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Stadtratsdebatte Kulturhauptstadt werden, aber wie

Magdeburg will Kulturhauptstadt werden, darüber hat der Stadtrat während seiner jüngsten Sitzung debattiert. Es fehlen noch Visionen.

Von Katja Tessnow 23.05.2017, 01:01

Magdeburg l Der Kulturausschussvorsitzende erwarte offensichtlich ein bisschen zu viel, nämlich konkrete Impulse aus dem Stadtrat für die im Sommer angesetzte Ausschussklausur. „Wir wollen nicht ins Blaue debattieren“, sagte Oliver Müller (Linke) beim Auftakt zur aktuellen Debatte über den Stand der bereits 2011 einstimmig im Rat verabschiedeten Bewerbung Magdeburg zur Kulturhauptstadt Europas 2025. Sicher ist, dass eine deutsche Stadt in acht Jahren den Titel tragen wird – und schon in den Jahren zuvor auf millionenschwere Fördergaben zur Umsetzung ihrer vorgetragenen Visionen bauen kann. Die können viele Kommunen gut gebrauchen. Womit will Magdeburg punkten? Das ließ sich auch am Ende der Debatte nur ansatzweise erahnen.

Hanns-Dietrich Schmidt, versierter Berater von Bewerberstädten, jetzt an Magdeburgs Seite und Gastredner im Rat, rechnet am Ende mit zehn bis zwölf Bewerbern. Neben Magdeburg haben unter anderem Dresden, Chemnitz, Nürnberg und zuletzt Halle ihre sprichwörtlichen Hüte in den Ring geworfen. Für die sechs Jahre nach dem Magdeburger Bekenntnis nachklappernde Konkurrenz aus dem eigenen Bundesland bringt im Stadtrat keiner Verständnis auf. „Das sagt alles über seinen Kulturbegriff“, teilte unter anderem der Grüne Sören Herbst einen kräftigen Seitenhieb gegen den Hallenser Oberbürgermeister aus. Berater Schmidt hielt den Räten einen motivierenden, aber weniger auf Magdeburg speziell zugeschnittenen Vortrag zu Modalitäten und allgemeinen Anforderungen der Jury. Im Kern ginge es weder um die Förderung kultureller Leuchttürme, noch um elitäre Selbstbespiegelung und schon gar nicht um das, was eine Bewerberstadt schon aufzubieten hat. Entscheidend seien die Vision für die Stadtentwicklung in den kommenden Jahren, die Partnerschaft zu anderen europäischen Städten und Antworten auf die Frage: Was können wir voneinander lernen? Schlussendlich brauche es Bürgerbeteiligung, Management und Budget. Gefragt sei eine ehrliche Analyse der Defizite und eine Vorstellung davon, wie sie zu beseitigen sind.

Konkrete Ideen dazu brachte in der Ratsdebatte kein Redner zur Sprache. Vertreter aller Fraktionen priesen die Chancen, die allein der Weg zum – erreichten oder am Ende verfehlten – Ziel berge. Immerhin führte Andreas Schumann die Telemania als ein Beispiel dafür an, wie klassische Hochkultur Menschen erreichen kann, die sonst nicht viel mit ihr am Hut haben. Der Buckauer Marcel Guderjahn (Gartenpartei) nahm seinen eigenen Kiez als Beispiel dafür her, wie Künstler und Kultur einem ganzen Stadtteil zu Aufwind, Urbanität und Kommunikation verhelfen können.

Oberbürgermeister Lutz Trümper (parteilos) gestand nach der Debatte am Rande der Sitzung etwas eigene Ratlosigkeit ein. „Ich denke, einen gewissen Rahmen, wohin wir mit der Kulturhauptstadt wollen, müssen wir schon bald abstecken. Der Bürger soll sich beteiligen, aber woran?“ Allerdings, so Trümper, warnten Experten Kandidaten auf den Titel davor, schon zu weit vor der heißen Bewerbungsphase 2019/20 ihr Pulver zu verschießen und der Konkurrenz allzu Nachahmenswertes zu präsentieren. Eine Gratwanderung.