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SprengungDer Countdown zum großen Knall läuft

Am Donnerstag wird in Magdeburg ein Schornstein an einem stillgelegten Heizhaus gesprengt.

Von Martin Rieß 26.10.2016, 01:01

Magdeburg l In drei Metern Höhe zieht sich ein Kranz aus Bohrungen um den 40 Jahre alten Schornstein am stillgelegten Heizhaus am Heumarkt. Donnerstagmittag sollen sie um 12 Uhr mit Sprengstoff gefüllt sein und gezündet werden.

Karl-Heinz Bühring ist als Sprengmeister dafür verantwortlich, dass sich das Bauwerk ordnungsgemäß auf die Seite legt. Er erläutert: „Wir haben hier recht viel Platz, was uns natürlich sehr gelegen kommt.“ Der Plan des Sprengmeisters sieht vor, dass der Schornstein nach der Zündung zur Turmschanzenstraße hin in Richtung Alte Elbe stürzt.

„Aus Sicherheitsgründen wird zu diesem Zeitpunkt ein Umkreis von 100 Metern evakuiert“, sagt Karl-Heinz Bühring. Betroffen davon sind auch die kleineren Zufahrtsstraßen zum Gelände. Frei bleibt derweil die Strecke auf den Hauptstraßen in der Nachbarschaft – sprich auf der Brückstraße und der Turmschanzenstraße. Und auch Anwohner aus der Nachbarschaft müssen ihre Häuser nicht verlassen.

Ob die Sprengung wie geplant pünktlich um 12 Uhr stattfinden kann, hängt nicht zuletzt davon ab, ob zu diesem Zeitpunkt alle Personen das Gelände verlassen haben. Ursprünglich hatte der Sprengmeister bereits schon am Mittwoch den Schornstein umlegen wollen.

Damit das Material bei der Sprengung beieinanderbleibt, wird der Bereich rund um die Sprengladungen noch mit einem Drahtgeflecht umkleidet. Beim Aufschlagen des Schornsteins auf den Boden werde dieser dort, wo der Boden betoniert ist, stärker in Einzelteile zerbrechen.

Seitens der Städtischen Werke Magdeburg (SWM) ist bei der Baubesprechung am Dienstag Robert Brendel vor Ort. Er ist vom technischen Service des Energieversorgers und sagt: „Im Vorfeld der Sprengung des Schornsteines ist die Außerbetriebnahme der Hausanschlüsse und anschließend für den Rückbau des Heizhauses die Netztrennung der Hausanschlüsse notwendig. Im Vorfeld der Maßnahme wurde bereits die Funkantenne der Deutschen Funkturm GmbH vom Schornstein rückgebaut.“ Außer Betrieb gegangen war die Anlage zur Versorgung des Umfelds mit Wärme ziemlich genau vor einem Jahr.

Mit dem Brückfelder Schornstein lassen die Städtischen Werke übrigens ein weiteres Zeichen der alten Technik aus dem Stadtbild verschwinden. Heute setzt das Unternehmen verstärkt auf die Fernwärmeversorgung aus Rothensee oder künftig für Ostelbien auch aus dem neuen Biomasseheizkraftwerk am Gübser Weg oder – wo ein Anschluss an das Fernwärmenetz nicht möglich ist – auf moderne Brennwerttechnik.

Martin Müller von den Stork Umweltdiensten koordiniert u.a. die Entsorgung des Bauschutts, der von dem Schornstein nach der Sprengung übrig bleiben wird. Er sagt: „Natürlich muss das Material genau untersucht werden, bevor es aufbereitet werden kann.“ Weisen die Analysenwerte der Untersuchung aus, dass die strengen Umweltvorgaben eingehalten werden, wird das Material bei einem Tochterunternehmen von Stork aufbereitet und kann für neue Projekte wie den Bau von Wegen und Straßen wiederverwendet werden. Neben dem Bauschutt für den Schornstein geht es auch um die Entsorgung der Abbruchmaterialien des nicht mehr benötigten Heizhauses.

Was Karl-Heinz Bühring angeht, kennt er diesen Bereich des Heumarktes bereits genau. Er sagt: „Ich habe vor einigen Jahrzehnten hier schon an den Sprengarbeiten von Häusern mitgewirkt. Damals war schon Platz gemacht worden für die Strombrückenverlängerung.“ Die Vorbereitungen zu dieser waren aber in den 1970er Jahren abgebrochen worden, da das Geld für das Bauvorhaben nicht vorhanden war. Stattdessen wurde das Heizhaus gebaut, das nun also auch aus dem Stadtbild verschwinden soll, um dann doch noch Platz zu machen für den Anschluss der Strombrückenverlängerung über Zoll- und Alte Elbe hinein nach Brückfeld.

Der Sprengmeister ist in Magdeburg kein Unbekannter. Unter anderem sprengte er 2007 einen Schornstein zwischen Breitem Weg und Wilhelm-Weitling-Straße und im Jahr 2012 einen alten Schlot am Bahnsteig 6 des Magdeburger Hauptbahnhofs. Und auch im Magdeburger Umland hat er alte Schornsteine aus der Landschaft getilgt – unter anderem in Burg oder in Halberstadt, aber auch an der Colbitzer Heidebrauerei, bevor diese saniert wurde. Der Sprengmeister sagt: „Die Sprengung am Donnerstag wird meine 558.“

Bei einer solchen Zahl von gesprengten Schornsteinen kennt er inzwischen so ziemlich alles, was im Schornsteinbau möglich ist. Den Heumarkt-Schornstein hält der Sprengmeister für einen friedlichen Vertreter, bei dem kaum mit bösen Überraschungen zu rechnen sein dürfte.