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Jugendprojekt Was steckt hinter dem Familienfoto?

„Das Haus“ ist ein neues Projekt am Magdeburger Puppentheater. Deutschen und ausländischen Jugendlichen erzählen darin ihre Geschichten.

Von Peter Ließmann 14.10.2016, 01:01

Magdeburg l Ein Mädchen betritt einen dunklen Raum, ganz langsam bewegt sie sich vorwärts, Stille. Ihr Fuß stößt an etwas, einen alten Bilderrahmen mit einem Familienfoto darin. Darauf sind eine Frau, ein Mann und offensichtlich deren beider Kind zu sehen. Alle machen glückliche Gesichter. So beginnt das Stück „Das Haus“. Oder besser gesagt das Projekt „Das Haus“. Premiere ist am morgigen Sonnabend, die ist allerdings bereits ausverkauft. Karten gibt es noch für die Sonntagsvorstellung (16. Oktober, 16 Uhr).

Das Besondere an dem Stück ist, dass es von Jugendlichen auf die Bühne gebracht wird. Das ist beim ersten Hinsehen nicht so ungewöhnlich. „Das Haus“ wird aber gefüllt von Jugendlichen ganz unterschiedlicher Nationalität, von Deutschen und Flüchtlingen. Sie alle erzählen Geschichten aus ihrer Erlebniswelt - anrührend, verstörend, kraftvoll. Dabei nutzen sie die Möglichkeiten des Puppenspiels, sie sind Schauspieler und Tänzer, Regisseure, Bühnenbildner - eben alles, was ein Theaterspiel ausmacht. Professionell werden die Jugendlichen dabei von Marlen Geisler, Michael Morche, Christian Sasse und Melanie Schwitzer unterstützt.

Ab September 2015 haben sich die Jugendlichen getroffen, haben sich kennengelernt und in mehreren Workshops ihr Stück entwickelt. „Dabei gab es am Anfang durchaus große Verständigungsschwierigkeiten, die von den Jugendlichen aber mit Händen und Füßen und mit Google-Translater gemeistert wurden“, berichtet Puppentheater-Pressesprecher Jesko Döring. Und auch sehr tragische Momente gab es, denn einige der jugendlichen Flüchtlinge mussten wieder aus dem Projekt ausscheiden, da sie abgeschoben oder aber in andere Städte verlegt wurden.

Aber dann „stand“ das Stück doch. Anfang dieser Woche wurde die Bühne im Puppentheater „erobert“, gestern fand die Generalprobe statt.

Wenn das Mädchen morgen das besagte Bild betrachtet, wird sie sich die Frage stellen, ob die Familie tatsächlich so glücklich ist, wie sie auf dem Foto aussieht - und an diesem Gedanken entfalten die jungen Schauspieler ihre Geschichten, mit denen sie „ihr Haus“ füllen werden.

Die Idee zu diesem sehenswerten Projekt entstand im vergangenen Jahr während der 5. Kinder-Kultur-Tage Magdeburg, die vom Puppentheater ausgerichtet werden. Das Motto war damals „Erzähl mir was aus deiner Welt“, im Mittelpunkt standen die Förderung des interkulturellen Austausches. „Das Haus“ entwickelte sich dann zu einem theaterpädagogischen Modellprojekt des Landes Sachsen-Anhal und des Puppentheaters, als Kooperationspartner konnte der Verein „Refugium“ gewonnen werden. Und dokumentarisch begleitet werden die Jugendlichen vom Projekt „Knipsen“ der Hochschule Magdeburg-Stendal.