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Magdeburg-Pass Eintrittsausweis für Arme

Linke und Gartenpartei fordern Vergünstigungen für mehr Magdeburger mit kleinem Einkommen.

Von Katja Tessnow 21.09.2016, 01:01

Magdeburg l Bei 829,40 Euro liegt derzeit für einen Ein-Personen-Haushalt die Schwelle beim Zugang zum Magdeburg-Pass. Wer im Monat weniger zur Verfügung hat – ob als Berufstätiger oder Rentner – kann sich den Pass im Sozialamt oder im Bürgerbüro ausstellen lassen. Damit haben alle Bezieher von Hartz-IV oder Grundsicherung Anspruch auf den Ausweis, aber auch Geringverdiener, die monatlich nur bis zu 10 Prozent mehr Geld bekommen als jene, die Leistungen vom Staat beziehen. Für Alleinerziehende und Familien erhöht sich die Einkommensgrenze entsprechend der Hartz-IV-Regeln. Aktuell gilt: Hartz-IV-Satz plus maximal 10 Prozent ist gleich Passrecht.

Den Ratsfraktionen Linke und Gartenpartei ist diese Grenze zu hart gezogen. In einem gemeinsamen Antrag fordern sie: „Ab 1. Januar 2017 können Personen, deren Einkommen den 125-prozentigen Bedarf nach dem Dritten Kapitel SGB XII nicht übersteigt, den Magdeburg-Pass beantragen.“ Dann würde gelten: Hartz-IV plus 25 Prozent ist gleich Passrecht. Für einen Ein-Personen-Haushalt würde die Einkommensgrenze dann bei 942,50 Euro liegen.

Vor allem Alleinerziehende oder Familien mit Kind/ern könnten von der Ausweitung des Passrechtes enorm profitieren. Passinhaber zahlen keine Gebühren für Krippe, Kindergarten und Hort. Öffentliche Einrichtungen von Volkshochschule und Konservatorium bis Theater, Bad und Zoo gewähren ihnen Ermäßigungen. Diese sind auch für Senioren mit schmaler Rente attraktiv, denn der einst übliche Seniorenrabatt wurde vielerorts gestrichen.

Neben dem Zugang zu Kleiderkammern, Suppenküchen und Möbellagern spendiert die Stadt Pass-Inhabern monatlich 4 Euro Zuschuss für MVB-Tickets. Wegen der gestiegenen MVB-Tarife fordert die Linke eine Anhebung auf 5 Euro. Im Jahr 2015 subventionierte die Stadt die Wege von Passbesitzern mit Bus und Bahn mit 333 708 Euro.

1994 hat Magdeburg das Passrecht für seine ärmsten Bürger eingeführt. 2007 war es wegen einer Haushaltssperre kurzzeitig außer Kraft, was Proteste auslöste. Zum Jahresende 2015 nutzten mehr als 23 300 Magdeburger den Pass. Anspruchsberechtigt waren nach Angaben der Stadtverwaltung sogar 36 392 Magdeburger; das sind 15,3 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Ihre Initiative für eine Ausweitung des Passrechtes begründen Linke und Gartenpartei mit der aktuell gängigen Armutsdefinition. In Deutschland gilt als arm, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erzielt. Die Fraktionen ziehen den jüngsten Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zur Rechtfertigung ihrer Forderung heran. Er legt die Armutsschwelle für einen Single-Haushalt bei 917 Euro an, fast 90 Euro oberhalb des Magdeburg-Pass-Limits (829 Euro). Die Verwaltung steht einer Ausweitung des Passrechts kritisch gegenüber und hält einkommensschwache Bürger mit der aktuellen Vergabepraxis für „vollumfänglich berücksichtigt“ (Sozialbeigeordnete Simone Borris).

Der Stadtrat will über das Thema vor einem Entscheid in den Ausschüssen debattieren.