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Hochwasser Forscher nehmen Elbe unter die Lupe

Welche Folgen hat eine Flutwelle der Elbe? Dieser Frage gehen Wissenschaftler in Magdeburg auf dem Forschungsschiff Albis nach.

Von Franziska Ellrich 20.09.2017, 01:01

Magdeburg l Routiniert verteilt Sven Bauth die Rettungsringe auf dem Forschungsschiff Albis im Winterhafen in Magdeburg. Sven Bauth ist Techniker am Department Fließgewässerökologie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Magdeburg und steuert das Schiff, das unterwegs zum Wehr Geesthacht in Schleswig-Holstein ist.

Die Wissenschaftler und Techniker an Bord der Albis nehmen Proben aus der Elbe und lassen Messsonden hinab in den Fluss, um unter anderem Temperatur, Nährstoff-, Schwebstoff- und Kohlenstoffgehalt zu bestimmen.

Die Technikerinnen Heike Goreczka und Ute Link vom Helmholtz-Zentrum werten gleich unterwegs im Bordlabor die Proben aus und bereiten Wasserproben für die Analyse im Labor vor. Das Wasser müsse relativ schnell untersucht werden, erklärt Wissenschaftlerin Dr. Martina Baborowski, da sonst die gelösten Stoffe im Wasser sich an Schwebstoffe anlagern und damit das Ergebnis verfälschen könnten.

Auf jede Menge Vergleichswerte können die Wissenschaftler für den Magdeburger Elbabschnitt schon zurückgreifen. Bereits in den 1980er Jahren wurden Proben im Fluss genommen.

Das Forschungsschiff Albis gab es damals allerdings noch nicht. Nur 40 Zentimeter Tiefgang hat die Albis, damit auch die flachen Uferbereiche der Elbe erreicht werden können. Sven Bauth hat extra einen Sportbootführerschein gemacht, um das Forschungsschiff zu fahren. Das ist auf knapp 15 Metern Länge konstruiert worden, so dass der Sportbootführerschein auch ausreicht. Das Schiff sei „sehr windanfällig und nicht ganz so leicht zu manövrieren“, so der Techniker aus Erfahrung.

Deswegen wurde kürzlich ein Autopilot eingebaut, der den Kurs hält. Techniker Bauth: „Sonst wäre ich rund um die Uhr damit beschäftigt, am Rad zu drehen.“ Ganz langsam steuert Sven Bauth flussabwärts, im Schnitt mit 15 Kilometern pro Stunde. Mehr geht nicht. Für die Wasserproben sei das allerdings genau das richtige Tempo. Schließlich soll kein Sediment aufgewirbelt werden, macht Martina Baborowski deutlich.

Auch das Sediment, also den Boden der Elbe, untersuchen die Forscher vom Helmholtz-Zentrum regelmäßig. Was heute noch auf dem Boden der Elbe in Dresden lagert, kann mit der Flutwelle des nächsten Hochwassers immer weiter in Richtung Magdeburg getragen werden. Wie diese Stoffströme funktionieren, wie lange es dauert, bis das Sediment weiterbewegt wird, will man beim Helmholtz-Zentrum wissen.

Während des Hochwassers 2002 hat man zum Beispiel die nicht ungefährlichen Stoffe Blei und Arsen in hoher Menge gemessen. Weil unter anderem Stollen im Altbergbau im Erzgebirge eingestürzt und Halden abgespült wurden, waren die Stoffe in die Elbe gelangt. Noch sechs Jahre später fanden die Wissenschaftler diese Spuren des Hochwassers im Sediment, erinnert sich Martina Baborowski.

Und einmal mehr wird deutlich: Der Stofftransport ist langsam. Wenn also eine Eintrittsquelle geschlossen oder ein Bereich der Elbe saniert werde, müsse man geduldig sein, bis sich die positiven Auswirkungen zeigen.

Früher haben die Forscher auf dem 20 Jahre alten Schiff übernachtet, heute gehen sie dafür an Land. Anlegen können die Forscher mit dem 15 Meter langen Schiff in den Häfen des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes. Später wird die Fahrt nach Wittenberge fortgesetzt. Dort steigen Kollegen vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht dazu. Dann wird gemeinsam gemessen und die Methoden verglichen.

Ein erster Schritt in Richtung „Moses“: Die Helmholtz-Gemeinschaft entwickelt gerade ein flexibles und mobiles Erdbeobachtungssystem. Neun Helmholtz-Zentren arbeiten dafür zusammen, werden ihre Messergebnisse gemeinsam aufarbeiten. Mit dem Ziel: Hitzewellen, Starkregen oder Überflutungen sicherer voraussagen und Auswirkungen einordnen.

Aufschlussreiche Werte sollen auch die Messungen des Zeppelins bringen, der von Cuxhaven aus die Elbe hinauf fliegen soll. Denn während auf dem Schiff aus Magdeburg ab Wittenberge sechs Wissenschaftler arbeiten, sind dieser Tage rund 15 weitere Forscher im Einsatz, um die komplizierten Prozesse bei Starkregen im Einzugsbereich der Elbe besser zu verstehen.

Unter anderem geht es um Antworten auf die Fragen: Wie werden Nährstoffe über den Niederschlag, Pflanzen und Böden in die Elbe und letztendlich in die Nordsee transportiert und wie beeinflussen sie dort im Meer das Algenwachstum? Läuft alles nach Plan, kommt die Albis später wieder im Winterhafen in Magdeburg an. Und die Arbeit mit den neu gewonnenen Daten kann beginnen.