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Kunstprojekt Stühlerücken im Hundertwasserhaus

Für ein Kunstprojekt im Magdeburger Hundertwasserhaus verwandeln Schüler alte Stühle in ihren Platz im Leben.

Von Christina Bendigs 09.05.2017, 01:01

Magdeburg l „Mein Platz in diesem Leben“ heißt die neue Installation im kleinen Hof des Magdeburger Hundertwasserhauses. Mitte Juni 2017 wird sie aufgebaut. Sie setzt sich zusammen aus kunstvoll gestalteten Stühlen.

Hinter einem Holzzaun im Foyer der Lindenschule Burg stehen sie aufgereiht, die Stühle, die Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung gemeinsam mit ihren Lehrerinnen gestaltet haben. Einer ist schöner als der andere. Und der künstlerische Leiter des Hundertwasserhauses, Matias Tosi, ist ganz gerührt. Denn innerhalb kürzester Zeit hat die Schule seine Idee umgesetzt. „Ich habe unsere Vorstellungen am Telefon nur angedeutet“, erzählt er. Was Lehrer und Schüler am Ende daraus machten, hätte er sich nicht träumen lassen.

Schon bald sollen die Kunstwerke im Hundertwasserhaus zu sehen sein – in einer Skulptur, die im kleinen Innenhof des Gebäudes aufgebaut wird. Ein Baum aus Holzpfählen wird dort errichtet. Die Stühle werden daran angehängt.

Damit auch jeder Schüler würdig geehrt wird für seine Arbeit, werden die Stühle in einer Art kleinen Show nach und nach an dem Holzgerüst installiert. Auf den Stühlen werden Besucher des Hundertwasserhauses vorerst also nicht sitzen können. Dafür wären die kunstvollen Unikate auch viel zu schade.

Aber die Vertreter des Hundertwasserhauses werden alle 35 Stühle kaufen. So viel steht fest. Und der Erlös kommt dann wieder der Schule zugute. Was nach der Ausstellung im kleinen Innenhof mit den Stühlen passiert, ist noch offen, berichtet Matias Tosi. „Es wäre natürlich schön, wenn sie bei uns im Haus bleiben würden“, sagt er. Aber auch eine Versteigerung sei denkbar. Der Erlös soll dann ebenfalls in künftige gemeinsame Projekte fließen.

Die Skulptur steht unter dem Motto „Mein Platz in dieser Welt“, berichtet Matias Tosi. Und dass dabei mit der Lebenshilfe und der Lindenschule aus Burg zusammengearbeitet wurde, sei auch ein Beitrag zur Integration. Schließlich müssten auch jene Kinder und Jugendliche, die dort unterrichtet und auf eine Arbeit in den Lebenshilfewerkstätten vorbereitet werden, ihren Platz im Leben finden.

Matias Tosi sieht in der Installation jedoch auch einen Bezug zur Umwelt. Die Stühle sind einst mit dem Holz aus einem Baum gefertigt worden. Nun kehren sie zurück. Dabei wurden keine neuen Stühle verwendet, sondern jene, die eigentlich auf dem Sperrmüll und damit wohl in einer Müllverbrennungsanlage gelandet wären. Dass es sich lohnt, solche Stühle aufzuheben und etwas daraus zu machen, zeigen die entstandenen Kunstwerke.

Die Schule startete einen Aufruf, dass sie alte Stühle sammele. Daraufhin gaben immer mehr Leute Stühle ab. Jeweils ein bis drei Kinder arbeiteten an einem Stuhl. Schulleiterin Almut Stutzer und Projektleiter Frank Hahnke sagten, dass es für die Schüler ein tolles Projekt gewesen sei. Denn die Zielstellung ging weit über das normale Unterrichtsgeschehen hinaus. „Sie waren mit einer unheimlich großen Motivation dabei“, erzählt Frank Hahnke.

Für das Hundertwasserhaus ist das Projekt eine Möglichkeit, auch Menschen aus der Region für das Haus zu begeistern und nicht nur Touristen und Magdeburger, die ohnehin regelmäßig daran vorbeikommen.