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MietrechtOhne Fahrstuhl in Etage 10

Bewohner eines Zehngeschossers in Magdeburg müssen seit nunmehr zwei Monaten ohne Fahrstuhl auskommen.

Von Rainer Schweingel 10.06.2016, 01:01

Magdeburg l Die Mieter in der Rollestraße 26 müssen nach wie vor Kondition und Langmut beweisen. Seit dem 7. April und damit seit 64 Tagen ist ihr Fahrstuhl defekt. Treppensteigen ist mindestens noch zwei weitere Wochen lang angesagt.

Als die Volksstimme die Zustände in dem Plattenbau am 7. Mai erstmals öffentlich macht, ist die Empörung und der mediale Aufschrei groß. Allein: Am Zustand hat sich bis heute nichts geändert. Die 33 Mietparteien müssen noch immer ohne Lift auskommen.

Eine der am schlimmsten betroffenen Mieter wohnt ganz oben unterm Dach: Olivia Frebel. Die 91-Jährige ist zwar trotz Krücken und Rollator noch rüstig, aber 64 Tage ohne Fahrstuhl in der zehnten Etage zu wohnen ist dann doch zu viel. „Ich nutze jetzt einen Einkaufsservice der Malteser. Der bringt mir meine bestellten Waren bis hoch in die Wohnung. Allein schaffe ich das ja nicht.“

Der Malteser Marcel Gebel übernimmt den Einkaufsservice. Neun Euro plus fünf Euro Anfahrtpauschale kostet das für die halbe Stunde. „Geld, das wir uns von dem Vermieter aber zurückholen wollen“, kündigt Olivia Frebels Schwiegertochter schon mal an.

Ob das gelingt, ist offen, denn der Verwalter mit Sitzen in Halle und Berlin gibt sich nach wie vor wortkarg. Eine schriftliche Anfrage vom Mittwoch ließ er unbeantwortet. Ein Telefonat am Donnerstag kam nicht zustande, weil die „zuständige Mitarbeiterin nicht im Hause ist“. Der Eigentümer bleibt zudem im Hintergrund.

Auch gegenüber den Mietern wird nicht groß informiert. Ein sechszeiliger Aushang im Flur und ein Brief mit Hinweis auf eine Reparatur sind alles, was den Bewohnern in acht Wochen Havarie mitgeteilt wurde.

Und so bleiben die wahren Ursachen für den langen Fahrstuhldefekt weiter Spekulation. Nach Volksstimme-Informationen hat sich der Vermieter bei der Reparatur verzockt. Für den Fahrstuhl aus DDR-Zeiten sollte zunächst das Ersatzteil besorgt werden, was misslang. Nun musste auf eine teurere Reparatur umgeschwenkt werden - der ganze Antrieb wird getauscht. Das allerdings dauert noch rund 14 Tage - auch wegen der Lieferzeiten.

Der Mieterverein erklärt ein solches Verhalten des Vermieters für nicht akzeptabel. Eva Domass sagte: "Zunächst besteht die Möglichkeit, Miete angemessen zu mindern. Unter bestimmten Voraussetzungen bestehen auch Schadens- und Aufwendungsersatzansprüche gegen den Vermieter. Weiterhin kommt auch ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht des Mieters in Betracht. Neben diesen Rechten besteht in erster Linie der Instandsetzungsanspruch des Mieters gegen den Vermieter.“

Olivia Frebel aus Etage 10 hingegen geht erstmal auf Nummer sicher. „Meinen Einkaufszettel für die nächste Woche hat mein Helfer von den Maltesern schon mitgenommen.“