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RauchwolkeEin Brand und seine Gefahren für Magdeburg

Eine dicke schwarze Rauchwolke zog am 21. April 2017 über Magdeburg. Einsatzkräfte haben die Luft auf Schadstoffe überprüft.

Von Franziska Ellrich 03.05.2017, 01:01

Magdeburg l „Jede Art von Brandrauch ist giftig.“ Das erklärt Professor Michael Rost von der Fachhochschule Magdeburg-Stendal im Gespräch mit der Volksstimme. Fast zwei Wochen ist es her, dass die große schwarze Wolke vom Brand einer Kunststoffrecyclinganlage im Sülzegrund in Richtung Neustädter See über Magdeburg hinwegzog. Jede Menge Plastikmüll stand in Flammen. „Der Kunststoff an sich ist erst mal nicht giftig“, macht Michael Rost deutlich. Schädlich seien erst die Stoffe, die beim Verbrennen entstehen.

Dazu gehört unter anderem Kohlenstoffmonoxid. Kunststoff neigt Michael Rost zufolge wie jede Menge anderer Stoffe zu unvollständiger Verbrennung. Es kommt dabei immer auf die Sauerstoffzufuhr an. Das kann bedeuten: Der enthaltene Kohlenstoff wird unter anderem zum giftigen Kohlenstoffmonoxid verbrannt. Und das kommt gar nicht so selten vor. Das ist selbst der Fall, wenn Holzkohle in einem Grill abbrennt. Die meisten Todesopfer bei einem Brand würden wegen des Rauches sterben, erklärt der Professor.

Auch an dem tiefschwarzen Rauch war der im Kunststoff enthaltene Kohlenstoff beim vergangenen Großbrand schuld. „Die Farbe sagt allerdings erst mal nichts über die Gefahr aus“, erklärt Tim Romahn. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich „Vorbeugender baulicher Brandschutz“ von Michael Rost. Ehrenamtlich engagiert sich Tim Romahn bei der Freiwilligen Feuerwehr Südost. Dort ist der Magdeburger Wehrleiter und war mit dem ABC-Messwagen während des Großbrandes im Einsatz.

So ein Einsatzfahrzeug, das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz gestellt wird, gibt es in Magdeburg zweimal, eines steht im Gerätehaus der Diesdorfer Kameraden und eines in Südost. Ob die große Zahl der verschiedenen Partikel und Gase in dem Rauch zur Gefahr für die Bevölkerung werden kann, wird mit den Messgeräten auf dem Wagen so schnell wie möglich überprüft.

„Entweder die beiden Fahrzeuge sind gleichzeitig unterwegs, zum Beispiel je eines entlang einer Seite des Ausbreitungskegels“, spricht Tim Romahn aus Erfahrung. Oder: Ein ABC-Fahrzeug bleibt an der Einsatzstelle und koordiniert den anderen Wagen. So lief es jetzt beim aktuellen Großbrand.

Wetterdaten wie Windgeschwindigkeit und Windrichtung behalten die Einsatzkräfte dabei die gesamte Zeit im Auge. Immer vor dem Hintergrund: Wohin zieht der Rauch? In dieser Richtung messen dann die Einsatzkräfte in den Grenzbereichen der Rauchwolke sowie an festgelegten Punkten in den betroffenen Stadtteilen. Dazu gehörte Kannenstieg.

Und zwar funktioniert das Ganze sowohl mit elektronischen Mehrgasmessgeräten, deren Sensoren auf sogenannte Leitsubstanzen im Brandrauch reagieren. Dazu gehört Kohlenstoffmonoxid. Gemessen werden damit allerdings auch Stickoxide und Schwefelwasserstoff. Zusätzlich kommen Prüfröhrchen zum Einsatz, die mit einer Handpumpe bedient werden müssen. So strömt die Luft aus der Umgebung durch die an beiden Seiten offenen Glasröhrchen, in denen unterschiedliche Felder mit Indikatoren sich verfärben würden, sobald die Konzentration einen festgelegten Grenzwert überschreitet. Damit ist eine erste Orientierung möglich.

Gebe es bei einem Stoff einen Ausschlag, würden weitere Messungen durchgeführt, erläutert Tim Romahn. Doch die beruhigenden Ergebnisse der Auswertung standen am Freitag vor zwei Wochen schnell fest: Keine Gefahr für die Bevölkerung. Ergebnisse aus Proben vom Löschwasser sowie vom Boden des Versickerungsbeckens neben dem Feuerlöschteich stehen noch aus. Das erklärte Stadtsprecherin Josefine Frenz auf Nachfrage der Volksstimme. In circa zwei Wochen soll klar sein, ob sich dort noch Schadstoffe befinden.

Weitere Messungen sind vom Umweltamt allerdings nicht angedacht. Maßgeblich dafür sei Frenz zufolge der Brandverlauf: „Nach bereits rund 60 Minuten war der Brand so weit von der Feuerwehr unter Kontrolle gebracht, so dass keine weitere sichtbare Rauchgasemission auftrat.“ Der stetige Südwestwind sei begünstigend dafür gewesen, dass der Brandrauch sich verdünnte und abzog.

Noch im Februar 2017, nach dem Großbrand in einer Lagerhalle in Buckau, hatten Kindertagesstätten in der Nähe Probleme mit Ascheresten auf dem Außengelände. Der Sand musste ausgetauscht werden. Mit so einer Folge sei im Fall Sülzegrund nicht zu rechnen, erklärt Stadtsprecherin Josefine Frenz. „Nach Auflösung der Rauchwolke war die Gefahr eines Ausfalls von Feststoffen nicht mehr gegeben“, sagt Frenz.

Auch Wissenschaftler Michael Rost macht deutlich: Bereits ein bis zwei Tage später wäre – wenn überhaupt – ein wenig Ruß runtergekommen. Und selbst wenn der zum Beispiel im Neustädter See gelandet ist, wäre die Menge so gering, dass sich der Ruß dem Professor zufolge problemlos verdünnen würde. „Bei dem Brand wurden aber keine Niederschläge von Feststoffen festgestellt“, sagt Stadtsprecherin Josefine Frenz.

Wichtig: Anwohner sollten bei so einer Rauchwolke erst einmal immer Fenster und Türen geschlossen halten und sich so wenig wie möglich im Durchzugsbereich der Rauchwolke aufhalten, betont Tim Romahn. Und macht auf die Warn-App Nina aufmerksam. Die kann kostenlos auf dem Smartphone installiert werden, und sobald Warnungen rausgehen, wird das auf dem Handy angezeigt.

Sollten doch einmal die Werte der gefährlichen Substanzen überschritten werden, werden dort genau wie im Radio oder per Durchsage die nötigen Maßnahmen durchgegeben. Im schlimmsten Fall auch eine notwendige Evakuierung.