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Auszeichnung Guericke als Ehrenbürger Magdeburgs?

Warum ist Otto von Guericke nicht Ehrenbürger Magdeburgs? Christian Ruddies, Büroleiter im Rathaus, erklärt warum.

Von Karl-Heinz Kaiser 14.02.2018, 00:00

Volksstimme: Guerickes Verdienste um Magdeburg sind herausragend, er ist der wohl größte Sohn der Stadt. Was meinen Sie zu dem Vorschlag, ihn in die Riege der Ehrenbürger aufzunehmen?

Christian Ruddies: Es ist zwar unstrittig, dass Otto von Guericke als Universalgelehrter, Naturwissenschaftler, Diplomat, Kommunalpolitiker und Stadtplaner beim Wiederaufbau Magdeburgs nach der Zerstörung 1631 großartige Leistungen vollbracht hat. Seine Ehrenbürgerschaft wäre auch mehr als verdient. Und jeder Bürger ist auch berechtigt, Vorschläge zur Ehrenbürgerschaft einzureichen.

Aber in diesem Fall wäre eine Zustimmung rechtlich nicht möglich. Eine solche Auszeichnung ist einzig für lebende Personen vorgesehen.

Wo steht das?

Einmal im Kommunalverfassungsgesetz, speziell im Paragrafen 22. Darin heißt es, dass die Kommunen lebenden Personen, die sich besonders verdient um sie gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen können. Die gleiche Formulierung hat sich die Stadt in ihrer Ehrenbürgersatzung zu eigen gemacht. Im Gesetz ist auch geregelt, dass das Ehrenbürgerrecht mit dem Tod des Geehrten erlischt.

Ausnahmen sind wirklich nicht gestattet?

Die posthumen Verleihungen sind damit ausgeschlossen. Das lässt der rechtliche Rahmen nicht zu. Das Gesetz und unsere Satzung sind nun einmal so.

Könnte man, wenn man die Leistungen Guerickes betrachtet, die nach fast 400 Jahren immer noch nachwirken und Magdeburg hohes Ansehen verschaffen, eine solche Satzung nicht ändern?

Sicher könnte der Stadtrat die Satzung ändern, das Gesetz hingegen nicht. Aber wie sinnhaft wäre das beim Thema Ehrenbürgerschaft? Es gibt zahlreiche andere Persönlichkeiten der Vergangenheit, die das dann auch verdient hätten, ich nenne jetzt nur mal Telemann. Nein, es geht von Anfang an, also seit 1814, um lebende Personen, deren Ehrung ja auch mit Rechten und Pflichten verbunden sind.

Posthume Verleihung ist aber in der neueren Zeit gar kein so großes Tabu mehr. Berlin ehrte 2002 die 1992 verstorbene Marlene Dietrich mit der Ehrenbürgerschaft. 2003 verlieh Saarbrücken dem 1943 hingerichteten Widerstandskämpfer Willi Graf die Ehrenbürgerwürde, 2016 dem 1945 verstorbenen Sozialdemokraten Max Braun.

Ja, das ist bekannt. Aber es handelt sich nicht um Persönlichkeiten aus so weit zurückliegender Zeit, wie es bei Otto von Guericke der Fall wäre, und noch einmal, es gilt unser Kommunalverfassungsgesetz.

Wie viele Ehrenbürger hat denn Magdeburg eigentlich?

Derzeit stehen 46 Persönlichkeiten auf der Liste. Als Erster erhielt 1814 Wilhelm Anton von Klewitz und als vorerst Letzter 2009 der Pianist Menahem Pressler diese hohe Ehrung. Er und Willi Polte (seit 2002) sowie Angela Davis (seit 1972) sind die einzigen lebenden Ehrenbürger der Stadt.

Gesetzt den Fall, jemand schlägt tatsächlich offiziell Guericke oder halt auch Telemann vor. Wer entscheidet über Ehrenbürgerschaften?

Wie gesagt, jeder Bürger und jede Bürgerin, der OB und die Fraktionen des Stadtrats können Vorschläge einreichen. Entschieden wird nach gültiger Satzung und im Benehmen mit dem Oberbürgermeister vom Stadtrat. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit ist erforderlich. Das geschieht in nicht öffentlicher Sitzung.

Warum denn im stillen Kämmerlein?

Das hat nichts mit Geheimniskrämerei zu tun. Ziel eines Vorschlags ist, eine Person zu ehren. Wird das abgelehnt, könnte das der Person in Ansehen und Ruf schaden. Das wird dabei berücksichtigt.

Auch das Ehrenbürgerrecht ist sicher wie alles im Wandel?

Ganz gewiss. Die Stadt hatte deshalb am 1. Dezember 2011 ein Symposium zum Ehrenbürgerrecht einberufen. Da ging es insbesondere um die Frage, wie mit Personen auf der Ehrenbürgerliste aus der Zeit des 19. Jahrhunderts umgegangen werden sollte.

Ging es auch um posthume Ehrungen?

Nein.