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Kandidat Ein Mann für die Zukunft

Die Volksstimme sucht wieder den Magdeburger des Jahres. Nominiert ist auch Ralf Weigt für sein großes soziales Engagement.

Von Michaela Schröder 09.12.2015, 00:01

Magdeburg l Was hier in ein paar Zeilen Platz finden muss, macht einen Großteil des Lebens von Ralf Weigt aus. Engagement und klare Worte gehören zu seinem Leben wie der Dienst an den Mitmenschen. Für den geborenen Magdeburger ist die ehrenamtliche Arbeit ein wertvoller Beitrag für die Gemeinschaft und das Zusammenleben. In vielen Teilen überschneiden sich sein Ehren- und Hauptamt als Sozialarbeiter beim Spielwagen e. V.

Ralf Weigt hat gemeinsam mit dem Spielwagen und vielen freiwilligen Helfern in den vergangenen Monaten ein Verteilernetz in der Stadt etabliert, über das Lebensmittelreste gespendet statt weggeworfen werden können. „Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass wir heute über die Lebenschancen kommender Generationen entscheiden. Heute für morgen handeln - das ist Nachhaltigkeit“, betont Weigt. Auch in vielen anderen Situationen bemüht sich Ralf Weigt, nachhaltiges Denken umzusetzen. Ihm selbst ist ein nachhaltiger Lebensstil wichtig.

Er koordiniert das Projekt „Lebensmittel retten Magdeburg“ des Spielwagen e. V. Der Verein beteiligt sich aktiv an der Sammlung, Verwendung und Verwertung von Lebensmitteln, die sonst im Müll landen würden. Das Kinder- und Familienzentrum „Emma“ ist Verteilerstützpunkt von Lebensmitteln, die von Händlern oder Privatpersonen abgegeben werden. Mehrmals die Woche werden Kisten mit Brot, Brötchen, Obst und Gemüse geliefert und können kostenfrei abgeholt werden. Im vergangenen Jahr konnten so etwa 5000 Kilogramm Lebensmittel vor der Mülltonne gerettet werden. Daneben gibt es im Netzwerk Facebook eine Tauschgruppe, die Lebensmittel zur Abholung anbietet, auch gern aus eigener Ernte.

Das Projekt hat nicht nur einen der Umweltpreise der Landeshauptstadt Magdeburg erhalten, sondern wurde auch kürzlich mit einem Sonderpreis beim Umweltpreis Sachsen-Anhalt ausgezeichnet.

Sein Streben nach mehr Nachhaltigkeit beschränkt Ralf Weigt aber nicht auf sein soziales Engagement. Vielmehr zieht es sich durch sein ganzes Leben. Und darum versucht er, auch im Alltag möglichst nachhaltig zu leben.

An Ideen mangelt es dem 35-Jährigen bei seinem ehrenamtlichen Engagement nie. Als die Ausstellung „Sinnlichkeit“ in der alten Justizvollzugsanstalt (JVA) in Magdeburg zu Ende geht, werden die riesigen Big Packs, gefüllt mit Erde und Blumen oder Obst und Gemüse, aus dem Projekt Urban Gardening vom Spielwagen e. V. verladen und an Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt geliefert. Dort sollen die Beete bepflanzt werden und auch als Mittel der Völkerverständigung dienen.

„Die Gärten sollen außerdem zur Selbstversorgung der Bewohner, zum gemeinsamen Gärtnern und als Treffpunkt, um gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen, dienen“, erklärt Ralf Weigt, Koordinator der Aktion. Die Idee des sogenannten Urban Gardening, das Gärtnern inmitten der Stadt, will Weigt in Magdeburg weiter voranbringen. Eine nachhaltige Bewirtschaftung, umweltschonende Produktion und ein bewusster Konsum getreu dem Motto „Vom Garten direkt in die Küche“. Eine Idee dabei: Stadtteilgärten, in denen alle gemeinsam etwas anbauen und als Nebeneffekt voneinander lernen können. Perspektivisch sollen dort auch pädagogische Angebote für die benachbarten Schulen oder Flüchtlinge gemacht werden.

Gemeinsam mit Simon Becker vom sunrise e. V. legt der 35-jährige Magdeburger im Sommer zudem den Grundstein für das Willkommensbündnis Stadtfeld. „Circa 70 Stadtfelder von Jung bis Alt und bunt gemischt“, beschreibt Ralf Weigt die Teilnehmer. Sie sammeln Ideen, um ihren künftigen Nachbarn die Ankunft in der neuen Heimat zu erleichtern. Um ihnen die Orientierung in einer fremden Stadt und dem ebenso fremden Land zu erleichtern, haben sich die Mitglieder einiges überlegt.„Es gibt viele Wege, Flüchtlingen zu helfen, sich in Magdeburg einzuleben“, erzählt Ralf Weigt. Das Willkommensbündnis will Alltagshilfen entwickeln, Begegnungsmöglichkeiten, Zugänge zu den Sportvereinen schaffen und die Überwindung von Sprachbarrieren angehen. Die Initiative bietet deshalb nicht nur Deutsch- und Integrationskurse für Flüchtlinge an. Ein monatliches Willkommens-Café gehört ebenso dazu wie Kochkurse oder Ämterbegleitung. Der lockere Zusammenschluss engagierter Stadtteilbewohner hatte im September zudem ein viel besuchtes Fest für Flüchtlinge auf dem Schellheimerplatz organisiert.

„Wir wollen auf zivilgesellschaftlicher Ebene die Flüchtlinge willkommen heißen, ihnen Schutz gewähren, sie unterstützen, sich hier zurechtzufinden und für einen toleranten Stadtteil eintreten“, so Weigt. Zudem ist der 35-jährige Magdeburger im Sprecherrat der Gemeinwesenarbeitsgruppe (GWA) Stadtfeld-Ost. Wer Fragen hat zum Magdeburger Stadtteil Stadtfeld-Ost, ruft ihn an. Wer ein Anliegen hat, kann sich relativ sicher sein, dass Weigt auf seiner Seite ist. Es sind diese scheinbar kleinen Situationen im Alltag, die Ralf Weigt zu Spontaneinsätzen verleiten.

Nebenbei kocht er noch in seiner Freizeit mit behinderten Erwachsenen der Pfeifferschen Stiftungen.

In Magdeburg geboren, in Texas und Stadtfeld aufgewachsen, Zivildienst in den Pfeifferschen Stiftungen, an der Hochschule Magdeburg-Stendal studiert – Ralf Weigt ist bis heute seiner Heimat treu geblieben. Beruflich und privat hat er sein Glück gefunden.

„Ich bin froh, dass ich eine Partnerin gefunden habe, die mich unterstützt und mir den Rücken freihält“, erzählt der Sozialarbeiter. Dankbar ist Ralf Weigt auch seiner Chefin Liane Kanter vom Spielwagen e. V. für die kontinuierliche Unterstützung. „Sie lässt mir genügend Freiräume in meiner Arbeit“, so Weigt.

Neue Urbanität, lokale Vielfalt, Wiederentdeckung des Miteinanders, Renaissance des Selbermachens sind für Ralf Weigt wichtige Punkte für Magdeburgs Zukunft und dafür will sich der 35-Jährige auch in den kommenden Jahren weiter stark machen.

Für Ralf Weigt sorgt die Nominierung zum Magdeburger des Jahres 2015 übrigens für ein mulmiges Gefühl. Es sei ein Unterschied, ob man eine Botschaft transportiere oder – wie jetzt – selbst zu einer werde.

Alle Informationen zur Abstimmung finden Sie auf unserer Seite zum "Magdeburger des Jahres".