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Stadtentwicklung Grünes Magdeburg: Der Plan steht

Der Entwurf eines Landschaftsplans zeigt auf, wie grün Magdeburg ist und wohin sich die Stadt entwickeln soll.

Von Jana Heute 01.07.2017, 01:01

Magdeburg l Ob Asienkäfer oder das jüngste Unwetter: Allein beim Baumbestand musste Magdeburg in letzter Zeit viele Federn lassen. Der 365 Seiten starke Entwurf des Landschaftsplanes soll nun die Weichen stellen für eine Flächenplanung der nächsten 10-15 Jahre, die Natur und Landschaft ebenso Raum gibt wie den Stadtbewohnern.

Woher uns der Wind weht? In Magdeburg vornehmlich aus West und Südwest. Wie breit wir uns gemacht haben? Die maximale Ausdehnung des Stadtgebiets von Nord nach Süd beträgt 22,7 Kilometer, von Ost nach West 16,9 Kilometer. Worauf wir leben? Im Norden der Stadt auf der Flechtingen-Roßlauer Scholle (mit Grauwacke und geschiefertem Ton), im Süden auf der Weferlingen-Schönebeck-Scholle mit verschiedenen Buntsandsteinen. Oder wussten Sie zum Beispiel, dass in Magdeburg 50 Libellenarten leben, was ziemlich einmalig ist?

„Wir wollten eigentlich einen schlanken Plan, nun sind es doch 365 Seiten geworden“, sagt Detlef Schulze, Abteilungsleiter im Umweltamt. Eine große Menge von 28 000 Datensätzen wurde im neuen Entwurf für den Landschaftsplan Magdeburg verarbeitet. Der letzte Landschaftsrahmenplan war nach über 20 Jahren veraltet. Mitarbeiter des Umwelt- und Stadtplanungsamtes sowie externe Büros haben nun wiederum mehrere Jahre am neuen Entwurf mitgewirkt. Ein Blick in das vorliegende Werk lohnt sich nicht nur für Stadtplaner, Stadträte oder Umweltaktivisten. Der Landschaftsplan fasst die wichtigsten Erkenntnisse zum Zustand von Flora und Fauna, Boden, Wasser, Klima und Luft – also aller sogenannten Schutzgüter – in der Stadt zusammen. Erkenntnis zum Beispiel: Das Landschaftsbild hat sich punktuell verbessert, etwa am Thauberg, wo den störenden Leitungstrassen mit Strauchbepflanzungen entgegengewirkt werden konnte, oder die Anlage von Streuobstwiesen in den Sohlener Bergen, die Verbesserungen im Landschaftsbild brachten. Wohingegen das Bild südlich vom Barleber See II – in der Zange zwischen A2 und den Förderbändern für den Kiesabbau – deutlich leidet. „Die grünen Bereiche sehen zwar alle noch ganz schön aus. Doch hier bebt im Grunde die Erde“, umschreibt Margret Briehm das Problem. Sie arbeitet im Umweltamt und ist für den naturschutzfachlichen Teil des Landschaftsplan-Entwurfs zuständig.

Was kann man tun, um die Eingriffe in Natur und Landschaft so gering wie möglich zu halten? „Wir wollen eine vorausschauende Flächenplanung für die nächsten 10 bis 15 Jahre, gerade vor dem Hintergrund wachsenden Drucks notwendiger Bauvorhaben“, formuliert Judith MacKay, Sachgebietsleiterin Landschafts- und Freiraumplanung im Stadtplanungsamt, das Ziel. Magdeburgs Einwohnerzahl wächst wieder, was erfreulich ist. Doch es wächst auch das Bedürfnis an attraktiven Erholungs- und Freizeitflächen nicht nur am Stadtrand, sondern wohnortnah in der City oder dem eigenen Stadtteil. Genau dort liegt das Spannungsfeld, dem sich die Stadtentwickler aus dem Planungsamt und Mitarbeiter des Umweltamtes gemeinsam gestellt haben. Herausgekommen ist ein umfassender Katalog mit konkreten Maßnahmen, die sich im Entwurf wiederfinden. So werden geeignete Straßenzüge für Baumpflanzungen aufgelistet oder im Grünkonzept Hunderte Vorschläge für neue Freiflächen oder Anpflanzungen unterbreitet. Beispiel: Garagenkomplex, südlich vom Sülzeweg; er soll entsiegelt und durch Gehölzanpflanzung aufgewertet werden. Dass hier Planungs- und Umweltamt über Jahre an einem Strang gezogen haben, um gemeinsam Vorschläge anzubieten, gilt als beispielhaft. Das könnte die Chance auf Umsetzung verbessern, da sich zwei große Behörden in wichtigen Fragen zur Natur- und Landschaftsentwicklung schon mal einig sind.

Doch wie verbindlich ist der Landschaftsplan, wenn er denn auch vom Stadtrat endgültig abgesegnet wird? Konfliktpotenzial birgt das Papier allemal, was schon beim Vorabbeschluss deutlich wurde. Hier hatten die Stadträte mehrheitlich für eine Lesart entschieden, die das vorliegende Planwerk als „Orientierung für die Flächennutzungsplanung“ sehen will und nicht als „Grundlage“. Also formell betrachtet doch weniger verbindlich als erhofft. Dennoch glauben Detlef Schulze und die anderen Beteiligten, dass der Landschaftsplan nützlich sein wird. „Für Bauvorhaben liefert er vorab wertvolle Erkenntnisse über alle Gegebenheiten, ob Böden, Wasser oder besondere Tiere und Pflanzen“, so Schulze. Dieses Wissen könne Planungsprozesse am Ende deutlich vereinfachen.

Letztlich geht es beim neuen Landschaftsplan um nichts Geringeres als ein gesundes Stadtklima, lebendige Flora und Fauna. Also: Keine Angst mehr vor der Blauflügeligen Ödlandschrecke? Die hatte einst den Parkplatzausbau unterhalb der Sternbrücke blockiert und für reichlich Wirbel gesorgt. Letztlich ist sie doch auf andere Standorte ausgewichen, wurde auf Hafen- und Industrie-brachen in der Stadt gesichtet. Wo sie sich offenbar auch wohl fühlt. So wie Fledermäuse (15 Arten stadtweit), Rotmilane (im Osten der Stadt/ Börde), Kammmolche (an Kleingewässern) oder die Zauneidechse (auf Brachen/Trockenbiotope). Und dass zwei Brutpaare von See- und Fischadler neu im Stadtgebiet gesichtet werden konnten, sei ein Hinweis darauf, dass wertvolle Naturräume in der Stadt vorhanden seien, sagt Schulze.

Auch darauf lenkt der Landschaftsplan den Blick.