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Hochwasserschutz "Genialer Schachzug" gegen die Flut

Magdeburg wäre heute besser auf ein Extremhochwasser vorbereitet als noch 2013. Das sagt Beigeordneter Holger Platz.

Von Jana Heute 10.11.2016, 13:26

Magdeburg l Die Elbestadt soll künftig für einen Pegelstand von 7,80 Meter an der Strombrücke gewappnet sein. Das war erklärtes Ziel nach der Flut von 2013, als 7,47 Meter gemessen wurden. Wie weit ist die Stadt und mit ihr der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) mit dem Abstellen der Schwachstellen? Eine Zwischenbilanz.

Ertüchtigung der Uferbereiche
Auf dem Werder wird das neue Bollwerk gegen die Flut sichtbar. Die Uferschutzmauern in der Zollstraße, Oststraße und Turmschanzenstraße und in Buckau (Bleckenburgstraße, Elbstraße) stehen kurz vor dem Abschluss. Auch der Deichausbau im Herrenkrug läuft auf Hochtouren und soll bis Ende 2018 abgeschlossen sein. Das große Schlupfloch an der Bahnlinie (die Durchfahrt musste bei Hochwasser verbarrikadiert werden) wird damit gestopft. Der Deich wird insgesamt um bis zu 1,40 Meter erhöht.

Operative Verteidigung
Vorn ein großer Sandsackwall, hinten flutete das Wasser durch die Kanäle in die Siedlung Rothensee. Das soll nicht mehr passieren. Die Stadt beauftragte die SWM, an 17 Stellen Schieber zur Trennung von Kanaleinläufen in die Saalestraße einzubauen, gab dafür gut 300.000 Euro aus.

Für die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen im Hafen gebe es hingegen noch kein Zeitfenster. Deshalb seien die operativen Maßnahmen so wichtig, betont Platz. Diese seien für Rothensee komplett durchgeplant. So wird es im Katastrophenfall einen Sandsackwall in doppelter Ausführung geben. Das sei mit den Anwohnern genau durchgesprochen. „In Rothensee würde heute alles anders laufen“, meint Platz. Hier habe er inzwischen ein gutes Gefühl und man den Rücken frei für andere Problembereiche, zum Beispiel in Pechau.

Schwachstelle Umflutkanal Pechau
Der Deich gilt bei Experten als nicht mehr standsicher. 20.000 Ostelbier sind im Katastrophenfall bedroht. Bis zum umweltverträglichen Ausbau soll nun eine Spundwand helfen. Baustart: noch diesen Winter. Fertigstellung: möglichst bis Mitte 2017. Platz verteidigt die 5 Millionen Euro teure Zwischenlösung, die eigentlich keine sei, denn die Spundwand bleibe auch beim eigentlichen Deichausbau später erhalten. Er bezeichnet die Lösung als „genialen Schachzug des LHW“, der die nötige Luft verschaffe.

Schwachstelle Umflutkanal und Alte Elbe im geschützten FFH-Gebiet
Ein langfristiger Unterhaltungsplan soll Fehlentwicklungen korrigieren und dennoch dem Naturschutz Rechnung tragen. Den Anfang machte die Entfernung von 2000 artfremden Gehölzen. „Hier gilt Sorgfalt vor Geschwindigkeit“, sagt Platz.

Einsatzgebiet
Zur Hochwasserbekämpfung besteht das Stadtgebiet im Katastrophenfall künftig aus drei Einsatzabschnitten mit eigenen technischen Einsatzleitungen (Innenstadt, Ostelbien und Rothensee). Das heißt, die Katastrophenabwehr wird vor Ort gemanagt. Drei Spezialeinsatzfahrzeuge, ausgestattet mit Funk, Satellit und Internet, stehen dafür zur Verfügung.

Ausstattung
Angeschafft wurden u. a. ein Mehrzweckfahrzeug für die Freiwillige Feuerwehr Randau, zwei Kommandowagen, fünf Rollcontainer mit Pumpen und Beleuchtungsmitteln sowie drei Großstromerzeuger. Bis Ende dieses Jahres werden dafür mehr als 1,6 Millionen Euro investiert. Bis Ende 2019 werden weitere Vorhaben für ca. 3,45 Millionen Euro realisiert, u. a. ein neues Katastrophenschutzlager eingerichtet.

Sandsacklogistik
Als Standorte für die Befüllplätze wurden aktuell die Parkplätze Virchowstraße, Elbbahnhof, Tessenowstraße sowie das Kieswerk Rothensee ausgewählt. Eine Sandsackfüllmaschine wird zudem angeschafft. Kosten: ca. 260.000 Euro.

Wissen und Kräfte vor Ort nutzen
Die freiwilligen Feuerwehren vor Ort sollen stärker eingebunden werden und verantwortliche Funktionen übernehmen. „Hier gab es 2013 in Rothensee Probleme“, räumt Holger Platz ein. Er sei sehr froh, dass sich Freiwillige gemeldet haben, die als Hochwasserschutzbeauftragte ein wichtiges Verbindungsglied zu den Einsatzzentralen werden sollen. „Sie geben uns Informationen und nehmen wichtige Hinweise aus der Bevölkerung auf“, erklärt der Beigeordnete.

Der Informationsfluss insgesamt soll zudem deutlich verbessert werden. Ein Thema sind die neuen Medien. Die Bürgerhotline wurde auf 44 Arbeitsplätze verstärkt, 20 Fahrzeuge des Ordnungsamtes wurden mit mobilen Lautsprecher- und Warnanlagen ausgerüstet.

Hochwasserszenarien
Künftig weiß die Stadt besser, wo im Notfall evakuiert werden muss. Simulationen zeigen, wohin und wie schnell das Wasser fließen wird.