1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Magdeburg bereitet sich auf den Ernstfall vor

KatastrophenschutzMagdeburg bereitet sich auf den Ernstfall vor

Der Katastrophenschutz bereitet alles vor, damit in Magdeburg nicht alles zusammenbricht, wenn es zu einem „Blackout" kommt.

Von Peter Ließmann 30.09.2016, 01:01

Magdeburg l Das Lebenselixier des öffentlichen Lebens ist der elektrische Strom. Ohne ihn bricht es zusammen - ein „Blackout". Kaum jemand geht davon aus, dass dies auch wirklich eintreffen könnte – außer der Katastrophenschutz.

Auf dem Hof der Hauptfeuerwache in der Peter-Paul-Straße steht das Notstrom-Großaggregat der Feuerwehr. Es hat eine Leistung von 250 kVA und kann sowohl an ein Hausstromnetz angedockt werden als auch an eine Trafostation. Zwei weitere wird die Stadt in den nächsten Monaten zum Preis von rund 80.000 Euro pro Stück anschaffen. Die drei Generatoren gehören zum Notfallplan der Stadt.

Mit den mobilen Stromerzeugern wird im Ernstfall die Kernverwaltung der Stadt mit Strom versorgt. „Dazu gehören etwa das Ordnungsamt, das Tiefbauamt und die Gesundheitsbehörden“, sagt Helge Langenhan, Leiter des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz.

Zu den drei Generatoren der Feuerwehr kommen drei ähnliche der SWM, auf die zurückgegriffen werden könne. Ziel ist es, 14 Tage lang die Notstromversorgung aufrechtzuerhalten. Der nötige Treibstoff dafür wird vorgehalten, denn die Notstromaggregate werden mit Dieselmotoren angetrieben. „Wir können aber auch auf die Treibstofflager im Hafen zurückgreifen“, sagt Langenhan.

Aber nicht nur die Notstromversorgung des Rathauses ist im Ernstfall äußerst wichtig. Die großen Krankenhäuser verfügen über Dieselgeneratoren, auch Polizei und andere Sicherheitsbehörden sollten Notversorgungen installiert haben. „Seit 2007 haben wir aber auch damit begonnen, sogenannte ,kritische Infrastruktur-Firmen‘ in Magdeburg für eine Strom-Nofallversorgung zu gewinnen“, sagt Helge Langenhan.

Zusammen mit IHK und Polizei wurde eine entsprechende Liste von 150 Firmen erstellt. Unter anderem gehören Banken dazu, Logistikunternehmen, große IT-Dienstleister, Pflegeheime, der Lebensmittelhandel, Presse, Funk und Fernsehen, medizinische Einrichtungen, große Wohnungsunternehmen und vor allem auch Tankstellenbetreiber. „Wir haben sie alle zu einem Symposium eingeladen und aufgeklärt.“

In den kommenden Monaten sollen alle Firmen erneut angeschrieben werden, um nachzufragen, ob sie Notstromaggregate angeschafft haben. Das Problem, so Langenhan: „Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die die Unternehmen grundsätzlich dazu verpflichtet. Das ist nach meiner Auffassung nicht richtig.“ Besser wäre es, die entsprechenden Firmen würden zur Strom-Notfallversorgung verpflichtet und der Staat würde dabei über Fördermittel finanzielle Hilfestellung leisten, meint er.

Die Stromversorgung ist aber nur ein Teil des Katastrophenschutzplans der Stadt für den Fall, dass der Strom in Magdeburg länger ausfällt. Immer, wenn der Strom großflächig in Magdeburg ausfällt, werden automatisch alle Mitglieder des Katastrophenstabs der Stadt informiert und zusammengerufen. In der Hauptwache der Feuerwehr steht dafür ein Lagezentrum mit 44 PC-Arbeitsplätzen zur Verfügung. „Wir sind auch mit den Krisenstäben des Landes und des Bundes vernetzt“, sagt Lagenhahn.

Für die Notversorgung der Bevölkerung gibt es einen entsprechenden Krisenplan und eine „Rettungskette“ wird in Gang gesetzt. „Bei Stromausfall müssen Menschen aus Fahrstühlen befreit werden, der Krankentransport und der Brandschutz muss gesichert werden und vieles mehr.“

Wie umfangreich und schwierig das ist, zeigt das Beispiel der Dialyse- und Beatmungspatienten. „Es gibt immer mehr Menschen, die an Geräte zur Lebenserhaltung angeschlossen sind. Diese Geräte verfügen zwar über Akkus, die aber nur zwischen zwei und sechs Stunden halten. Von den Betroffenen in Pflegeheimen wissen wir oft, von denen in Privathaushalten aber so gut wie nichts. Das wird dann zum Problem“, sagt Langenhan.

Seine Bitte: Alle Betroffenen sollten regelmäßig der Feuerwehr-Leitstelle gemeldet werden. Zur Information der Bevölkerung setzt die Stadt auf Fernsehen, Rundfunk und auch auf die sozialen Netzwerke wie Twitter und Facebook.

Daneben ist die Stadt an die bundesweite Notfall- und Informations-App (Nina) des Bundesamtes für Katastrophenschutz angeschlossen. „Und wir haben auch noch 20 Lautsprecherwagen, die wir losschicken werden“, sagt der Brandschutzamts-Chef. „Wichtig ist im Katastrophenfall auch, dass sich die Menschen im Notfall an die Feuerwehrdepots und die Polizeistationen wenden.“ Der Magdeburger Katastrophenschutz verfügt übrigens über ein eigenes, autarkes Kommunikations-System, das nicht vom öffentlichen Telefonnetz abhängig ist.

Eine Wasser-Notversorgung gibt es in Magdeburg auch. Das sind die im Stadtgebiet verteilten öffentlichen Handpumpen, die an separate Brunnen angeschlossen seien. Aber, so Langenhan, das Wasser daraus sei kein sofort nutzbares Trinkwasser. Es müsse abgekocht werden. Folglich sei jeder gut beraten, einen Trinkwasservorrat zu Hause anzulegen.

Überhaupt empfiehlt Langenhan den Bürgern, Vorräte für den Notfall anzulegen. „Man kann davon ausgehen, dass die Lebensmittelversorgung bei einem Stromausfall von mehr als vier Tagen zusammenbrechen wird, da es wegen Treibstoffmangels keinen Nachschub gibt, der Geldverkehr nicht mehr funktioniert und alle frischen und eingefrorenen Lebensmittel verdorben sind.“

Es würde zwar Notfallunterkünfte geben, diese werden aber überfüllt sein, und es würden viele Menschen aus dem Umland in die Städte strömen, in der Hoffnung, dort Lebensmittel zu finden. „Im Winter wird sich die Situation wegen der Kälte verschärfen“, malt Langenhan ganz bewusst „den Teufel an die Wand“, um die Magdeburger für das Thema zu sensibilisieren.