigenmitteln und Darlehen, um Menschen mit einer Beeinträchtigung „nicht am Rand, sondern im Zentrum der Stadt zu integrieren“.

An einem der Häuser ist ein Streit zwischen der Lebenshilfe und der Sozialagentur in Halle entbrannt: Zwar liegt seit Sommer eine Baugenehmigung für das Millionenprojekt vor. Die für die Prüfung und Genehmigung zuständige Verwaltungsbehörde verweigert dem als Ersatzneubau für das in die Jahre gekommene „und schon lange nicht mehr behindertengerechte“ Wohnhaus am Schrotebogen geplanten Apartmenthaus, so Klaus-Dieter Pantke, Vorstandsvorsitzender des Lebenshilfe-Vereins, die Zustimmung.

Die Sozialagentur ist Träger der Kosten für die Unterbringung eines behinderten Menschen, der dafür einen Rechtsanspruch hat. Ohne Zustimmung könne keine Abschreibung vorgenommen und ohne Abschreibung das Projekt nicht gestemmt werden, machte Pantke gestern deutlich. Die von der Lebenshilfe kalkulierten Kosten seien zu hoch, heißt es.

Laut Architekt Ulrich Kirchner handele es sich beim Fünfgeschosser „um einen normalen Wohnstandard, den wir auch für Wohnungsbaugesellschaften bauen“. Bei den Baukosten bewege man sich im mittleren Bereich. Die Lebenshilfe plant, den Bewohnern eigene, barrierefreie Zimmer mit jeweils einer Nasszelle „zur Verfügung zu stellen, wie dies für normale Menschen gebräuchlich ist“, so Pantke.

Er könne Verhandlungen mit der Sozialagentur nicht verstehen, die u. a. auf eine nur teilweise vorhandene Barrierefreiheit abzielen. Aber wie können die Kosten angeglichen werden? „Da können wir nur eines machen: Die Standards senken etwa mit einer Doppelbelegung der Zimmer, der Verringerung der Größe von 16 Quadratmetern (die jahrzehntealte Heimmindestbauverordnung sieht 12 Quadratmeter vor, Anmerkung der Redaktion) und der Einrichtung von weniger Bädern ... Genau das machen wir nicht“, zeigte sich Pantke bissig. Denn: „Wir planen und bauen für die Zukunft.“ Und die prognostiziert einen immensen Bedarf an Wohnraum.

Die Heimaufsicht kritisiert seit längerem den Zustand des Schrotebogen-Quartiers, in dem eine Wohngruppe der Lebenshilfe untergebracht und dessen Zukunft ungewiss ist. Erstmals existiert nach dem Zweiten Weltkrieg eine Generation von Menschen mit Behinderungen, welche das Rentenalter erreicht. „Wo werden sie leben?“, fragte Lebenshilfe-Geschäftsführerin Heike Woost. Und: Die Betreuung von Mitarbeitern der Werkstätten für Behinderte, die aus Altersgründen ausscheiden, ist derzeit ungeklärt. 560 Mitarbeiter sind in vier Lebenshilfe-Werkstätten in der Stadt tätig. Ein Drittel von ihnen ist in Wohnungen und Wohngruppen untergebracht. Zwei Drittel leben zu Hause und werden von Eltern oder Angehörigen betreut. Die Geschäftsführerin bedauere, dass „wir aus Halle keinerlei Eingangsbestätigung unserer Schreiben noch Antworten“ erfahren.

 Sozialstaatssekretärin Anja Naumann war bemüht, aus dem Gespräch eine gewisse „Schärfe“ zu nehmen, die sie während des Verlaufes feststellte. „Ich bin mir sicher, dass die Mitarbeiter der Sozialagentur weder böswillig noch unwillig“ agieren und „nur Recht anwenden“ würden. Sie stellte infrage, ob es sich wirklich um einen Ersatzneubau handele, der von der Lebenshilfe mit dem Apartmenthaus angestrebt werde: „Es geht um eine Ausweitung von 52 auf 72 Plätze.“ Außerdem bezweifelte sie, ob „nur Einzelzimmer die wahre Lösung“ seien. Man orientiere sich bei der Anerkennung von Kosten an jenen, die vergleichsweise bundesweit gezahlt werden würden. „Das heißt, die Sozialagentur muss detailliert prüfen, ob das, was vom Antragsteller vorgelegt wird, wirtschaftlich und sparsam ist.“

Unterdes unterstrich der Landesbehindertenbeauftragte Adrian Maerevoet die positive Einschätzung des Bauvorhabens, der vom Sozialministerium um Rückmeldung gebeten wurde. Er betonte, dass die Betroffenen zu fragen seien. „Niemand möchte in einer anderen Wohnform leben“, so Maerevoet. Dies bestätigte Karoline Keese vom Bewohnerbeirat der Lebenshilfe. Der Beirat hatte sich in der Vergangenheit bereits in einem Schreiben an das Sozialministerium eindeutig pro Neubau positioniert und den Wunsch nach einer schnellen Einigung der Beteiligten geäußert.

Diesen teilt Klaus-Dieter Pantke und sieht nun Sozialminister Norbert Bischoff gefordert. „Wir hoffen, dass das Ministerium einen positiven Einfluss auf die Sozialagentur ausübt, weil es das kann, wenn es das will.“ Nun gelte es, Stellung zu beziehen.