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Eigentümerwechsel Mieter fühlen sich verraten und verkauft

Der Verkauf von Wohnhäusern in Salbke durch die Magdeburger Wohnungsgenossenschaft (MWG) stößt bei deren Mitgliedern auf Kritik.

Von Marco Papritz 26.01.2017, 00:01

Magdeburg l „Die MWG hat uns verkauft“, reagieren Annett und Fritz Szameitat auf die Nachricht vom Verkauf des Hauses, in dem sie seit Jahrzehnten wohnen. Die MWG hat sich von den Objekten in der Hermannstraße 5-11 getrennt, diese zum 1. Januar 2017 an einen Investor verkauft. Die betroffenen Genossenschaftsmitglieder wurden darüber am Donnerstag vor einer Woche informiert. Zu spät, wie nicht nur Familie Szameitat sagt.

„In der Einladung zur Informationsveranstaltung war noch nicht abzusehen, was uns erwartet. Wir sind schockiert.“ Im Dezember sei über einen Mietervertreter die Anfrage an die MWG gestellt worden, was an Verkaufsgerüchten dran sei. „Da hieß es dann ‚nichts‘. Und dann stellt man uns vor vollendete Tatsachen“, so Fritz Szameitat.

Der Großteil der Bewohner der Häuser, die 1959 zum Teil über Aufbaustunden miterrichtet wurden, ist im Seniorenalter und noch der Erstbezug. Nie habe man an der MWG etwas auszusetzen gehabt – im Gegenteil. „Mit der Betreuung waren wir sehr zufrieden, Anfragen wurden schnell erledigt“, so Annett Szameitat. Dass angesichts des Verkaufs der Häuser eine Mitbewohnerin jüngst noch für ihre 60-jährige Mitgliedschaft in der Genossenschaft ausgezeichnet wurde, empfinden sie als Hohn. Über eine Unterschriftensammlung machen sie ihrem Unmut Luft und fordern die Genossenschaft zur Rückabwicklung des Verkaufs auf.

MWG-Vorstand Thomas Fischbeck begründet den Verkauf gegenüber der Volksstimme mit unternehmerischen Gründen. „Der Betreuungsaufwand für Objekte in Salbke und Westerhüsen ist schlicht zu groß“, verweist er. Daher habe man sich von dem Bestand im Südosten der Stadt getrennt. Dass die Genossenschaftsmitglieder nicht eher informiert wurden, liegt auch an den „Verhandlungen, die sich über Monate bis kurz vor Weihnachten hingezogen und zwischenzeitlich auf der Kippe gestanden haben“, sagt er.

Mit Blick auf die Feiertage habe man entschieden, den Verkauf erst im neuen Jahr kund zu tun. „Uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen, da wir um das Alter und die Verbundenheit der Bewohner mit ihren Wohnungen und dem Umfeld wissen“, so Fischbeck.

Die MWG wisse allerdings, dass der neue Eigentümer aus Dortmund mit einer Verwaltung aus Magdeburg „ein exzellentes Betreuungsunternehmen beauftragt hat“, sagt er weiter. Zudem habe sich die Genossenschaft dafür eingesetzt, dass die Kaltmieten bis zum 31. Dezember 2021 „eingefroren“ sind: Bis dahin ist keine Mieterhöhung möglich. Außerdem gilt ein zehnjähriges Verkaufsveto für die Wohnungen sowie die Umwandlung dieser in Eigentumswohnungen.

Diese „Sozialcharta“ sei Magdeburgs größter Wohnungsgenossenschaft wichtig gewesen. „Wird sich nicht daran gehalten, besteht die Möglichkeit der Rückabwicklung des Verkaufs“, betont Fischbeck. Die MWG verweist darauf, dass die Bewohner der Hermannstraße weiterhin Genossenschaftler bleiben und damit von der Verzinsung der Anteile profitieren können. Sollten sie dies nicht wünschen, wird ihnen entgegen der Satzung bei einer Kündigung „eine unkomplizierte Auszahlung des Geldes“ versprochen.