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Kandidatin „Mein Leben wäre sonst leer“

Die Volksstimme sucht den "Magdeburger des Jahres 2015". Lieselotte Arnhold ist für ihr Engagement bei der Volkssolidarität nominiert.

Von Christina Bendigs 04.12.2015, 00:01

Magdeburg l Mit 91 Jahren leitet Lieselotte Arnhold aus dem Kannenstieg noch eine Gruppe der Volkssolidarität. Seit 70 Jahren ist sie dem Verband treu. Für ihr Engagement ist sie von der Volksstimme zur Magdeburgerin des Jahres 2015 nominiert worden.

„Liebe Lilo Arnhold, so ab und an sollte man einem lieben Menschen einfach mal Danke sagen. Du zum Beispiel bist so ein Mensch, der viel Einsatz zeigt, um uns allen des Öfteren ein paar schöne Stunden zu bereiten. Dein Umgang für und mit uns ist prima. Wir sagen dir dafür ein dickes Dankeschön.“ Mit diesen Worten haben sich die Mitglieder der Ortsgruppe 119 der Volkssolidarität einst bei Lieselotte Arnhold bedankt, die sich seit ihrem Ruhestand vor 30 Jahren ehrenamtlich in der Volkssolidarität engagiert. Die liebevoll gestaltete Karte hat sie aufgehoben, wie so vieles, was sie an liebe Menschen erinnert.

Mitglied in dem Verband ist Lieselotte Arnhold aber schon viel länger. Bereits seit 70 Jahren. Nein, das ist kein Druckfehler, schon als junge Frau trat die heute 91-Jährige dem Verband bei seiner Gründung bei und hält ihm bis heute die Treue. Kein Wunder, dass sie von Geschäftsführerin Martina Richter als „Magdeburgerin des Jahres 2015“ vorgeschlagen wurde.

Die Volkssolidarität würdigte die 91-Jährige für ihr Engagement in diesem Jahr mit der Goldenen Ehrennadel. Denn wer kann schon von sich behaupten, mit 91 noch so fit zu sein, regelmäßige Treffen oder Ausflüge in die nähere Umgebung von Magdeburg zu organisieren.

Dabei richtet sich Lieselotte Arnhold immer auch nach den Bedürfnissen der Ortsgruppe, lädt immer wieder Referenten ein, die zu aktuellen Themen sprechen und informieren. So gibt Lieselotte Arnhold auch ein Stück weit Lebenshilfe. Und manches Mal bereitet sie sich selbst auf die monatlichen Treffen vor und liest dann vor. Für die Mitglieder der Ortsgruppe, derzeit noch 44, ein monatlicher Höhepunkt, der Würdigung verdient. Doch der Rummel um ihre Person ist Lieselotte Arnhold eigentlich schon zu viel. „Für mich ist das doch selbstverständlich. Das ist mein Leben“, sagt sie, „mein Leben wäre sonst leer.“

Ihr soziales Engagement bekam sie quasi in die Wiege gelegt: „Ich bin so erzogen. Meine Eltern waren auch so“, erinnert sie sich. Nun als von der Volksstimme nominierte Kandidatin für den Magdeburger des Jahres 2015 die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gelenkt zu sehen, „das ist mir unangenehm“, bleibt sie wie immer bescheiden.

„Ich treffe doch die Leute aus der Ortsgruppe, und die wollen eben auch mal ein paar Worte loswerden.“

„Miteinander – Füreinander.“ Das Motto der Volkssolidarität ist für Lieselotte Arnhold Programm. Die Diplom-Pädagogin im Ruhestand hilft, wo sie kann, geht immer offenen Herzens auf Menschen zu. Ohne ein Plätzchen oder eine Tasse Kaffee oder Tee darf bei ihr niemand das Haus verlassen. Zu ihrem Engagement gehört auch, dass sie ehemalige Mitglieder ihrer Ortsgruppe, die inzwischen in Heimen leben oder auch mal krank zu Hause bleiben müssen, besucht.

