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Vandalismus Vom Kahlschlag gezeichnet

Drei Jahre ist es her, dass Unbekannte mehr als 200 Bäume in Magdeburg zerstört haben. Der Schaden ist größer als befürchtet.

Von Jana Heute 29.07.2017, 01:01

Magdeburg l Es war ein bislang beispielloser Akt von Vandalismus am Stadtgrün in Magdeburg. Anfang 2014 hatten die Täter unbemerkt insgesamt 214 junge Bäume an der nördlichen Stadtgrenze und im Kannenstieg so stark beschädigt, dass bis heute drei Viertel von ihnen abstarben. Betroffen waren auf der Wiese am Glindenberger Weg u. a. Schwarzpappeln und Ahornbäume, am Sülzeanger Apfel- und Birnenbäume. Sie alle waren erst im Herbst zuvor in den Boden gekommen.

Auffällig waren seinerzeit das Ausmaß des Anschlages und die Vorgehensweise. Die Täter waren ziemlich präzise vorgegangen, hatten – so Expertenmeinungen – mit feinen speziellen Handsägen gearbeitet und die Bäume am unteren Stamm tief eingeschnitten oder gar ganz umgesägt. Ins Visier geraten war danach eine Gartenbaufirma aus dem Raum Köthen, mit der die Stadt Magdeburg zeitgleich im Clinch lag (Volksstimme berichtete). Diese Gartenbaufirma hatte die Bäume im Auftrag der Stadt gepflanzt. Streitpunkt waren nun Mängel in der Ausführung. Nach der Baumattacke an den beiden Standorten erstattete die Stadt Magdeburg Anzeige bei der Polizei. Offiziell wurde gegen Unbekannt ermittelt. Doch der Verdacht gegen die Gartenbaufirma stand im Raum. Warum sollte sonst jemand so etwas tun?

Die Frage bleibt bis heute unbeantwortet. Denn weder ließ sich bei den Ermittlungen der Verdacht gegen die Firma erhärten, noch konnte ein anderer Täter ermittelt werden. Zeugen gab es nicht. So blieb für die Stadt Magdeburg zunächst nur die Hoffnung, dass sich einige der Bäume, die lediglich angesägt waren, doch noch erholen würden.

Ein Blick heute auf die Flächen stimmt hingegen wenig optimistisch. Viele Pflanzstellen sind verwaist, andere Bäume abgeknickt. Die Stadt bestätigt auf Nachfrage den traurigen Zustand: „Durch die Witterungseinflüsse, insbesondere starke Winde, sind weitere angesägte, somit vorgeschädigte Bäume zerstört worden“, berichtet Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra.

Von ursprünglich 214 Bäumen seien derzeitig noch 58 lebensfähig, also nur rund ein Viertel. Von diesen 58 seien zehn Bäume nicht angesägt und noch erhalten. „48 Bäume konnten sich bisher trotz Sägeschnitt regenerieren. Wie stabil diese 48 Bäume bleiben, ist abzuwarten“, so Kinszorra.

Der Schaden ist nach heutigem Stand damit noch höher als damals befürchtet. Auf rund 40.000 Euro hatte man ihn seinerzeit geschätzt. Heute allerdings müsse auf der aktuellen Preisgrundlage sogar mit 50.000 Euro Schaden gerechnet werden, erläutert die Stadtsprecherin.

Die betroffenen Bäume waren Ausgleichspflanzungen für zuvor gefällte Straßenbäume am Glindenberger Weg bei dessen Ausbau. Sie müssten nun wiederum ersetzt werden, um die Auflage von Ersatzpflanzungen nach dem Bundesnaturschutzgesetz zu erfüllen. Doch die Stadt bleibt auf den Kosten des Baumfrevels sitzen. Ersatzpflanzungen seien bislang „weder geplant noch realisiert“, heißt es dazu.

EU-Vorgaben schränkten die Planungen für Ersatzpflanzungen zudem deutlich ein, so Kerstin Kinszorra. Zweites Problem: Zumindest der Glindenberger Weg liegt in der Quarantänezone wegen des Asiatischen Laubholzbockkäfers. Hier droht regelmäßig der Kahlschlag von Bäumen wegen möglichen Befalls.

Betroffen sind Laubbäume, was zum Nachdenken über gänzlich neue Standorte für die Nachpflanzungen führen müsste. Der Kahlschlag durch menschliche Vandalen vor drei Jahren wird die Verwaltung also noch länger beschäftigen.