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Eltern klagen Kita-Platz-Krise spitzt sich zu

Der Mangel an Kitaplätzen in Magdeburg ist weiter groß. Aktuell sind fast 300 Familien auf der Suche. Abhilfe gibt es erst ab 2018.

Von Katja Tessnow 09.01.2017, 09:44

Magdeburg l René Specht klingt verzweifelt. Der Magdeburger und seine Frau arbeiten im Schichtdienst. „Wir haben eine Tochter, 9 Jahre, und einen Sohn, fast 3 Jahre alt“, schreibt der Vater an die Redaktion. Den Sohn bringen die Stadtfelder aktuell täglich in eine Kita im Neustädter Feld, weil in der näheren Umgebung kein Platz zu finden war. Das Problem: Der Krippenvertrag läuft Ende Februar – das Kind feiert am 5. Februar seinen 3. Geburtstag – aus. Hoffnung auf einen Anschlussvertrag für den Kindergarten macht die Einrichtung, die das Kind gerade besucht, den Eltern nicht – alles belegt.

„Seit über einem halben Jahr suchen wir nun vergeblich einen Kindergartenplatz“, so René Specht. Mehrfach habe seine Frau am Monatsende die Nacht vor dem Computer verbracht, um einen der dann jeweils um Mitternacht freigeschalteten Plätze im kommunalen Kitaplatz-Onlineportal zu ergattern – erfolglos. „Eine Mitarbeiterin des Jugendamtes hat uns ins Gesicht gesagt, dass wir die Stadt doch verklagen sollen.“ Genau das hat die Familie über einen Anwalt nunmehr offiziell androhen lassen.

Einen Kindergartenplatz für ihren Sohn hat ihr das am Neujahrstag verschickte Schreiben bis heute nicht beschert. Und Familie Specht ist kein Einzelfall. Parallel zu den Eltern in Not meldete sich auch Heidrun Skowronek in der Redaktion. Sie leitet die zeitweise in der Wiener Straße untergebrachte Kita Nordwest; Träger ist die Kitagesellschaft. Der eigentliche Kita-Standort in der Ostrowskistraße soll saniert werden.

„Bisher tut sich nichts. Wir fragen vergeblich nach dem Zeitplan. Von der Stadt gibt es keine Informationen. Das Architekturbüro darf keine Auskunft geben.“ Stattdessen habe das Jugendamt mit Datum vom 22. Dezember 2016 an alle Einrichtungen Briefe mit der Bitte um volle Ausschöpfung der Kapazitäten verschickt. „Beim Jugendamt sind mehr als 290 Eltern gemeldet, die auf einen Platz warten, aber wir sind voll.“

Die Einrichtung Wiener Straße sei für 114 Kinder gebaut, die Betriebserlaubnis aber für 124 ausgestellt worden. „Aber die 114 sind die Obergrenze, sonst kann man nicht mehr von Betreuungsqualität sprechen“, sagt Skowronek und sehnt den Rückzug an den sanierten Altstandort herbei, wo Platz für 135 Kinder sein wird.

Eltern auf Platzsuche stehen auch bei Heidrun Skowronek Schlange, „und wir sind nicht mal in der Mitte des Kita-Jahres“. Erst im Juli 2017 verlassen Einschüler die bis an den Rand gefüllten Einrichtungen. Die Kita-Leiterin teilt die Sorgen von Eltern auf Platzsuche.

Die Sozialbeigeordnete Simone Borris bestätigt auf Nachfrage den misslichen Zustand, macht aber wenig Hoffnung auf schnelle Abhilfe. „Vor 2018 werden Neubauten und Sanierungen nicht abgeschlossen sein.“ Heinz Ulrich, Leiter des für die Bauten zuständigen Eigenbetriebes Kommunales Gebäudemanagement Magdeburg (KGM) gibt zu Protokoll: „Vier Neubauten und fünf Sanierungen sind europaweit ausgeschrieben. Dazu kommen drei Sanierungen mit Bundesfördermitteln aus dem Krippenausbauprogramm.“ Hierzu gehört auch Skowroneks Kita. Ihr macht Ulrich im ersten Quartal 2018 Hoffnung auf Wiedereinzug. Für die restlichen Einrichtungen und die vier Neubauten ist erst im August und November 2018 der Bauabschluss geplant.

Eltern, die aktuell auf Platzsuche sind, hilft diese Aussicht nicht. Der verzweifelte Vater René Specht befürchtet Zuwachs für die Wutbürger, wenn die Stadt nicht schnellere Lösungen für die Kita-Platz-Misere findet und stellt fest: „Bei der Flüchtlingsunterbringung ging das doch auch.“