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Wetterwarte In Magdeburg wird Regen gewogen

Der Deutsche Wetterdienst in Magdeburg stellt am 1. Juni auf Automatik um. Damit endet eine Ära.

Von Franziska Ellrich 30.05.2017, 01:01

Magdeburg l Handgemessene Wetterwerte aus Magdeburg gehören ab 1. Juni der Vergangenheit an, alles läuft auf dem kleinen Messgelände in Sudenburg nur noch automatisch. Wo in den vergangenen Jahren Mitarbeiter wie Gunter Claus täglich die Menge des aufgefangenen Niederschlags in einer Messröhre abgelesen haben, wird jetzt die Wassermenge beim Auffangen automatisch gewogen – und die Daten an die Zentrale des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach übermittelt.

Gleich neben dem silbernen Rohr steht erhöht eine Sensorplatte, die bei Regenberührung automatisch reagiert. Wann beginnt es zu regnen, wie stark ist der Regen und wie lange dauert er an? Das alles erkennt das Gerät von ganz allein. Die Zeiten der „Augenbeobachtung“ seien vorbei, sagt Sabine Kaunert. Morgen hat die 52-Jährige ihren letzten Tag als Stationsleiterin in der Magdeburger Wetterwarte. Der Abschied fällt ihr sichtlich schwer. „Es kommt nicht überraschend, aber wenn der Tag dann da ist, ist es schlimm.“

1981 hat Sabine Kaunert als Lehrling in der Aßmannstraße angefangen. Damals nannte sich ihr Beruf technischer Assistent für Meteorologie, heute spreche man von Wettertechnikern. Die würde der Deutsche Wetterdienst allerdings längst nicht mehr ausbilden. „So gut wie alles läuft automatisch“, nennt Sabine Kaunert den Grund dafür. Dieser Tage räumt sie ihren Schreibtisch, packt alle privaten Sachen zusammen.

Sabine Kaunert kann sich noch gut daran erinnern, wie vor 2008 sieben Mitarbeiter in der Magdeburger Wetterwarte rund um die Uhr im Einsatz waren, Nachtschichten wurden geschoben und Daten aktuell gemessen – mit einem langen Thermometer im Boden und zusätzlich in der Luft. Es wurden die Wolken beobachtet, die Art des Niederschlags registriert und die Sichtverhältnisse vor Ort überprüft. Die Thermometer gibt es in der alten Stadtvilla in Sudenburg schon lange nicht mehr. Aus Sicherheitsgründen seien die mit Quecksilber gefüllten Glasröhrchen abgeschafft worden.

Seitdem messen sogenannte Widerstandsthermometer mit Hilfe eines elektrischen Leiters die Temperatur, eines ganz knapp über dem Erdboden, ein anderes in circa zwei Metern Höhe. Das Grundstück, auf dem die Messgeräte stehen, gehört der Kirche und bereits vor der Wende hat der Wetterdienst das kleine Gelände gepachtet. Ausschlaggebend sei damals die Randlage zu Magdeburg gewesen, erklärt Sabine Kaunert. Damals hätten zudem keine Häuser rund um so eine Station in Hauptwetterrichtung gebaut werden dürfen. Heute stehen dort jede Menge Neubauten.

Bis zu dieser Woche haben die Mitarbeiter der Wetterwarte in Sudenburg noch Vergleichsmessungen angestellt. Und kontrolliert, ob die automatisch gemessenen Temperaturen und Niederschlagsmengen mit den Messungen in Handarbeit übereinstimmen. Damit ist jetzt Schluss.

Wenn Sabine Kaunert ab Juni für die Wetterwarte am Flughafen in Hannover arbeitet, bleiben nur noch zwei ihrer alten Kollegen in Magdeburg übrig. Gunter Claus und Uwe Peruth werden vor Ort weiterhin die Radioaktivität messen. Das bedeutet: Sie verdampfen aufgefangenen Niederschlag mit einem Wasserkocher und der Schmutz, der übrig bleibt, wird auf Schadstoffe überprüft. Die Werte, mit denen bestimmt wird, wie es um die Radioaktivitätsbelastung im Niederschlag steht, werden nach Offenbach übermittelt. Zumindest soll das noch ein Jahr lang so sein. Voraussichtlich wird auch dieser Prozess demnächst automatisch ablaufen.

Was dann mit der Wetterstation und ihren letzten Mitarbeitern in Magdeburg passiert, bleibt offen. Sicher ist bis dahin nur, dass alle Bürger, die in den letzten Jahren regelmäßig angerufen haben, um zu erfahren, ob sie wegen anstehenden Frosts ihre Blumen abdecken sollten oder um nach Schäden für die Versicherung Windstärken zu erfragen, weiterhin jemanden in der Magdeburger Station erreichen. Auch der Schaukasten vorm Haus werde mit aktuellen Werten bestückt. Gunter Claus, der ab Juni Hauptansprechpartner in der Sudenburger Warte sein wird, verspricht: „Solange wir die Daten haben, geben wir auch Infos raus.“