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Bestattungskultur Friedhöfe im Wandel der Zeit

Friedhöfe in Magdeburg sind weitaus mehr als triste Orte des Trauerns. Ein Blick auf den Wandel der Bestattungskultur.

Von Anja Guse 19.11.2016, 00:01

Magdeburg l Kurz vor dem Totensonntag hat Friedhofsgärtner Ulrich Pauer auf dem Westfriedhof besonders viel zu tun. Schließlich sollen zu dem Trauer- und Gedenktag alle Gräber, die er in Pflege hat, wieder besonders herausgeputzt sein. Denn viele Menschen gedenken an diesem Tag ihrer verstorbenen Angehörigen.

Dabei sind Friedhöfe heute weitaus mehr als nur Orte des Trauerns und Erinnerns. Vielmehr entwickelten sie sich zum Raum der Begegnungen und des Verweilens. Dieser Wandel spiegelt sich auch in der Gestaltung der Magdeburger Friedhöfe und Grabanlagen wider.

Noch vor 50 Jahren waren die Gestaltungsvorschriften auf den Friedhöfen stark reglementiert. „Verboten waren beispielsweise Gold- und Silberschrift“, berichtet Stadtsprecher Michael Reif. Auch dunkle, polierte und grellweiße Grabmale waren nicht erwünscht. Zudem sollte auf Wintereindeckung verzichtet werden. Die Grabmale wurden nach einem strengen Raster angelegt.

Seit den 1990er Jahren hat sich das geändert. Bundesweite Trends und Wünsche der Hinterbliebenen führten zu neuen Grabanlagen, die von der traditionellen Anordnung abweichen. „Oberstes gestalterisches Gebot ist heute, ein freundliches anspruchsvolles Ambiente zu schaffen“, so Reif.

So spielen heute mehr den je Stauden, Farne und Gräser eine Rolle bei der Gestaltung der Friedhofsanlagen. Diese bieten eine Vielzahl von Formen, Farben, Strukturen und Düften. Brunnen, Denkmale, aber auch Bänke laden zum Verweilen ein. Alte Bäume, Plastiken und Holzstelen schaffen einen unkonventionellen Raum der ewigen Ruhe.

Ein Überblick über die Bestattungskultur in Magdeburg:

Friedhöfe in Magdeburg
In der Landeshauptstadt gibt es 16 kommunale Friedhöfe, von denen auf zweien keine Bestattungen mehr erfolgen, vier konfessionelle Friedhöfe, einen israelitischen Friedhof und einen Friedhof der Pfeifferschen Stiftungen. Der größte Magdeburger Friedhof ist der Westfriedhof mit 62,5 Hektar. Kleinster Friedhof der Stadt ist der Prester Friedhof mit 0,32 Hektar.

Auszeichnung
Das Internetportal www.bestattungen.de hat in diesem Jahr dem Westfriedhof einen Award verliehen. Eine Jury wählte den Magdeburger Friedhof deutschlandweit auf den dritten Platz. Den ersten Platz belegt der Johannisfriedhof in Bielefeld, auf Platz zwei landete der evangelische Friedhof am Untertor in Bad Homburg v. d. Höhe. Nominiert waren insgesamt zwölf Friedhöfe. Bei der Wahl der Platzierungen richteten sich die Juroren nach keinem festen Kriterienkatalog. Ziel des Internetportals sei es, mit dem Award das Thema „Tod“ in die Öffentlichkeit zu bringen. „Es ist ein schwieriges Thema, aber jeder muss sich damit beschäftigen“, sagt Sprecherin Anja Graf.

Bestattungen
Im Jahr 2015 wurden in Magdeburg auf den kommunalen Friedhöfen 105 Erd- und 1607 Feuerbestattungen vorgenommen. Das entspricht einem Anteil von etwa 6 zu 94 Prozent. Im Jahr zuvor gab es 91 Erd- und 1532 Feuerbestattungen, was in etwa den gleichen Anteil jeweils ausmacht. Im Jahr 2007 wurden noch 137 Erd- (zirka 9 Prozent) und 1354 Feuerbestattungen ausgeführt.

Grabstätten
Der Eigenbetrieb Stadtgarten und Friedhöfe, der für die kommunalen Friedhöfe verantwortlich zeichnet, bietet 17 verschiedene Grabstättenarten an. Insbesondere die Gemeinschaftsanlagen werden stark nachgefragt. Sowohl auf dem West- als auch auf dem Südfriedhof besteht die Möglichkeit der Bestattung auf einem Naturgrabfeld. Auf Nachfrage der islamischen Gemeinde entstand 2004 auf dem Westfriedhof ein islamisches Grabfeld.

Grabgestaltung
Spätestens mit der Bundesgartenschau 1999 in Magdeburg hat sich laut Friedhofsgärtner Ulrich Pauer in puncto Grabgestaltung in der Landeshauptstadt viel geändert. „Die Kunden haben damals gesehen, was alles machbar ist“, sagt er. So spüre auch er bei seinen Kunden den stärkeren Wunsch nach Individualität, insbesondere was die Anordnung der Pflanzen betrifft. Auch bei der Auswahl der Pflanzen habe sich der Geschmack geändert. Wurde vor einigen Jahren noch viel Wacholder gepflanzt, wachsen nun beispielsweise mehr Zwergmisteln, der Spindelstrauch Eyonymus und die farbenfrohe Heuchera-Staude. Rosen seien ebenfalls sehr beliebt geworden.

Gestaltung der Grabsteine
Der Wandel der Bestattungskultur weg vom dunklen Friedhof hin zu parkähnlichen, freundlichen Anlagen zeigt sich auch in der Gestaltung der Grabsteine. „Diese werden immer kleiner und farbiger“, meint Frank Schuster, Landesinnungsmeister des Steinmetz- und Bildhauerhandwerks. Steinmetz Marcel Kulessa, Inhaber der Firma Tauchert, beobachtet zudem einen Trend hin zu hellen und freundlichen Tönen. „Außerdem wird die Gestaltung mit Ornamenten individueller“, sagt er. „Fotografen bekommen beispielsweise eine alte Praktika auf den Stein graviert.“ Bunte Emaillebilder seien dagegen weiterhin nur bei Angehörigen osteuropäischer Nationen gefragt. Und das Aufbringen so genannter QR-Codes, also Bildern, die mit einem Handy gescannt werden können und zu einer Internetseite des Verstorbenen führen, sei in Magdeburg noch nicht gefragt.

Trauerkleidung
Schwarz bleibt bei der Trauerbekleidung aktuell. Trauerrednerin Barbara Schulze meint: „Mit schwarzer Kleidung wird meine Trauer auch von außen wahrgenommen.“ Zudem drücke man bei Trauerfeiern mit schwarzer Kleidung seinen Respekt gegenüber den Angehörigen aus.