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Protest Rothenseer stoppen die Käfersäge

In Magdeburg stoppen Rothenseer Anwohner mit einer Protestaktion nächste Fällung im Kampf gegen den Asiatischen Laubholzbockkäfer.

Von Stefan Harter 05.10.2016, 01:01

Magdeburg l Frühmorgens um 8 Uhr, in herbstlicher Kälte, versammelt sich die kleine Gruppe Anwohner, die die Nase voll haben von den immer wiederkehrenden Fällungen und den ebenso sich wiederholenden Aussagen der Verantwortlichen, dass man nichts ändern könne. Material zum Festketten haben sie zwar nicht dabei, aber „wir werfen uns vor die Säge“, warnen sie die heranrückenden Holzfäller. Die stoppen daraufhin die Fällaktion am Kraftwerk-Privatweg, bevor sie richtig begonnen hat. Die Mitarbeiter der zuständigen Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau (LLG), die die Arbeiten vor Ort überwachen wollen, informieren ihre Vorgesetzten in Bernburg.

Prominenter Mitstreiter der Protestaktion ist Rolf Oesterhoff, Chef des benachbarten Müllheizkraftwerks. „Heute wird wieder ein trauriger Tag für Rothensee“, sagt er noch am Morgen. Er berichtet davon, dass er gemeinsam mit den Städtischen Werken Magdeburg (SWM), auf deren Grundstück die über 90 Jahre alten Platanen wachsen, ein sogenanntes Intensivmonitoring durchführen will.

Denn wie die Volksstimme kürzlich berichtet hatte, gibt es durchaus eine Alternative zur Käfersäge: Besonders schützenswerte Bäume im Umfeld eines Käferfundes, die noch nicht befallen sind, könnten durch engmaschige Kontrolle stehen bleiben. Laut Rolf Oesterhoff würden die SWM und sein Unternehmen diese kostspielige Beobachtung aus eigener Tasche finanzieren, um die Bäume zu erhalten. Weil es diese Möglichkeit nun gibt, aber dennoch die Holzfäller anrückten, sagten sich die Rothenseer: „Genug ist genug“ – und riefen zur Protestaktion.

Während auf dem Handy „Mein Freund, der Baum“ spielt, warten alle Beteiligten darauf, dass es aus der Bernburger Landesanstalt ein Zeichen gibt. Nach fast zwei Stunden rollt dieses in Gestalt von fünf Einsatzwagen der Polizei heran. Die Beamten wurden gerufen, weil es sich um eine versammlungsrechtliche Veranstaltung handelt, wie der Einsatzleiter den verdutzten Rothenseern erklärt.

Mittlerweile hat auch die LLG einen Verantwortlichen geschickt. Dr. Henning Kurth leitet die Verhandlungen mit den Protestlern. Der Dezernatsleiter kommt immer dann zum Einsatz, „wenn die Hütte brennt“, wie er sagt. Den Käfereinsatz im Norden Magdeburgs begleitet er seit dem Erstfund vor zwei Jahren. Weil ihm die Holzfäller sagen, dass sie nicht für die Sicherheit der Demonstranten garantieren können, und auch die Polizei an diesem Dienstag zahlenmäßig dazu nicht in der Lage ist, bläst er die Fällaktion schließlich ab.

Außerdem sichert er Hartmut Röhner von der IG Rothenseer Bürger und Rolf Oesterhoff zu, dass die LLG den Vorschlag des Privatmonitorings „intensiv juristisch“ prüfen werde, wenn die SWM eine Kostenzusage geben. Am Nachmittag heißt es dazu auf Volksstimme-Anfrage von den SWM: „Um diese Prüfung zu veranlassen, werden wir gegenüber der Landesanstalt erklären, grundsätzlich die Kosten für eine solche Maßnahme zu übernehmen.“

Was diese Entscheidung am Ende wert ist, wird sich zeigen. Henning Kurth macht nicht viel Hoffnung, dass die Prüfung positiv ausfällt. Und er kündigt für einen weiteren Anlauf der Fällaktion an, dass er um Amtshilfe für die Durchsetzung bitten werde. Er spricht von einem „massiven Polizeiaufgebot“.

Auf jeden Fall hat der Protest aber einen Erfolg gebracht: Er war gut fürs Ego der hochwasser- und käfergebeutelten Rothenseer.