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Neuzugang für ZooProblemelefant zieht nach Magdeburg

In das neue Elefantengehege des Magdeburger Zoos soll auch Bibi einziehen. Aber: Sie gilt als Problemelefant.

Von Peter Ließmann 21.03.2017, 00:01

Magdeburg l Der Bau des neuen Elefantengeheges geht in die finale Phase, wenn alles reibungslos verläuft, sollen die beiden Elefantenkühe „Birma“ und „Mwana“ ab April auf den Umzug in ihr neues Domizil vorbereitet werden. „Das muss durchaus vorsichtig passieren, denn für die beiden Elefantenkühe ist es, als ob sie in einen neuen Zoo umziehen würden“, sagt Zoo-Chef Kai Perret.

Neu wird für die Magdeburger Elefanten auch sein, dass es zukünftig nur einen sogenannten „geschützten Kontakt“ zwischen Pflegern und Tieren geben wird. Elefant und Pfleger haben zwar durchaus noch Körperkontakt, zwischen ihnen wird dann aber immer ein starkes Gitter sein. „Das ist für Pfleger und Elefanten besser“, sagt Kai Perret. Die Tiere leben in eigenständigen Herdenstrukturen, die Pfleger sind vor möglichen Attacken geschützt.

Wenn Birma und Mwana sich in der neuen Anlage eingelebt haben, kommt die nächste, vielleicht noch größere Aufgabe bei der Besiedelung des Elefantengeheges auf die Zoo-Mitarbeiter zu. „Oder vielleicht auch nicht, vielleicht geht es alles viel einfacher und reibungsloser, als man denkt“, sagt der Zoo-Chef. „Das Glas ist halb leer oder halb voll, so, wie man es sehen will.“ Es geht um die Elefantenkuh Bibi. Sie soll vom Zoo Halle nach Magdeburg kommen, dazu noch aus Berlin der Elefantenbulle Tembo.

Aber Bibi ist ein Problemelefant. Darauf machten jetzt mehrere Volksstimme-Leser aufmerksam. Sie verweisen dabei auf einen ausführlichen Artikel „Wie Bibi zum Problemelefanten wurde“ aus dem SZ-Magazin der Süddeutschen Zeitung. Darin wird die Biografie von Bibi beschrieben. Tenor des Artikels: Die Elefanten-Kuh wurde in ihrer Kindheit stark traumatisiert, konnte durch falsche Haltung in Gefangenschaft keine für Elefanten wichtige Herdenstruktur erlernen, da sie immer wieder von ihren Bezugstieren getrennt wurde und hat zwei ihrer Babys kurz nach der Geburt getötet.

Kai Perret kennt den SZ-Magazin-Artikel, findet ihn zwar „deutlich tendenziell“ geschrieben, die aufgelisteten Fakten darin träfen allerdings zu. Danach ist Bibi ein Wildfang aus dem afrikanischen Hwange-Nationalpark in Simbabwe (früher Südrhodesien). Bis 1987 wurden in dem Nationalpark wegen einer Überpopulation systematisch Tausende von Elefanten getötet. Die Elefantenbabys, die diese Massaker an ihren Herden überlebt hatten, wurden von Wildtierhändlern weltweit an Zoos verkauft. So kam Bibi 1987, von dem Erlebten traumatisiert, mit drei weiteren Elefantenbabys über Westdeutschland in die DDR in den Tierpark Berlin.

Dass es bis 1986 diese Art der Elefanten-Wildfänge in Afrika gegeben hat, sei sehr zu bedauern, und heute werde diese Art der Elefanten-Beschaffung für Zoos zu Recht strikt abgelehnt, sagt Zoo-Chef Kai Perret. Im Fall von Bibi liege zwar auf der Hand, dass das Tier traumatisiert sei, allerdings gebe es viele ähnlich gelagerte Fälle, bei denen sich die Elefanten aber problemlos positiv entwickelt hätten. „Und darum verdient auch Bibi immer wieder eine Chance“, sagt Perret. „Wir haben hier in Magdeburg mit dem neuen Elefantengehege jetzt die Möglichkeit, die Elefantenkuh in eine neue Gruppe zu integrieren.“

Dabei könne sie dann auch mit 30 Jahren noch lernen, einen festen Platz in einer Herde zu finden. Laut SZ-Magazin-Artikel lebte Bibi zum einen im Berliner Tierpark in für Elefanten sehr engen Verhältnissen, teilweise in Einzelboxen und angekettet. Zum anderen gelang es ihr nicht, sich in der dortigen Herde zu emanzipieren. Auch hatte sie im Laufe der Jahre deutliche stereotype Züge (permanente dauerhafte Bewegungsabläufe) entwickelt. Das tun Elefanten nur in Gefangenschaft.

Allerdings brachte Bibi 1999 im Berliner Tierpark ihr erstes Junges zur Welt. Vater war der Elefantenbulle Tembo, mit dem sie zusammen in den Tierpark gekommen war. Bibi zog mit Hilfe einer erfahrenen Elefantenkuh ihr Junges problemlos auf. Laut SZ-Magazin-Artikel musste sie sich von ihm aber nach fünf Jahren trennen, da für ihn kein Platz mehr im Tierpark war. Für das sehr ausgeprägte Herdentier Elefant ist eine Trennung immer eine Krisensituation.

Ihr zweites Kind, das 2007 geboren wird, attackiert Bibi gleich nach der Geburt, es kann nur knapp von den Pflegern gerettet werden. Später dann wird es von Bibi aber angenommen, allerdings müssen beide den Berliner Tierpark verlassen. Bibi hatte einen Pfleger, der ihr Junges kurze Zeit vorher geschlagen hatte, angegriffen.

Beide siedeln in den Zoo in Halle über. Dort passiert es dann zwei Mal: 2013 und 2015 tötet Bibi ihre Neugeborenen. „Warum, weiß keiner genau. Man kann nur spekulieren“, sagt Magdeburgs Zoo-Chef Kai Perret. Allerdings passiere es auch in freier Natur immer wieder, dass Elefantenkühe ihre Neugeborenen attackieren. In der Regel seien dann aber immer erfahrene Elefantenkühe zur Stelle, die die Babys vor ihren Müttern schützten, bis diese sich beruhigt hätten.

Zurzeit muss Bibi im Hallenser Zoo isoliert von der Herde leben, da sich dort bei einer anderen Elefantenkuh Nachwuchs angesagt habe. Man will laut SZ-Magazin-Artikel kein Risiko eingehen. „Das werden wir in Magdeburg mit Bibi auch nicht tun. Wir sind uns sehr wohl darüber bewusst, dass es mit Bibi nicht leicht werden könnte. Und wenn es gravierende Probleme geben sollte, können wir Bibi immer auch sofort von den anderen Elefanten isolieren. Platz dafür wird, wie gesagt, in unserem neuen Gehege vorhanden sein“, sagt Kai Perret.

Ein glücklicher Umstand, der zu Bibis gelungener Aufnahme in Magdeburg führen könnte, sei, dass der Elefantenbulle Tembo, der Vater ihres ersten Kalbs, das sie aufgezogen hat, ebenfalls nach Magdeburg kommen soll. „Den kennt Bibi gut und der könnte positiv auf sie einwirken“, hofft der Zoo-Chef.

Dass Bibi tatsächlich nach Magdeburg kommt, stehe allerdings noch nicht fest. Der Führer des „Zuchtbuches für afrikanische Elefanten in europäischen Zoos“, der Direktor des Wuppertaler Zoos, muss sein Einverständnis für die Umsiedelung geben. „Das steht noch aus“, sagt Kai Perret.