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Kriminalität Friseurin kämpft mit Überfall-Folgen

Anfang August haben zwei Magdeburger einen Friseur überfallen. Ihre Beute: 70 Euro. Nun wurde der Fall am Landgericht verhandelt.

25.11.2015, 00:00

Magdeburg l Wie sehr Friseur- meisterin Kerstin W. (49) noch an den Folgen des Überfalls leidet, wird zu Beginn der Verhandlung vor dem Landgericht Magdeburg am Dienstagmorgen sichtbar. Sie ist Geschädigte und muss als Zeugin aussagen. Das ist der Moment, in dem sie ihre beiden Peiniger Dennis B. und Benjamin S. das erste Mal seit jenem verhängnisvollen Morgen im August wiedersehen wird.

Was war passiert? Dennis B. und Benjamin S. haben Anfang August gemeinsam ein Friseurgeschäft an der Lutherstraße überfallen. Mit einer Softair-Pistole und einem Messer bewaffnet stürmten sie maskiert und auf der Suche nach Geld in den Laden. Zu diesem Zeitpunkt bediente Kerstin W. gerade Kundin Angelika S. (67).

„Mir waren die zwei schwarz gekleideten Personen schon zuvor aufgefallen. Einer hatte mir noch in die Augen geschaut“, erinnert sich Kerstin W. Beide Täter seien vor dem Überfall an dem Friseurgeschäft an der Lutherstraße vorbeigelaufen. Sie habe sich da noch gewundert, wie man im Sommer und bei 30 Grad so vor die Tür gehen könne.

Doch dann standen die beiden plötzlich maskiert in dem Geschäft und es ging alles ganz schnell. Eine Softair-Pistole wird gezückt. Ein Schuss fällt. Ein Föhn wird in Richtung Angreifer geworfen. Es kommt zum Gerangel zwischen der Friseurmeisterin und einem der Räuber. Sie versucht, nach ihm zu treten. Er reißt sie zu Boden, schlägt ihr ins Gesicht und legt ihr den Arm um den Hals. Die genaue Reihenfolge lässt sich auch vor Gericht nicht mehr bis ins kleinste Detail rekonstruieren. „Er hat mir gesagt, dass er das tun muss, weil er ein krankes Kind zu Hause hat und das ich mich ruhig verhalten soll, sonst bringt er mich um“, sagt Kerstin W. unter Tränen vor Gericht. Am Ende türmten beide Täter mit 70 Euro Beute aus dem Laden.

Es war Kundin Angelika S., die der eintreffenden Polizei die ersten Angaben machen konnte. Kerstin W. saß nach dem Überfall mit blutender Unterlippe und einer Verletzung über dem Auge - vermutlich von einer Kugel aus der Pistole - in dem Laden und war völlig verängstigt. Im Gegensatz zur Friseurmeisterin hat Angelika S. die Tat gut weggesteckt. „Ich habe das schnell verarbeitet und gehe weiter zu diesem Friseur“, sagt die rüstige Rentnerin vor Gericht.

Dennis B. und Benjamin S wurden damals noch in Tatortnähe von der Polizei gestellt und befanden sich seitdem in Untersuchungshaft. Dienstagnachmittag wird Dennis B. nach Jugenstrafrecht zu einem Jahr und 11 Monaten auf Bewährung und Benjamin S. zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Beide bereuen ihre Tat. „Ich würde das rückgängig machen, wenn ich könnte. Das war die dümmste Entscheidung meines Lebens“, sagt Benjamin S. vor Gericht in einer persönlichen Erklärung. Auch Dennis B. bereut die Aktion. „Ich habe Scheiße gebaut“, sagt er. Beide kommen aus prekären Lebensverhältnissen und sind noch nicht wegen ähnlich schwerer Taten straffällig geworden.

Kerstin W. war nach der Tat sechs Wochen krankgeschrieben und ist noch immer in psychologischer Behandlung, geht aber mittlerweile wieder arbeiten. „Aber nicht mehr allein“, wie sie sagt. Als Konsequenz aus dem Überfall wird der Laden nun auch per Video überwacht und die Tür ist immer verschlossen. Wenn Kunden das Geschäft betreten wollen, müssen sie klingeln, um hereingelassen zu werden.