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Zuchtverbot Ab März rund 200 Welpen illegal

Ab 1. März gilt für mehrere Terrier-Hunderassen ein Handels- und Zuchtverbot. Ein Gespräch mit Züchterin und Tierärztin Heidi Zibolka.

Von Peter Ließmann 11.02.2016, 00:01

Magdeburg l Der quirlige Welpe flitzt durch die Praxis von Dr. Heidi Zibolka, springt schwanzwedelnd an den Beinen hoch, lässt sich an Nase und Ohren kraulen - ein Hundewelpe der besonders süßen Art. Die Hündin passt zwar genau auf ihren Nachwuchs auf, ist aber entspannt. Beide sind Staffordshire Bullterrier, gehören somit zu den sogenannten Kampfhunde-Rassen, die ab dem 1. März 2016 in Sachsen-Anhalt nicht mehr gezüchtet, vermehrt oder gehandelt werden dürfen. So sieht es das „Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren“ vor. Damit soll der Bestand von Pitbill-Terrier, Staffordshir-Bullterrier, American Staffordshire-Terrier und Bullterrier im Land „ausgetrocknet“ werden. Wer sich nicht daran hält, muss mit empfindlichen Geldstrafen rechnen.

„Das ist der falsche Weg“, sagt Heidi Zibolka, die selbst seit über zehn Jahren Staffordshire-Bullterrier züchtet und im „Verband für das Deutsche Hundewesen“ als Züchterin organisiert ist. „Das Land Sachsen-Anhalt gibt damit die Kontrolle über die Zuchtaktivitäten im Land komplett aus der Hand“, sagt die Züchterin. Denn, wer einen dieser Hunde unbedingt haben wolle, könne sich diesen aus einem anderen Bundesland, wo die Zucht nicht untersagt ist, holen. Da die Zucht- und Handelsregeln nicht bundeseinheitlich seien, sei dies problemlos möglich.

Besonders ärgert sich die Tierärztin und Züchterin über die fehlenden Umsetzungsrichtlinien. „Was heute noch erlaubt ist, ist morgen verboten. Keine Übergangsregeln, keine Karenzzeiten.“ Das treffe die rund 35 Züchter der besagten Rassen in Sachsen-Anhalt hart. „Man kann damit rechnen, dass rund 200 Welpen ab dem 1. März nicht mehr verkauft werden dürfen. Was soll mit diesen Tieren werden? Landen viele von ihnen in Tierheimen, wo sie dann unter Umständen ein trauriges Dasein fristen müssen?“, fragt Heidi Zibolka. Eine Terrier-Hündin kann zwischen sechs bis elf Welpen zur Welt bringen. Die Tragzeit dauere neun Wochen, mindestens acht Wochen müssten die Welpen noch bei ihrer Mutter bleiben. Daraus ergebe sich ein Zeitkorridor von viereinhalb Monaten. Das hätte in dem Gesetz als Zeitfenster berücksichtigt werden müssen. „Jetzt stehen die Züchter vor dem Problem, was sie mit ihren Würfen tun sollen, denn, wie gesagt, ab 1. März sind ihre Welpen im Grunde illegal.“

Heidi Zibolka wehrt sich auch dagegen, dass alle Staffordshire-Terrier-Züchter immer noch unter Generalverdacht gestellt werden, im Grunde nur „Beißmaschinen“ zu züchten. Die aktuellen Bissvorfall-Statistiken für Sachsen-Anhalt belegten dies nicht.

Und tatsächlich liest sich die Statistik der Bissvorfälle in Sachsen-Anhalt für das Jahr 2015 entsprechend. 109 Bissvorfälle sind für das vergangene Jahr im Land belegt, 2013 waren es noch 189, 2014 dann 130. In der Statistik für 2015 taucht der Bullterrier nur einmal auf, der American-Staffordshire-Terrier viermal. Dagegen sind 21 Bissvorfälle von Schäferhunden, zehn von Labrador-Retrievern, fünf von Border-Collies, vier von Belgischen Schäferhunden und fünf von Jack-Russel-Terriern belegt. Dabei sei natürlich zu bedenken, dass es viel mehr Schäferhunde, als etwa Staffordshire-Terrier oder Staffordshire-Bullterrier gebe, dennoch reiche nach Züchterin Heidi Zibolkas Ansicht die Bissvorfälle-Statistik nicht mehr aus, um die Terrier-Züchter eben unter Generalverdacht zu stellen.

Klar auch, dass das Problem beim Hund immer am „anderen Ende der Leine“, also beim Halter liege. Es komme darauf an, wie die Hunde gehalten und wie sie gezüchtet werden. Und auch hier möchte die Züchterin ein Bild revidieren, das speziell ihren Staffordshire-Bullterrier in der Öffentlichkeit anhaftet: „Diese Hunde werden schon lange nicht mehr von Menschen aus dem einschlägigen Milieu gekauft, dafür ist der Preis von bis zu 2000 Euro pro Welpe und die sehr hohe Hundesteuer viel zu kostspielig“, sagt Heidi Zibolka.