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Stadtschreiber Aufspüren, hinhören, aufschreiben

Werner Fritsch ist der neue Stadtschreiber in Magdeburg. Im Forum Gestaltung stellte sich der Autor vor.

Von Birgit Ahlert 10.03.2016, 23:01

Magdeburg l Er ist ein Künstler, der sich der Welt und dem Himmel auf vielfältige Weise annähert, preist ihn Forum-Chef Norbert Pohlmann bei der Begrüßung an. Werner Fritsch ist Schriftsteller, Autor von Theaterstücken, Hörspielen, Regisseur und Filmproduzent. So die Kurzfassung. En détail liest sich seine Vita umfangreicher als für eine Einzelperson zu passen scheint, dazu gesellen sich zahlreiche Auszeichnungen für Textliches wie Filmisches. Das Magazin „Spiegel“ umschreibt ihn gar als „Deutschlands tollkühnsten Dichter“.

Nun also ist er für ein Jahr Stadtschreiber in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt, wo er sein Amt antritt, gerade von einem mehrwöchigen Aufenthalt aus den USA zurückgekehrt.

Was treibt einen so erfolgreichen Mann nach Magdeburg? Neben der offiziellen Stellenausschreibung war es die historische Mechthild, auf deren Werk „Das fließende Licht der Gottheit“ er durch seine Leidenschaft zu Hildegard von Bingen kam, erzählt Fritsch. Person und Werk gehören zu seinem 24-Stunden-Filmprojekt „Faust Sonnengesang“, an dem er weiterhin arbeite. In seiner Magdeburger Zeit möchte er die literarische Grundlage schaffen. Ältere Zeichen aufspüren und mit neuen in der Gegenwart verbinden, nennt er es. Ihn treibt die Neugier auf Orte und Menschen. Zudem mündet der heimische Mühlenbach in die Elbe, die ihm somit täglich ein Stück Heimat zuführe.

In Magdeburg war er bereits in den 1990er Jahren, bei einem Dramatikertreffen. An den Dom und die Elbe könne er sich noch gut erinnern, erzählte Fritsch. Wohin es ihn nun treibt in der Stadt, davon wolle er sich überraschen lassen und es langsam angehen.

Bei seinem Amtsantritt nahm er das Publikum zunächst mit auf eine kleine Reise in seine Vergangenheit. Gebürtig aus Waldsassen in der Oberpfalz, wollte der 13-jährige Werner „Jimi Hendrix werden und spielte mir die Finger blutig an der Gitarre“.

Mit 15 begann er dann zu schreiben. Später schwankte er zwischen Literatur und Film. Mit 25 dann bekam er seinen ersten Buchvertrag, nur 14 Tage später die Zusage für eine Filmförderung. So widmete er sich beiden Genres und tut dies noch heute. Die damals entstandenen Werke stellte er am Mittwoch den Magdeburgern vor. „Sie haben mein Leben geprägt“, begründete er und las aus dem Roman „Cherubim“ über den alten Knecht Wenzel, dem er mit „Das sind die Gewitter der Natur“ auch ein filmisches Denkmal setzte.

Sicht- und hörbar wurde Fritsches Gespür dafür, den Menschen zu- und aufs „Maul“ zu schauen, die Worte und Gedanken in ihrem Facettenreichtum authentisch festzuhalten. Man darf also gespannt sein, wie er das in Magdeburg Aufgespürte zu Papier bringt. Dafür übrigens erhielt er am Mittwoch ein „White Book“, ein weißes Buch, mit unbeschriebenen Seiten. Das reichte ihm sein Vorgänger Peter Wawerzinek bei der Amtsübergabe. Ebenso als „Staffelstab“ ein „Stadtschreiber-Volt-Meter“ Marke Eigenbau. Damit könne er testen, ob er unter Strom stehe und wo sich die Magnet-Orte der Stadt befinden. Viele seien spürbar, versichterte Wawerzinek seinem Nachfolger.

Die Antrittsvorlesung fand beim Treffen der „Neuen Mittwochsgesellschaft“ statt. Sie wurde vom ersten Stadtschreiber Bernd Wagner im Dezember 2013 eröffnet worden, der damit den Start für die Tradition der Stadtschreiber gab. Nun also Werner Fritsch. Es wird nicht sein letzter Auftritt im Forum Gestaltung gewesen sein. So jedenfalls das Versprechen des Künstlers am Ende der Veranstaltung.

Gedankliches der Stadtschreiber ist im Internet zu finden:

www.stadtschreiber-magdeburg.de