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Abschied Der Kapitän des Schifffahrtsamtes geht

Am letzten Tag als Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Magdeburg beantwortet Friedrich Koop die Fragen von Martin Rieß.

28.07.2016, 23:01

Volksstimme: Seit 2006 haben Sie das Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg geleitet. Haben Sie damit in den Jahren zuvor gerechnet?

Friedrich Koop: In meinen ersten Berufsjahren, in verschiedenen Dienststellen im Ruhrgebiet, habe ich mir diese Entwicklung sicher kaum vorstellen können. 1990 war ich gerade Leiter der Außenstelle Hamm des Wasser- und Schifffahrtsamts Rheine, als mich die deutsche Wiedervereinigung persönlich forderte. Plötzlich sollte ich mich entscheiden, ab dem 3. Oktober eine neue Aufgabe in Ostberlin vorübergehend zu übernehmen. Als Leiter des „Regiebaus“, dem Nachfolgebetrieb des VEB Wasserstraßenbau mit seinen rund 1000 Mitarbeitern, sollten wir die dringendsten Bauaufgaben an den Bundeswasserstraßen durchführen.

Was war die Herausforderung?

Während die Mitarbeiter den Betrieb, die Besonderheiten der Gewässer und der Infrastruktur kannten, konnte ich mein Wissen zu den plötzlich auch hierzulande geltenden rechtlichen und verwaltungstechnischen Rahmenbedingungen beisteuern. Damals herrschte eine richtige Aufbruchsstimmung, das war wohl die aufregendste und schönste Zeit in meinem Berufsleben. Ein ganz großes Thema war damals der Abbau von Grenzsperren in den Berliner Gewässern. Nach drei Monaten wurde aber die Idee eines großen verwaltungseigenen Wasserbaubetriebs aufgegeben, unsere Mitarbeiter wurden den verschiedenen Dienststellen der WSV zugeordnet und ich ging ins Ruhrgebiet zurück und später dann in das Bundesministerium nach Bonn. Sie haben einige Jahre die Abteilung Neubau im Bereich der damaligen Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost geleitet.

Was verbinden Sie mit dem Wasserstraßenkreuz?

Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 mit dem Ausbau der Kanäle bis in den Raum Berlin und der Elbquerung in Magdeburg ist tatsächlich etwas Besonderes. Und es freut mich bis heute, dass ich daran mitwirken konnte. Gerade in Magdeburg fanden wir viel Interesse und Zustimmung beim Planen und der Bauausführung der Trogbrücke und den neuen Schleusen. Hier hat die ganze Region mitgezogen, was ja nicht bei allen Verkehrsvorhaben der Fall ist. Im Falle der Schleusen Charlottenburg und Spandau in Berlin war dies ungleich problematischer.

Hat sich denn der Aufwand für das Verkehrsprojekt gelohnt?

Noch sind alle Einzelmaßnahmen nicht ganz abgeschlossen, aber die Transportmengen steigen und werden in den kommenden Jahren sicher die Prognosen der aktuellen Verkehrsplanung erreichen. Wichtig wäre allerdings der gleichwertige Ausbau der Wasserwege vorerst bis zur Oder. Zum einen entspricht dies den gesamteuropäischen Zielen und auch der Strategie unserer polnischen Partner. Und wir dürfen uns keinen Illusionen hingeben: Eine weitere Verbreiterung der Autobahnen anstelle eines Ausbaus von Kanälen wird auch vor den Toren Magdeburgs auf der A2 nicht auf Dauer Entlastung bringen.

Mit der Schleuse in Rothensee stand der funktionstüchtige Erhalt des Schiffshebewerks Magdeburg Rothensee zur Disposition.

Es ist Kernaufgabe der Bundesverwaltung, die Bundeswasserstraßen angemessen für die Transportschifffahrt befahrbar zu halten und hierfür die notwendigen Anlagen zu betreiben. Dazu gehören erst einmal nicht rein touristisch genutzte Anlagen oder die Pflege von Kulturgut. Für diese Bedürfnisse ist mit dem jetzigen Modell, dass die Stadt das Schiffshebewerk gepachtet hat und betreibt, eine gute Lösung gefunden worden. Dabei stimmen wir uns mit der Stadt gut ab und profitieren von einander. In diesen Kontext passt auch der jetzt beabsichtigte Bau eines Informations- und Besucherzentrums. Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung hat sich zu Magdeburg bekannt. Zum einen dadurch, dass in der künftigen Struktur der Verwaltung die Elbe entgegen zwischenzeitlicher Vorschläge als Ganzes gesehen wird und Magdeburg an einem Verkehrsknoten und in der Mitte des Reviers auch sicher eine wichtige Rolle einnehmen wird. Ebenfalls ein Bekenntnis des Bundes zu den Interessen der Region ist aus meiner Sicht die Niedrigwasserschleuse, die ja in erster Linie dem Wirtschaftsstandort Magdeburg dient.

Die Niedrigwasserschleuse ist notwendig wegen niedriger Wasserstände in der Elbe. In dieser ist der Güterverkehr in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Taugt dieser Fluss überhaupt als Wasserstraße?

Ich glaube fest daran, denn von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind ja auch Ladungen, die über Straße und Schiene kaum transportiert werden können. Aus meiner Sicht ist nicht entscheidend, ob das Ziel für die Fahrrinnenunterhaltung in Niedrigwassersituationen bei 1,60 oder 1,40 Meter festgelegt wird. Viel wichtiger ist die Verlässlichkeit der Mindesttiefe für eine kalkulierbare Nutzung durch die Schifffahrt. Hier in und um Magdeburg ist die Situation gar nicht so schlecht. Die Probleme gibt es oberhalb der Saalemündung und flussabwärts von Wittenberge. Die Probleme haben sich verschärft, da nach dem Hochwasser 2002 das Erhalten, Reparieren und Anpassen der Strombauwerke im Fluss, insbesondere der Buhnen, stark politisiert wurde. Ich bekenne mich auf jeden Fall zu einer naturnahen Flusslandschaft der Elbe. Das beinhaltet aber auch, dass man in einigen Bereichen die Buhnen den sich verändernden Gegebenheiten anpassen muss, auch um Erosion oder Verlandung entgegen zu wirken. Hier darf niemand auf technisch und ökologisch unsinnigen Maximalforderungen bestehen, sondern es müssen Kompromisse möglich sein

Haben Sie nach dem Wechsel in den Osten ihre Heimat in Nordrhein-Westfalen vermisst?

Zu Anfang meines Berufsweges habe ich als Ingenieur hier geplant und projektiert. Das habe ich schon vermisst. Gerade das Ruhrgebiet ist für den Wasserbau ein sehr spannendes Gebiet, da hier Bodenabsenkungen durch den Steinkohleabbau im Bereich von Flüssen und Kanälen verheerende Folgen haben. Hier hatten wir unser erstes Haus gebaut und Wurzeln geschlagen. Allerdings habe ich dann mit dem technischen Referendariat schon einen Weg in der Verwaltung eingeschlagen, der mich von der reinen Arbeit als Ingenieur wegführte und mich dann über Berlin, Bonn, noch einmal Berlin und dann nach Magdeburg führte.

Und jetzt: Zieht es Sie wieder zurück in die alte Heimat?

Nein, das eher nicht. Das Schöne am Ruhestand ist wohl, dass man nun ungebundener und frei ist zu tun, was man auch möchte. Das werde ich mit meiner Frau hier im Raum Magdeburg ausprobieren. Sicher werden wir ein bisschen mehr paddeln, die Stadt und das Land mit neuen Augen erkunden, reisen – und dann einfach mal sehen, wo wir uns engagieren können.