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Wohnen Magdeburger fürchten neue Nachbarn

Zum Bauvorhaben auf dem Werder in Magdeburg gibt es heftige Kritik. Schausteller befürchten, vom Messeplatz vertrieben zu werden.

Von Martin Rieß 15.02.2018, 00:01

Magdeburg l Mit einem 60-Millionen-Euro-Vorhaben möchten die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Magdeburg (Wobau) und die Magdeburger Wohnungsgenossenschaft (MWG) Wohnhäusern rechts und links der Schleusenstraße, einer Nebenstraße des Kleinen Stadtmarschs auf dem Werder entlang der Elbe, bauen. Bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war das Gelände bereits einmal bebaut. Neben Zustimmung haben die Investoren auch einige Kritiker auf den Plan gerufen.

Karl Welte ist erster Vorsitzender des Vereins selbständiger Gewerbetreibender Markt- und Messereisender (VSG). Der Verein hat den Messeplatz „Max Wille“ von der Stadt Magdeburg gepachtet. Dieser sieht die Zukunft des Standorts in Gefahr: „Was uns da als Lärmschutz verkauft werden soll, wird doch nie im Leben funktionieren!“

Der VSG-Chef sagt: „Aus Erfahrungen in anderen Städten wissen wir, was passieren wird: Erst wird gebaut, dann gibt es immer mehr Beschwerden, und dann wird der Jahrmarkt an dieser Stelle verboten.“ Damit würde in Magdeburg mit der Herbstmesse der älteste belegte Jahrmarkt Deutschlands sterben, ist sich Karl Welte sicher. Denn es werde kaum einen anderen Standort geben, der so gut zu erreichen ist.

Auf Eis gelegt sei zumindest jetzt erst einmal der Plan, weiteres Geld in die Aufwertung des Platzes zu investieren. Bereits in den vergangenen Jahren waren unter anderem die Stromversorgung erneuert und Wege befestigt worden.

Ulli Bittner ist Veranstalter des Magdeburger Oktoberfests, das Jahr für Jahr auf dem Messeplatz zu Gast ist. Er sagt: „Auch ich mache mir wegen dieses absehbaren Konflikts Sorgen.“ Schon jetzt werde ein großer Aufwand betrieben, um den hohen Anforderungen an den Schallschutz Rechnung zu tragen.

Auf seiner Seite weiß der VSG auch die Fraktion der Magdeburger Gartenpartei. Roland Zander, Fraktionsvorsitzender der Gartenpartei, teilt eine weitere Kritik der Schausteller: „Ich bin entsetzt darüber, wie das Vorhaben hier durch den Stadtrat gepeitscht werden soll. Warum ist hier ein Eilverfahren notwendig? Warum erfahren nicht alle Stadträte frühzeitig, was hier geplant ist?“ Karl Welte vermutet gar ein abgekartetes Spiel: „Was soll man denn davon halten, wenn den Kleingärtnern der Sparte ,Am Domfelsen‘ schon gekündigt ist, obwohl das Vorhaben noch nicht einmal durch den Stadtrat ist!“

MWG-Vorstand Thomas Fischbeck versucht, die Kritiker zu beruhigen: „Mit einer sechsgeschossigen Bebauung in Hufeisenform, bei der zum Messeplatz hin die Treppenhäuser, die Sanitär- und die Küchenräume ausgerichtet sind, wird ein ausreichender Lärmschutz auch für die benachbarten Bereiche geschaffen.“ Im Laufe der weiteren Entwicklung werde man das Gespräch mit allen Nachbarn und damit auch mit dem VSG suchen.

Neben der Frage der Nachbarschaft geht es auch um weitere Themen. Während einer Sitzung des Magdeburger Umweltausschusses hatte beispielsweise Detlef Schulze vom Umweltamt darauf hingewiesen, dass bei der Beräumung der benachbarten Gartensparte an der Zitadelle streng geschützte Zauneidechsen gefunden wurden. Es sollte damit gerechnet werden, dass sich die Population auch weiter in den Bereich der Schleusenstraße erstreckt.

Beim Baumbestand sei in der Kleingartenanlage nicht mit wertvollen Gehölzen zu rechnen. Untersucht werden müssen aber die Bäume in den übrigen Bereichen, wo es unter anderem an der Schleusenstraße eine Allee gab und auch der Kleine Stadtmarsch über Fragmente einer solchen verfügt.

Zwar hatten die Wobau-Geschäftsführer Peter Lackner und MWG-Vorstand Thomas Fischbeck bei der Präsentation des Vorhabens in der Volksstimme darauf verwiesen, dass das Gelände beim Hochwasser 2013 trocken geblieben war. Doch Umweltamtsleiter Rolf Warschun verwies darauf, dass das Ziel der Stadt Magdeburg für den Hochwasserschutz bei einem Pegelstand von 7,80 Metern an der Strombrücke liegt. Und das Gebiet an der Schleusenstraße liege deutlich unter dieser Marke.

Und wie geht es jetzt weiter? Nachdem der Umweltausschuss mit den Stimmen von CDU und SPD und gegen die Stimmen der Linken eine weitere Planung befürwortet hat, ist am 15. Februar 2018 der Bauausschuss am Zug. Am Donnerstag danach dann hat der Stadtrat Magdeburg über den Fortgang des Vorhabens zu entscheiden.