LärmschutzWende im Magdeburger Öko-Haus
Wende im Lärmstreit um das Öko-Zentrum in Magdeburg: Die Beschränkungen wurden vorerst ausgesetzt. Anwohner fühlen sich allein gelassen.
Magdeburg l Ihren Namen wollen die beiden Familien, die sich mit der Volksstimme getroffen haben, nicht in der Zeitung lesen. Aus Angst vor weiterem Ärger, wie sie sagen. Sie berichten von jahrelangen Lärmproblemen, nennen das Öko-Zentrum (kurz Özim) eine „Disco“ und fühlen sich zu Unrecht als die „Bösen“ hingestellt. „Gegen Veranstaltungen am Tage mit Kindern haben wir doch gar nichts. Wir wollen nur unsere Ruhe“, sagen die beiden Paare. Das Lärmprotokoll, das sie akribisch führen, belege aber, dass ihnen diese nicht gegönnt wird.
Sie seien auch nicht die Einzigen, die sich im Neubaugebiet am Milanweg durch die Privatfeten beim Nachbarn gestört fühlen. Auf einer Unterschriftenliste stünden neben ihren eigenen zehn weitere. Die seit Februar 2017 geltenden Beschränkungen (Feiern nur bis 22 Uhr, nicht an Sonn- und Feiertagen) finden sie gut. „Das ist eigentlich ein guter Kompromiss für alle“, sagen sie.
Überhaupt sei die Vermietung an Dritte bisher nicht legitimiert gewesen. Auch der Limiter, der die Musikanlage auf 45 Dezibel beschränken soll, würde nicht genutzt und Vermietungen an 18-Jährige gibt es auch, so die Vorwürfe. Beides sind Maßnahmen des Öko-Zentrums, um Lärmprobleme von vornherein zu vermeiden.
Frank Friedrich, Leiter des Öko-Zentrums, räumt Letzteres ein. „Das ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt“, sagt er. In diesem Fall hätten die Eltern der 18-Jährigen versichert, für Ordnung zu sorgen. Das habe leider nicht geklappt. Dass der Limiter seinen Dienst verrichtet, davon haben sich kürzlich erst Vertreter der Stadtverwaltung bei einem Vor-Ort-Termin überzeugt. Und dass sich seine Einrichtung über die Vermietung der Räumlichkeiten mitfinanziert, hat zuletzt 2015 der Stadtrat abgesegnet, führt er weiter an.
Wie von seinen Nachbarn gefordert, sich über Vorträge oder Seminare zum Thema Umwelt und Ökologie zu finanzieren, wünsche er sich auch, sagt er. Allein seien die Räume dafür zu klein. Eine institutionelle Förderung sei „utopisch“, so Friedrich.
Bereits mitgeteilt wurde ihm, dass die 24 vor dem Bescheid über die Nutzungsbeschränkungen geschlossenen Veranstaltungsverträge zu den alten Konditionen stattfinden dürfen. Dass es eine komplette Aussetzung der neuen Regeln gibt, war ihm am Dienstag jedoch noch nicht bekannt.
Die Pressestelle der Stadtverwaltung teilte dies auf Anfrage der Volksstimme mit. „Nachdem bei einem Ortstermin gegenüber der zuständigen Behörde glaubhaft nachgewiesen wurde, dass technisch und organisatorisch bei einer Untervermietung keine Störungen für die Allgemeinheit ausgehen, hat der Oberbürgermeister die Beschränkung bis September 2017 ausgesetzt, um zu prüfen und nachzuweisen, dass die eingeleiteten Maßnahmen funktionieren“, heißt es in der schriftlichen Antwort aus dem OB-Büro.
Ordnungsbeigeordneter Holger Platz hatte zuvor schon im Volksstimme-Gespräch erklärt, dass er ein Problem damit habe, wenn der Fortbestand des Zentrums von Einzelpersonen abhänge. Weil die aufgrund der Lärmbeschwerden eingeschränkten Vermietungsregeln Interessenten abschreckten, sei das Özim in seiner Existenz bedroht, hatte Frank Friedrich u. a. auf einer Sitzung der AG Gemeinwesenarbeit gewarnt.
Dort konnten die beiden betroffenen Familien nicht dabei sein, wie sie sagen, weil sie erst am selben Tag aus der Volksstimme davon erfahren hatten. „Wir hätten gerne daran teilgenommen“, erklären sie. Dort waren nur Nachbarn des Özim gewesen, die keine Probleme mit Lärm von dort hatten. Die Beschwerdeführer sind sich sicher: „Die finanziellen Interessen des Öko-Zentrums stehen über unseren Rechten.“