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Schüleraktion Geputzte Stolpersteine halten Erinnerung wach

Im Vorfeld der Meile der Demokratie am Sonnabend in Magdeburg haben sich mehrere Schulen dem Gedenken an NS-Opfer gewidmet.

Von Laura Kaczmarek 19.01.2017, 23:01

Magdeburg l Beinahe täglich spazieren wir über die besonderen Pflastersteine mit Messingplatte: Auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule oder nach Hause. Selten denken wir darüber nach, was diese kleinen Tafeln eigentlich bedeuten. Sie machen auf Menschen aufmerksam, die an dieser Stelle gelebt haben und in der Zeit des Nationalsozialismus mit Ausgrenzung, Rassismus und Tod konfrontiert waren.

Die jährliche Stolpersteinputzaktion soll an alle NS-Opfer erinnern. Insgesamt 16 Schulen haben sich dieses Jahr bei der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt für diese Initiative angemeldet. Mit dabei waren auch die Berufsbildenden Schulen „Otto von Guericke“. Andreas Ohk, Lehrer für Geschichte, Englisch und Sport, unterstützt dieses Projekt im dritten Jahr: „Das ist ein wichtiges Thema. Und es passt perfekt in den Lehrplan. Ich versuche den Jugendlichen zu zeigen, dass hinter diesen Gedenktafeln das Leid echter Menschen steckt.“ Die Aktion soll zum Nachdenken anregen, ein Zeichen gegen Extremismus und Intoleranz setzen.

Die Schule hat Patenschaften für sechs Steine auf dem Breiten Weg übernommen. Einer davon erinnert an Vera Schlein. Die Jüdin hätte heute eine Klassenkameradin der Schüler in der FG15, einer zwölften Klasse, sein können. „Vera wurde umgebracht, als sie 17 Jahre alt war. Das ist einfach traurig. Man fängt automatisch an, über das eigene Leben nachzudenken. Wenn etwas falsch läuft, sollte jeder mutig sein und den Mund aufmachen“, sagt Yves Jeschek. Dass so etwas nie wieder passiert, wünschen sich hier alle.

Für die Jugendlichen sind das nicht bloß Schicksale aus der Vergangenheit, sondern Gedankenstützen für die Gegenwart. „Im Alltag ist das Thema selten greifbar“, sagt Marcus Küchenhoff. „So eine Aktion bringt die Erinnerungen wieder zurück.“ Das Thema ist kein Schnee von gestern, findet auch Sarah Erfurth: „Bei allem, was politisch gerade in Deutschland passiert, ist das ein wichtiges Zeichen gegen jede negative Stimme.“ Die Schüler wissen über alles Bescheid: die Einstellung der AfD, Trumps Präsidentschaft, den Brexit, die Attentate. Keine Spur von Desinteresse, sondern Wachsamkeit: „Ich finde es gut, dass wir bei der Stolpersteinaktion mitmachen. Das zeigt, dass sich auch junge Leute mit dem Thema auseinandersetzen“, bestätigt Pascal Krebs.

Die Schüler wissen, worum es bei der Aktion so geht. Doch offenbar sehen das einige Menschen anders: „Die Blumen, die wir niederlegen, sind meistens nach einer Stunde schon wieder weg“, bedauert die stellvertretende Schulleiterin Claudia Höfler. Sie kann nicht verstehen, wie respektlos sich einige Menschen dieser Tradition gegenüber verhalten. Dennoch möchten Schüler und Lehrer sich auch in Zukunft an der Aktion beteiligen, als Zeichen für Zusammenhalt und Toleranz in der Gesellschaft.