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Einbruchserie Wenn eine Stahlkugel durchs Fenster fliegt

Die Einbruchserie in Magdeburgs Stadtteil Ottersleben geht weiter. Am Wochenende gab es erneut mehrere Einbrüche.

Von Christina Bendigs 16.02.2016, 00:01

Magdeburg l Dieser Abend wird Hubert P. (Name geändert) wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Statt eines gemütlichen Abends auf der Couch verbrachte er den Sonnabendabend mit der Polizei. Grund: Sein Haus war Ziel eines Einbruchs.

Die Täter flüchteten, als sie bemerkten, dass Hubert  P. zu Hause ist. Schaden hat er trotzdem. Denn die Einbrecher haben das Fenster zu seinem Schlafzimmer mit einer Stahlkugel eingeschlagen. „Wir haben uns gerade im Wohnzimmer aufgehalten, wie man das so macht am Sonnabendabend, die Rollläden waren heruntergelassen und die Zimmertür geschlossen“, berichtet Hubert  P.

Nach außen hin war daher nicht zu erkennen, ob die Familie zu Hause ist. „Wahrscheinlich haben sie sich deshalb unser Haus ausgesucht“, vermutet er. Plötzlich habe er einen sehr lauten Knall wahrgenommen. Aufgeschreckt von dem Geräusch begab er sich sofort auf die Suche nach der Ursache.

„Mit einer zerbrochenen Fensterscheibe hatte ich aber nicht gerechnet“, sagt er. Hubert P. schaltete das Licht in den übrigen Räumen des Hauses ein. „Wahrscheinlich sind sie dadurch abgehauen“, vermutet er. Das war gegen 19.35 Uhr. Sofort alarmierte er die Polizei, die etwa eine halbe Stunde später eintraf, unter anderem auch mit einem Fährtenhund, der die Einbrecher aufspüren sollte. Doch ohne Erfolg.

Die Fensterscheibe haben die Täter mit einer Stahlkugel eingeworfen, die auch noch im Schlafzimmer lag. Etwas größer als ein Tennisball, beschreibt er sie. Hubert P. überlegt inzwischen wegzuziehen, „doch das geht ja auch nicht ohne weiteres“. Sein Haus ist schon zum zweiten Mal betroffen gewesen. Im November 2011 waren schon einmal Einbrecher in sein Haus eingedrungen. Damals war er zum Zeitpunkt der Tat nicht zu Hause. „Jetzt hatte man sich gerade wieder aufgerappelt, sich wieder wohlgefühlt in den eigenen vier Wänden, und dann das“, sagt er, „man fühlt sich extremst unsicher.“ Rollläden runter ist für ihn keine Lösung: „Damit zeigt man ja noch: Es ist keiner da.“

Eine weitere Betroffene ist Martha O. (Name geändert). Auch in ihr Haus ist am Sonnabendabend eingebrochen worden – auch hier verschafften sich die Täter mit einer Kugel Zutritt, „vermutlich eine Boccia-Kugel“, erzählt sie. Die Familie war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause. Die Nachbarn hätten sogar Stimmen gehört. Sie seien jedoch davon ausgegangen, dass eine Party im Nachbarhaus gefeiert würde. Außerdem hatten die mutmaßlichen Täter das Licht in der Küche des Hauses eingeschaltet.

Martha O. ist besonders schockiert über die Zeit, die sich die Täter ausgesucht hatten: zur besten Abendbrot-Zeit, am Wochenende. „Es muss gegen 19 Uhr gewesen sein, wahrscheinlich waren sie gerade raus, als wir nach Hause kamen“, vermutet die Betroffene.

Durchwühlt hätten die Täter nichts. Offenbar musste es schnell gehen. Sie hätten lediglich Schubladen und Schranktüren geöffnet und geschaut, ob sie Handtaschen, Geldkassetten oder Briefumschläge und Schmuck sehen. „Meine Handtasche hatte ich zu Hause gelassen. Sie ist jetzt weg“, sagt Martha O. Bei ihr werden die Rollläden nun auch tagsüber geschlossen bleiben – auch wenn ihr das merkwürdig erscheint. „Rollläden lässt man doch nachts herunter, aber nicht, wenn man zur Arbeit geht“, sagt sie.

Der Einbruch habe ihr Leben verändert: „Man hat Angst, abends in den Garten zu gehen oder nach der Wäsche zu schauen, oder wenn man mal allein im Haus ist.“ Sicherheitstechnisch aufrüsten will sie auf jeden Fall. Aber die Angst bleibt – wie bei vielen anderen Otterslebern auch.

Fünf Einfamilienhäuser in Ottersleben hatten die Täter am Wochenende im Visier. Im Januar dieses Jahres hat die Polizei 22 Hauseinbrüche in Magdeburg festgestellt. Einen Schwerpunkt konnten die Beamten in Ottersleben ausmachen. Ob sich dieser Trend auch im Februar fortsetzt, scheint zumindest so, konnte am Montag jedoch nicht anhand von Zahlenmaterial belegt werden.

Der Bürgerverein „Bürger für Ottersleben“ kennt die Sorgen der Ottersleber, hatte Anfang des Monats auch zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, die auf rege Resonanz gestoßen war. 100 Bürger waren der Einladung gefolgt.

GWA-Sprecher Wigbert Schwenke sagt, das Thema werde auch während der nächsten GWA-Sitzung eine Rolle spielen, allerdings nicht, um gezielt über Maßnahmen zu sprechen. Von Bürgerwehren hält er ohnehin nicht viel, sagte er auf Nachfrage. Stattdessen sollten sich Nachbarn absprechen.

Die Polizei nimmt weiter Hinweise unter der Rufnummer 0391/546-1740 entgegen und fordert die Bürger auf, besonders aufmerksam zu sein. Sollten auffällige Fahrzeuge oder Personen im Wohngebiet gesichtet werden, sollte umgehend die Polizei informiert werden.