1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Linie 73 Favorit für Magdeburger Elektrobus

VorstoßLinie 73 Favorit für Magdeburger Elektrobus

Die Stadt Magdeburg zeigt vorsichtiges Interesse für einen Versuch zum Einsatz von Elektrobussen.

21.07.2017, 23:01

Magdeburg l Wir brauchen mehr Informationen – nach diesem Motto gibt sich Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper verhalten interessiert bezüglich einer Offerte der Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt (Nasa). „Wir müssen genauer wissen, was auf uns zukommt“, sagt er. Das möchte er der Nasa noch offiziell mitteilen, da diese den Betrieb elektrischer Busse anschieben möchte. Wolfgang Ball erläutert: „Wir haben für Magdeburg in einer Studie die Linie 73 herausgearbeitet.“ Bei ihr würden die Busse am Olvenstedter Platz per Stromabnehmer nachgeladen. Nur: Die Studie allein reicht noch nicht. Auch eine Planung würde die Nasa finanzieren. „Und für die Anschaffung der Busse gebe es weitere Förderprogramme“, wirbt er für die Idee.

Nur: Die Busanschaffung ist es nicht allein, wie ein Blick in andere Städte zeigt. So betreiben Berlin und Braunschweig im regulären Netz jeweils eine Linie mit elektrischen Bussen.

Petra Reetz, Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), sagt: „Wir wollten als Test eine Strecke, auf der die Busse auch mit Staus klarkommen müssen.“ Die Wahl fiel auf die Route zwischen den Bahnhöfen Zoo und Südkreuz. An den Endhaltestellen laden die Busse kalbellos per Induktion innerhalb weniger Minuten. Sowohl Fahrgäste als auch Fahrer sind mit den Bussen zufrieden. Aber es gibt eben auch Probleme. Petra Reetz sagt: „In dem von uns auf der Linie getesteten System scheinen die Ladestellen recht empfindlich zu sein. Probleme gibt es insbesondere im Herbst, wenn Laub fällt.“

Christopher Graffam ist Sprecher der Braunschweiger Verkehrs-GmbH und sagt: „Wir waren wohl die Ersten, die Elektrobusse getestet haben.“ Seit Herbst sind vier Gelenkbusse und ein Normalbus im Regelbetrieb. Bei allen Vorteilen bezüglich fehlender Schadstoffe und wenig Lärms nennt auch der Braunschweiger den Ladevorgang wie seine Berliner Kollegin als Schwachpunkt: „Wenn auf unserer Ringbuslinie 419 einmal ein Stau ist, dann reicht die Zeit vor der neuen Runde nicht mehr zum Laden“, berichtet Christopher Graffam. Die Folge: Fahrten fallen aus oder fahren verspätet. Oder kurzfristig muss ein herkömmlicher Bus mit Dieselantrieb einspringen.

Wenn die Infrastruktur zum Laden einmal da ist, könnte sie in Zukunft auch von Pkws genutzt werden. Wenn beim Bus das Laden innerhalb von Minuten funktioniert, dürfte das bei kleineren Autos nur noch Sekunden dauern. Dafür aber ist noch Entwicklungsarbeit nötig. In Braunschweig gibt es in diesem Zusammenhang Versuche mit einigen Fahrzeugen, die von der TU Braunschweig eigens ausgestattet worden sind.

Einig sind sich die beiden erfahrenen E-Bus-Betreiber, dass es noch Zeit brauchen wird bis zum Durchbruch der Elektrobusse. Zum Beispiel fehlt derzeit ein einheitliches Ladesystem. Und auch sind die Busse zwei- bis dreimal so teuer wie herkömmliche Dieselbusse. Beide Unternehmen vermissen bislang einheitliche Standards zum Beispiel bei der Stromversorgung. Von der Ladestation an einzelnen Punkten über große Batteriepakete für einen Einsatz auf weiteren Strecken oder Oberleitungssystemen reichen die Modelle, die allesamt ihre Vor- und ihre Nachteile haben.

An diesen macht Petra Reetz auch deutlich, was bei den Investitionen auch noch beachtet werden müsste: „Es geht nicht allein um die Fahrzeuge.“ Es geht auch um Werkstätten und Ausbildung von Fahrern. Und es geht um Infrastruktur, die im Fall von Ladestationen oder gar Oberleitungen auch erhebliche Eingriffe ins Stadtbild und hohe Investitionen bedeuten. Vor diesen hohen Investitionen hatten bislang auch die Magdeburger Verkehrsbetriebe zurückgeschreckt.

Die Berlinerin Petra Reetz jedenfalls hat auch die Kostenseite im Blick: „Gemeinsam mit den Hamburger Kollegen hat die BVG die Industrie informiert, dass wir an einer Serienproduktion interessiert wären und auch entsprechend Fahrzeuge abnehmen würden.“ Ein Grund für die hohen Preise bei Bussen in Europa sei nicht zuletzt der Umstand, dass die Fahrzeuge aufgrund geringer Stückzahlen als Einzelanfertigungen hergestellt werden.

Als Vorreiter bei E-Bussen gilt China, wo entsprechende Systeme massiv gefördert werden.