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Behinderte Wohnungsnot für Rollstuhlfahrer

Magdeburgs Behindertenbeauftragter weist auf Probleme mit der Versorgung mit Wohnraum hin.

Von Martin Rieß 14.07.2017, 01:01

Magdeburg l Menschen mit Behinderung sollen die gleichen Chancen wie Nichtbehinderte bekommen. Das ist seit Jahren Konsens. Doch ein Blick in die Berichte des Magdeburger Behindertenbeauftragten Hans-Peter Pischner zeigt alle Jahre wieder, dass noch viel zu tun ist.

Da derzeit und in den kommenden Jahren in Magdeburg groß in die Sanierung von Gebäuden – zum Beispiel für das neue Dommuseum in der früheren Staatsbank – und in Neubauten – zum Beispiel im künftigen Domviertel – investiert wird, spielt im Bericht auch dieser Abschnitt eine wichtige Rolle. Hans-Peter Pischner erläuterte im Bauausschuss des Stadtrates, wo er Erfolge und wo er Verbesserungsbedarf sieht.

Positiv fällt dabei die Investition in die fünf neuen Kindertagesstätten auf: Sie sind im Rahmen der Bauordnung des Landes im Prinzip barrierefrei und auch für die Betreuung von Kindern mit Beeinträchtigungen geeignet. Im Verantwortungsbereich der Bundeswehr seien die beiden Gebäude am Buckauer Tor den Anforderungen an die Barrierefreiheit entsprechend umgestaltet worden, „was im Falle zweier alter preußischer Kasernen-Wagenhallen nicht trivial ist“, so Hans-Peter Pischner.

Im Zusammenhang mit dem im Roggengrund geplanten Neubau einer Förderschule für Körperbehinderte gab es 2016 den Grundsatzbeschluss. Viele Hinweise seien dabei berücksichtigt worden, so Hans-Peter Pischner. „Strittig war unter anderem der Einbau von Duschen für die Umkleideräume für die Sporthalle“, berichtet er. Und ob der eine vorgesehene, relativ große Aufzug im Alltagsbetrieb ausreicht, bleibe abzuwarten.

Bei den städtischen Einrichtungen verweist der Behindertenbeauftragte auf die Einrichtung für Wohnungslose in der Basedowstraße 15/17. Wo immer wieder und auch immer mehr Menschen mit Mobilitätseinschränkungen untergebracht werden müssen. „Kurzfristig oder dauerhaft eine barrierefreie Lösung für diesen Personenkreis auf dem Wohnungsmarkt zu finden, erwies sich als wenig aussichtsreich und nicht nachhaltig“, heißt es im Bericht von Hans-Peter Pischner. Aufgrund des Denkmalschutzes und fehlender Flächen für Anbauten sei hier die barrierefreie Erschließung des Erdgeschosses der beste Weg.

Mit dem Stichwort Wohnungssuche nähert sich der Behindertenbeauftragte einem Thema, das er seit längerem anspricht. Er sagt: „Ein Dauerthema ist der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum, mit dem Betroffene immer wieder an mich herantreten.“

Das Problem: Laut Landesgesetzgebung müssen in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen die Wohnungen einer Ebene oder eine entsprechende Anzahl barrierefrei im Sinne der entsprechenden Normen sein. Allerdings müssen sie in Sachsen-Anhalt nicht rollstuhlgerecht sein. „Damit bleibt Sachsen-Anhalt hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben an die Errichtung barrierefreien Wohnraums deutlich hinter anderen Ländern zurück, wohl um potenzielle Investoren zu ,schonen‘ und vor vermeintlichen Mehraufwendungen zu bewahren“, schreibt Hans-Peter Pischner dem Land seine Kritik ins Stammbuch.

Dabei seien bei Neubauten diese Mehrkosten für mehr Barrierefreiheit im Vergleich etwa zu den Energieeinsparverpflichtungen und anderen Auflagen gering. Zwar sind oft Aufzüge vorhanden, oft fehlen aber schlicht ein paar Zentimeter an Breite in den Fluren und Türen, um sich in den Wohnungen mit einem Rollstuhl bewegen zu können.

Ein weiteres Problem für Menschen mit Behinderung sind die Preise für Mieten: Hochpreisige Angebote seien für viele Menschen mit Behinderung auch mit Blick auf die Schwierigkeiten, einen Arbeitsplatz zu finden, oft nicht bezahlbar.

Als Positivbeispiel für die Gesetzgebung nennt Hans-Peter Pischner die Länder Berlin und Thüringen.