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Prozess Geschlagen, getreten und gebissen

Ein 36-jähriger Deutsch-Kasache steht in Magdeburg vor Gericht. Er soll seine Freundin vergewaltigt und körperlich misshandelt haben.

Von Bernd Kaufholz 17.02.2017, 23:01

Magdeburg l Seit Freitag muss sich ein 36 Jahre alter Deutsch-Kasache vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft Sergej S. vor, im Mai 2016 seine damalige Freundin vergewaltigt und körperlich misshandelt zu haben. Außerdem soll er einem Festnahme-Beamten schmerzhaft in den Arm gebissen haben. Insgesamt sind es sechs Taten, die der Angeklagte zwischen dem 20. Mai und 30. Juni begangen haben soll

Die Anklageschrift, die Staatsanwalt Armin Gebauer verlas, zeichnete gestern das Bild eines verschmähten Liebhabers, der sich nicht damit abfinden wollte, dass ihm der Laufpass gegeben wurde. „S. und seine Freundin waren seit Anfang 2016 zusammen. Am 5. Mai des Jahres trennte sich die Frau von ihm.“

Am 20. Mai sollen sich S. und ein Freund zum Garten der Ex-Freundin begeben haben. Dort habe er der damals 40-Jährigen „zweimal grundlos mit der Faust ins Gesicht geschlagen“. Der Bekannte habe schlichten wollen. Wütend habe sich der Angeklagte nun ihm zugewandt und ihn mehrfach geschlagen, bis er am Boden lag. Auf den Liegenden habe er eingetreten, bis dieser bewusstlos war. Der Mann wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht.

Am 30. Juni 2016 habe der Angeklagte, der im selben Block in Neu-Olvenstedt seine Wohnung hatte, gesehen, wie die 40-Jährige nach Hause kam. Gebauer: „Sie wohnte aus Angst kaum noch dort. Aber an jenem Tag erwartete sie Handwerker“, sagte Gebauer.

Der Angeklagte habe seine Ex-Freundin in ihre Wohnung geschubst und die Tür geschlossen. Kurz darauf hätten die Handwerker geklingelt. „Der Frau ist es gerade noch gelungen, den Haustürsummer zu betätigen, so dass die zwei Männer bis zur Wohnung gelangten.“ S. habe die Tür aufgerissen und einen der Handwerker weggeschubst, so dass dieser stürzte. Aus Furcht vor der Aggressivität hatten die Männer das Haus verlassen.

Doch für die 40-Jährige habe dann erst das Martyrium angefangen. S. verschloss die Wohnungstür und schlug seiner Ex-Freundin zweimal unvermittelt mit der flachen Hand ins Gesicht. Dann habe er die Hand der Frau ergriffen und ihr befohlen, dass sie „mitkommen“ solle. „Das ist doch das, was wir beide vermisst haben“, soll er geäußert haben.

Obwohl die 40-Jährige mehrmals gesagt habe, „ich will das nicht“, habe sie der Angeklagte ins Schlafzimmer gedrängt und verlangt, dass sie sich aufs Bett legen solle. „Aus Furcht vor weiteren Übergriffen kam sie letztlich der Forderung nach“, so die Anklage.

Nach vollzogener Vergewaltigung wollte S. das Handy der Frau kontrollieren, weil er vermutete, dass sie „Männerbekanntschaften“ habe. Als sie die Entsperrungs-Pin nicht herausgeben wollte, drohte er, sie „abzustechen“ und schlug ihr dreimal die Faust ins Gesicht. Das Opfer erlitt eine Nasen- und Jochbeinfraktur sowie ein Schädelhirntrauma.

Als S. am 30. Juni 2016 in seiner Wohnung festgenommen werden sollte, leistete er rabiaten Widerstand und versuchte zu fliehen. Dem Beamten, der ihm Handfesseln anlegen wollte, biss er in den Arm.

Verteidiger Alexander Funck beantragte gestern, den Prozess auszusetzen. Sein Grund: Die Anklageschrift sei seinem Mandanten nicht fristgerecht zugegangen und nicht in übersetzter Form. Letzteres verstoße gegen Paragraf 6 der Menschenrechtskonvention. Das Gericht schmetterte den Antrag ab. Es belegte, dass die Anklage innerhalb der gesetzlichen Frist eingegangen war und S., der seit 18 Jahren in Deutschland lebt, sowohl im Ermittlungsverfahren als auch vorm Haftrichter problemlos alle Fragen auf Deutsch beantworten konnte.

Funck am Ende des ersten Prozesstages: „Mein Mandant bestreitet die Vorwürfe.“