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Versteigerung Tauziehen um den Kristallpalast

Der Magdeburger Kristallpalast wechselt vorerst nicht den Eigentümer. Bei einer Versteigerung am Mittwoch fand sich kein Bieter.

16.06.2016, 01:01

Magdeburg l Die Versteigerung des Kristallpalastes am Mittwoch vor dem Magdeburger Amtsgericht hat – obwohl die Zukunft des historischen Gebäudes weiter offen ist – eine juristisch unerwartete Wendung genommen. Die Flurstücke um den Palast herum wurden von Hans-Joachim Jordan ersteigert. Er gehört zu der Erbengemeinschaft und ist Miteigentümer des Geländes. Er hatte die Versteigerung auch anberaumt.

Vor Gericht sagte er, dass zwar alle Erben in einem Chor sängen, aber nicht das gleiche Lied spielen würden. Heißt im Klartext: Es gibt unterschiedliche Pläne, was die Zukunft des Palastes betrifft. Juristisch vertreten wurde Hans-Joachim Jordan von seinem Sohn Burkhardt Jordan.

Theoretisch hätte jeder der drei Erben diese Versteigerung beantragen können. Dass Hans-Joachim Jordan nun bei den vier Flurstücken mit insgesamt 53.000 Euro selbst mitbot, hat Prozessbeobachter wie den Kristall-Palast e. V., der sich für einen Erhalt des Gebäudes einsetzt, überrascht. „Jetzt können wir endlich mit einer Sprache sprechen“, sagte Rechtsanwalt Burkhardt Jordan nach der Verhandlung. Ähnlich wie bei einer Unternehmensübernahme sicherte sich sein Vater über den Erwerb der Flurstücke den Zugriff auf das gesamte Gelände. Juristisch interessant ist aber noch ein zweiter Aspekt.

Dass für den Kristallpalast kein Gebot abgegeben wurde, hat Jordan jetzt schwarz auf weiß und schützt vor überzogenen Forderungen, was den Wert des Hauses angeht. Zum Teil sollen die drei Erben unterschiedlicher Auffassung gewesen sein. Denn neben dem Mindestgebot von 68.000 Euro, die ein Bieter hätte zahlen müssen, liegt auf dem Gebäude noch eine Grundlast von 345.000 Euro, die noch zusätzlich hinzukommen. Ziel für die Jordans ist eine Entwicklung des Areals. „Wir sind da auch offen für Vorschläge von Projektplanern“, sagte Burkhardt Jordan nach der Verhandlung.

Bis zur baupolizeilichen Sperrung 1986 war der Kristallpalast eine der beliebtesten und schillerndsten Adressen Magdeburgs. Der Palast war bekanntes Varieté und Ballhaus, Heimstätte des Kabaretts „Die Kugelblitze“, aber in den letzten Kriegsjahren ab 1940 auch Internierungslager für Fremdarbeiter und Kriegsgefangene. Nach dem Krieg wurde der Bau saniert und nach der Enteignung durch die DDR wurde der Kristallpalast dann auch wieder eine Stätte der Kultur – bis zur Schließung Ende der 1980er-Jahre.

Nach der Rückübertragung an die Alteigentümer 1989 keimte auch die Hoffnung, dass der Palast zu neuem Leben aufblüht. Es gab mehrere Interessenten, sogar schon fertig ausformulierte Verträge – doch die Pläne zerschlugen sich, weil sich die Erbengemeinschaft nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen konnte. Ob nun ein neuer Versteigerungstermin für den Palast anberaumt wird, steht noch nicht fest.