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Türkei-Unruhen Angst lässt sich nicht versichern

Auch wenn sich der Militärputsch nicht in den Haupturlaubszentren abspielte, der Schock saß bei vielen Türkei-Urlaubern dennoch tief.

Von Jana Heute 18.07.2016, 01:01

Magdeburg l Eine junge Familie sitzt am Sonnabendvormittag in einem Reisebüro in der Magdeburger Innenstadt. Eigentlich wollten sie gerade zu Hause die Koffer packen. Die Eltern und der etwa zehn Jahre alte Filius. Eigentlich sollte der Flug am Sonnabendabend starten: Herrlicher Strandurlaub an der Türkischen Riviera, doch über Nacht ist der Traumurlaub geplatzt. Bilder von Panzern, Kampfjets und bewaffneten Soldaten im Land passen einfach nicht dazu. „An der Türkischen Riviera mag es ruhig sein, aber wer weiß das wirklich? Wir wollen doch gesund zurückkommen“, sagt der junge Vater. Vor allem haben die Eltern Angst um ihren Sohn. Diese Sorge überwiegt im Moment. Sie wissen noch nicht, wie sie sich entscheiden sollen – bis zum Abend.

Einige Veranstalter reagieren umgehend und bieten für die nächsten Tage kostenlose Umbuchungen oder Stornierungen an. „Am besten, man meldet sich in dem Reisebüro oder in der Stelle, wo man gebucht hat, und lässt sich beraten. Wir helfen gern“, sagt Kristin Brandes, Mitarbeiterin im DER-Reisebüro im Allee-Center. Hier klingelten schon seit dem Morgen die Telefone. Gerade verlässt eine Frau das Reisebüro. Sie hat ihre Urlaubsfahrt in die Türkei storniert.

So kurz nach der chaotischen Nacht herrscht große Verunsicherung unter den Kunden, die eine Türkeireise gebucht haben. Fachleute rechnen damit, dass weitere Flüge storniert werden. Ausgerechnet die Türkei, die nach wie vor mit einem – so heißt es – „unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnis“ punkten konnte, und ausgerechnet in der Haupturlaubszeit. „Das ist schon eine Katastrophe“, sagt die Mitarbeiterin eines anderen Reisebüros in der Innenstadt im Gespräch mit der Volksstimme.

Ines Lindecke ist ebenfalls Reiseexpertin. Sie arbeitet im Reiseland im Allee-Center. „Nach den jüngsten Anschlägen in Istanbul hatten wir keine nennenswerten Stornierungen“, berichtet sie. Das habe wohl daran gelegen, dass die beliebten Haupturlaubsgebiete nicht betroffen waren. Die richtigen Türkeiliebhaber würden eine gewisse Gefahr durchaus in Kauf nehmen, ebenfalls längere Wartezeiten an den Flughäfen, wie es nach den letzten Anschlägen in Istanbul teilweise der Fall ist. Wie sich die jüngsten Geschehnisse auf das Buchungsverhalten auswirken, müsse man sehen.

Versichern lasse sich solch ein Risiko, wie jetzt etwa bei dem Putschversuch, per Reiserücktritts- oder Abbruchversicherung nicht. „Angst lässt sich nicht versichern“, weiß Reiseexpertin Ines Lindecke.

Auf die Mitarbeiter der Reisebüros kommt mit den Ereignissen vom Wochenende in der Türkei weitere Arbeit zu. Wie hoch am Ende die Zahl der Stornierungen oder Umbuchungen sein wird, bleibt abzuwarten. Erste Veranstalter geben aber schon Entwarnung. Die Zahl sei nicht so hoch.

Doch wer jetzt noch kurzfristig umbuchen will, bekommt womöglich ein anderes Problem: Die beliebten Ausweichziele wie Spanien oder Portugal sind oftmals schon ausgebucht oder deutlich teurer. Bulgarien gilt noch als Geheimtipp. Eine Beratung im Reisebüro kann sich also wirklich lohnen.