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Flüchtlinge Armenierin darf jetzt in Magdeburg bleiben

Karmen Nazaryan ist seit April 2017 wieder in Deutschland. Mit einem Arbeitsvisum darf die Armenierin nun legal in Magdeburg bleiben.

Von Stefan Harter 28.04.2017, 01:01

Magdeburg l „Es gibt so viele schlechte Nachrichten, da müssen doch auch mal die guten Geschichten erzählt werden“, meint Andreas Haese, als er die Volksstimme zum Besuch in seine Apotheke einlädt. Und der Grund ist in der Tat ein erfreulicher: Seine Mitarbeiterin Karmen Nazaryan ist seit zwei Wochen wieder an ihrem Arbeitsplatz – ganz legal mit einem Arbeitsvisum.

Die Volksstimme hatte 2016 mehrfach über die junge Frau aus Armenien und ihre drohende Abschiebung berichtet. 2004 reisten ihre Eltern mit ihr und ihrem Bruder nach Deutschland ein und stellten einen Asylantrag. Weil ihnen Schleuser dazu geraten hatten, gaben die Eltern an, aus dem Iran statt aus Armenien zu stammen. Die Aussichten auf einen positiven Bescheid würden so steigen, habe man ihnen gesagt.

Viele Jahre später, die Geschwister sind hier zur Schule gegangen und haben Deutsch gelernt, kam die Falschangabe heraus. Die gesamte Familie sollte daraufhin abgeschoben werden. Dabei hatte Karmen nach erfolgreicher Ausbildung einen festen Arbeitsvertrag in Andreas Haeses Apotheke. Freunde und Kollegen von Karmen Nazaryan und auch ihre Patienten hatten kein Verständnis für die Entscheidung der Behörden. Sie setzten alle Hebel in Bewegung, sammelten Unterschriften, um für ihren Verbleib zu kämpfen.

Das Engagement bewegt die Kunden der Apotheke wie auch die Leser der Volksstimme. Bei der Wahl zum Magdeburger des Jahres wird im Januar 2017 auch Andreas Haese für seinen Einsatz geehrt. Zu diesem Zeitpunkt war Karmen bereits in ihrem Heimatland. Denn mit der Ausländerbehörde wurde schließlich eine Lösung gefunden. Nach einer dreimonatigen Sperrfrist, die sie bei einem Onkel verbrachte, durfte sie Anfang April mit einem offiziellen Arbeitsvisum wieder nach Deutschland einreisen. Im Pass steht jetzt explizit, dass sie hier nur als pharmazeutisch-technische Assistentin in der Rats-Apotheke arbeiten darf. Würde das Arbeitsverhältnis enden, wäre auch die Erlaubnis verwirkt.

Alle sechs Monate muss Andreas Haese nun bestätigen, dass Karmen noch bei ihm arbeitet. Eine sinnvolle Regelung, findet er, um Missbrauch vorzubeugen. Anfang Mai soll sie auch noch einen Aufenthaltstitel erhalten. Dann ist es ihr auch möglich, aus Deutschland aus- und vor allem wieder einzureisen, wie sie erzählt.

Die Zeit in der alten Heimat war nicht einfach, sagt sie. „Die Sprache war schwierig, das Land war mir fremd“, erzählt sie. Ihr Chef und sein Mitarbeiter David Kruse besuchten sie dort auch. Vor und während ihres Aufenthalts dort kamen die Patienten und erkundigten sich nach Karmens Wohlergehen.

Seit zwei Wochen steht sie nun bereits wieder an der Kasse der Apotheke im Ulrichshaus und noch immer kommen täglich Patienten, die glücklich sind, sie wiederzusehen. „Gerade hat mich ein Patient umarmt, und sich gefreut, dass ich wieder da bin“, sagt sie gerührt, „das ist ein schönes Gefühl. Die ganze Arbeit war nicht umsonst gewesen.“ Und Andreas Haese ergänzt: „Das zeigt doch auch, dass die Leute denken: ‚Das ist einfach ein netter Mensch und es ist schön, dass wir den wieder hier haben.‘ Auch dass sich so viele mit dem Thema der drohenden Abschiebung auseinandergesetzt haben, hätte ich nicht gedacht.“

Dankbar ist Karmen Nazaryan den Mitarbeitern in der Ausländerbehörde. Erst sei sie zwar skeptisch gewesen, ob die Aus- und Einreise tatsächlich klappt. Aber die Vorbereitungen durch die Magdeburger Behörde und das Jobcenter hätten problemlos funktioniert. Auch in der deutschen Botschaft in Eriwan sei alles viel schneller vorangegangen als erwartet.

Auch ihr Bruder hat mittlerweile Hoffnung, in Deutschland bleiben zu können. Er absolviert derzeit eine Ausbildung zum Pflegehelfer. Danach will er sich noch zum Altenpfleger ausbilden lassen, ein Beruf, der in Deutschland ebenfalls stark nachgefragt wird. Darüber steht ihm jetzt das Visum in Aussicht.

Nur um ihre Eltern macht sich Karmen Nazaryan weiter Sorgen. Sie erwartet weiterhin die Abschiebung. Derzeit wird sie nur aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt. „Gibt der Amtsarzt sein Okay, könnten sie abgeschoben werden“, sagt sie. „Das kann man sich gar nicht vorstellen, welcher Druck das ist“, meint Andreas Haese.