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Musikprojekt Kulturkollektiv wird „Kleinlaut“

Das Kulturkollektiv gibt Kreativen in Magdeburg Raum, sich zu verwirklichen. Nun wollen die Initiatoren ein Tonstudio eröffnen.

Von Karolin Aertel 27.03.2017, 18:21

Magdeburg l Ein junges Paar zieht es 2009 aus dem ländlichen Bereich nahe Köln nach Magdeburg – er Musiker und Streetworker, sie Theaterpädagogin, beide kreativ und abenteuerlustig. Obgleich auch Berlin eine Option als Wahlheimat war, habe Magdeburg Simon und Bettina Becker das bessere Gefühl gegeben, das Gefühl noch etwas bewegen zu können. „Die Stadt ist nicht fertig. In alle Richtungen gibt es Pufferzonen“, erklärt Simon Becker. „Wir sind durch beide Städte gefahren und fanden Magdeburg von Anfang an geiler.“

Getragen von den Gedanken das Leben schöner und lebenswerter zu machen, in der Stadt aktiv zu sein, etwas Neues zu schaffen und Menschen die Möglichkeit zu geben, sich Träume zu erfüllen, gründeten sie mit Freunden den Verein „Sunrise e. V.“.

Christlich und sozial, kreativ und pädagogisch, zugleich aber jeglicher Schublade fern, ist der Verein mit zahlreichen Projekten in Magdeburg aktiv. Seine Frau Bettina leitet ein Theaterprojekt mit Flüchtlingskindern. Auch Nachbarschaftstreffen, Projekte, die sich Obdachlosen widmen, und Fußballprojekte gehörten dazu.

Das wohl bekanntestes Projekt des Sunrise e. V. ist das Kulturkollektiv Magdeburg. Simon Becker versteht es als „Spielwiese für uns alle“. Theater, Konzerte, Workshops, Tauschveranstaltungen, Turniere – jeder, der eine Idee hat, bekommt die Chance, sie im Kulturkollektiv umzusetzen. „Wir hatten damals keine Ahnung, was sich daraus entwickelt. Deswegen haben wir es auch Kollektiv genannt.“ Alles habe sich plötzlich gefunden. Es gibt keine Mitgliedschaft und keinen Codex.

Unter dem Dach des Sunrise e. V. bezog das Kulturkollektiv gemeinsam mit der Theatergruppe Tapetenwechsel 2014 Räumlichkeiten in der Arndtstraße 55. Sie bilden den Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen wie dem vergangenen Tipp-Kick-Turnier oder einem Büchertausch mit Lesebühne, oder aber dem bevorstehenden Songwriterabend (8. April, 20 Uhr), bei dem sieben Musiker aus Magdeburg und Umgebung ihre selbst geschriebenen Songs präsentieren.

„Ich bin selbst Musiker und weiß, wie schwierig es ist, seine eigenen Lieder unter die Leute zu bringen. Es gibt viele, die sich keinem Wettbewerb stellen wollen. Bei uns spielen sie nicht für Daumen hoch oder Daumen runter, sondern für Applaus und Anerkennung.“

Das eine Kulisse mit Wohnzimmerflair bei den Musikern ankommt, zeigt die Resonanz, die Simon Becker auf dem Songwriterabend erfuhr. Eine weitere Veranstaltung für November ist bereits in Planung.

In Planung sei übrigens auch ein zweites Kulturkollektiv. In Neue Neustadt soll unter dem Namen „Kleinlaut“ ein Tonstudio entstehen. Das Konzept werde derzeit geschrieben und nach Räumlichkeiten gesucht. „Jungen Leuten soll dort der Zugang zu Musik ermöglicht werden“, erklärt er.

Geplant sei es, Jugendlichen Musikunterricht zu geben, an Texten und Beats zu arbeiten, Songs aufzunehmen und bestenfalls sogar Musikvideos zu drehen. Vermittelt werden soll: „Wenn du kreativ bist und Lieder schreiben kannst, dann kannst du das, ohne an Dieter Bohlens Tisch vorbei zu müssen.“

Kombiniert werden soll das Musik- und Jugendkulturprojekt mit Konzepten zur Nachhaltigkeit und zum Umweltschutz. Schlagworte wie Upcycling und Ökostrom, Ideen wie umweltfreundliche Tonstudiobauten und die Wiederverwendung gebrauchter Instrumente kommen Simon Becker dabei in den Sinn. Hilfe beim Ausarbeiten eines Konzeptes bekomme er u. a. von einer Umweltpsychologin der Universität. „Wir hoffen sehr, dass wir noch in diesem Jahr eröffnen können“, verrät er und sagt schmunzelnd „große Dinge werfen ihre Schatten voraus“.