Bei täglichen Besorgungen im Stadtgebiet kann es auch schon einmal etwas länger dauern. „Ich treffe doch die Leute aus der Ortsgruppe, und die wollen eben auch mal ein paar Worte loswerden“, habe sie zu ihrem Mann gesagt, der sich, als er noch lebte, so manches Mal gefragt habe, ob seine Lieselotte ihre Einkäufe wohl in Sudenburg erledige, wenn es mal wieder später wurde. Inzwischen lebt Lieselotte Arnhold allein, ist verwitwet.

Doch einsam scheint sie dennoch nicht. Der Terminkalender aus der Volksstimme ist voll, an kaum einem Tag gibt es keinen Eintrag. Die Kinder, die ihr Mann mit in die Ehe brachte, und ihre eigene Adoptivtochter kommen regelmäßig zu Besuch, auch mit Enkeln und Urenkeln hält sie Kontakt.

Ihr Herz schlägt für Kinder. Und so wird auch jedes der Kinder aus ihrem Hauseingang zum Nikolaustag eine kleine Aufmerksamkeit erhalten. In ihrem Hauseingang gibt es kaum jemanden, der Lieselotte Arnhold nicht kennt. Schließlich ist sie die erste Ansprechpartnerin, wenn es Fragen oder Probleme gibt. Flüchtlinge schließt sie davon nicht aus.

Zu einer afghanischen Familie, die sie einst u. a. bei den Hausaufgaben der Kinder unterstützte, hat sie noch heute Kontakt. Inzwischen sind neue Flüchtlinge ins Haus eingezogen, denen sie ebenfalls bereitwillig hilft, und auf ihre eigene charmante Weise zu verstehen gibt, wenn es mal etwas zu kritisieren gibt – mit Respekt, auf Augenhöhe eben. Das zeichnet die aufgeschlossene Seniorin aus, die sich auch vor fremden Kulturen nicht verschließt, sondern offen und mit Interesse darauf reagiert.

Ihre Wurzeln hat Lieselotte Arnhold in Magdeburg-Diesdorf. Dort ist sie aufgewachsen, hat im Kindergarten in der Villa Rusche gearbeitet und später die Möglichkeit erhalten, ein Pädagogikstudium zu absolvieren, betreute in Pretzier (bei Salzwedel) in der Nachkriegszeit Flüchtlinge, ehe sie in ihre Heimatstadt Magdeburg zurückkehrte, um ihre erkrankte Mutter zu pflegen.

Ihrem Geburtsort fühlt sie sich bis heute verbunden. Also verwundert es nicht, dass sie zum 1075-jährigen Bestehen ihre Kindheitserinnerungen an Diesdorf aufschrieb, die im Heft „Wir Diesdorfer“ 2012 veröffentlicht wurden. „Ich könnte ein ganzes Buch über Diesdorf schreiben“, beendet sie ihre Aufzeichnungen dazu.

Ein eigenes Buch hat Lieselotte Arnhold noch nicht geschrieben. Verewigt und verwirklicht hat sie sich literarisch aber trotzdem. Bis zu ihrem 90. Geburtstag war Lieselotte Arnhold nämlich auch in der Seniorenvertretung Magdeburg aktiv. Ihre Erinnerungen schrieb sie nicht nur für drei Bücher auf, sondern die ehemalige Kreisschulrätin ging auch in Schulen, um Kindern und Jugendlichen von ihren Erfahrungen aus der damaligen Zeit zu berichten.

Bei all den Aktivitäten der rüstigen Rentnerin, der ihr hohes Lebensalter kaum anzusehen ist, fragt sich ihr Gegenüber: „Wie macht sie das nur?“ Und Lieselotte Arnhold lächelt dann vergnügt und sagt: „Ich habe immer gesund gelebt.“ Sicherlich haben aber auch ihr offenes Herz und das Engagement für andere, das Lieselotte Arnhold nicht ruhen lässt, dazu beigetragen. Die Mitglieder der Volkssolidarität hoffen, dass sie ihnen noch lange erhalten bleibt.

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