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TAV stellt Rechnungen Anlieger-Zoff wegen Tunnelbau

Aufregung in der Anderslebener Straße. Wegen des Tunnelbaus werden Wasseranschlüsse erneuert. Die Anlieger müssen zahlen.

Von Sebastian Pötzsch 29.07.2015, 01:01

Oschersleben l „Ich wollte den Tunnel nie haben und jetzt greifen sie mir dafür auch noch in die Tasche“, schimpft Gerald Tepper. Er wohnt mit seiner Ehefrau in der Anderslebener Straße direkt gegenüber dem Verwaltungsgebäude des Trink- und Abwasserverbandes Börde (TAV). Auf deren Mitarbeiter ist das Ehepaar derzeit nicht gut zu sprechen. Und damit stehen sie nicht alleine da.

Grund sind die vorbereitenden Maßnahmen für den Bau der Bahnüberführung in der Magdeburger Straße, gemeinhin auch als Tunnel bezeichnet, welche die Bahn in den kommenden Jahren realisiert. Dazu gehören unter anderem Leitungsverlegungen in der kleinen Anderslebener Straße. Laut TAV müssen hier auch der Schmutzwasserkanal auf rund 200 Metern Länge sowie die dazugehörigen Grundstücksanschlüsse erneuert werden. „In diesem Zusammenhang weisen wir Sie darauf hin, dass mit der Erneuerung ... Kosten auf Sie zukommen, die … nach dem tatsächlich entstandenen Aufwand an Sie weiterberechnet werden“, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes an die neun Anlieger der Anderslebener Straße.

Doch die wollen das so nicht hinnehmen. „Mein Anschluss, so wie er jetzt ist, ist doch in Ordnung. Das wurde mir ja auch auf der Versammlung bestätigt“, sagt Gerald Tepper. Er meint damit eine Informationsveranstaltung am 21. Juli im TAV-Verwaltungsgebäude. Hier sei ihm und den weiteren Betroffenen erklärt worden, dass aufgrund der späteren Rampe in seiner Straße zum Tunnel hinunter das künftige Schmutzwasser in die entgegengesetzte Richtung fließen müsse, nämlich dann von West nach Ost. Für Tepper und seine Nachbarn ist klar: „Da der Tunnelbau ein Bahnprojekt ist, muss diese Kosten doch auch die Bahn übernehmen.“

Laut einer Bürgerinformation des TAV beträgt der Einheitssatz rund 195 Euro pro laufender Meter Anschlusslänge. Hinzu kommen auch noch 383 Euro für einen Kontrollschacht pro Anschluss. „Da kommen mehr als 1000 Euro auf mich zu“, rechnet Gerald Tepper vor, der sein Haus erst vor drei Jahren erworben hat.

Auch sein Nachbar Wolfgang Wachholz ist sauer. „Das kann doch nicht sein, dass wir Anlieger am Bau des Tunnels beteiligt werden sollen“, macht er sich Luft. Denn würde dieser nicht gebaut, würden auch keine Leitungen und Kanäle umverlegt werden müssen und er und seine Nachbarn bräuchten dann auch keine neuen Anschlüsse.

Ganz anders sieht das die TAV-Geschäftsführerin Vinny Zielske. „Die Kanäle müssen zwar tatsächlich jetzt wegen des Tunnelbaus erneuert werden, das ist richtig. De facto hätten sie jedoch in zwei oder drei Jahren sowieso ausgetauscht werden müssen“, betont sie auf Volksstimme-Nachfrage. Nämlich immer dann, wenn die zuständige Stelle – das kann die Stadt, der Landkreis aber auch die Landesstraßenbaubehörde sein – eine Straße grundhaft ausbaut, würden auch sämtliche Leitungen erneuert. „Das war vor zwei Jahren beispielsweise mit der Hornhäuser Straße genauso. Grundstückseigentümer müssen die Kosten für neue Anschlüsse immer übernehmen“, berichtet Zielske. Das sei gesetzlich so geregelt. Die Kanäle in der Anderslebener Straße sind so alt, dass sie sogar bereits abgeschrieben seien.

Außerdem hält sie den Anliegern vor, sich nicht am Planfeststellungsverfahren der Bahn beteiligt zu haben, obwohl sie darüber beispielsweise über das Oschersleber Amtsblatt oder die Tageszeitung informiert worden waren. Die Unterlagen seien eine lange Zeit öffentlich ausgelegt worden. „Hätten die Bürger Einsicht in die Dokumente genommen, dann hätten sie auch gesehen, dass sie in diesem Jahr dran sind“, unterstreicht Zielske.

Für Gerald Tepper sind die Aussagen der Geschäftsführerin nicht zufriedenstellend. Er hält an seinem Plan fest, einen Widerspruch an den Verbandsvorsitzenden Burkhard Kanngießer zu richten.

Das Projekt Tunnelbau beschäftigt Oschersleben schon seit weit mehr als zehn Jahren. Die Bahn, die Landesstraßenbaubehörde und die Stadt planen seitdem gemeinsam die Bahnquerung in der Magdeburger Straße/Schermcker Straße, in derem Zuge der Autoverkehr die Bahngleise unterfahren kann. Die Planungen sehen vor, dass die südliche Rampe in Höhe des Netto-Marktes beginnt und die nördliche in Höhe der „Tafel“ des DRK. Auch die Anderslebener Straße solle eine Rampe etwa ab Höhe des TAV-Bürogebäudes erhalten, um Anliegern ein Rechtsabbiegen in den Tunnel zu ermöglichen.

Bereits im Jahr 2004 hatte die Bahn die Planungsphase verschoben. Im Oktober 2007 beauftragte der Stadtrat den Bürgermeister, mit seiner Unterschrift der entsprechenden Kreuzungsvereinbarung zuzustimmen. Immer wieder hatte sich der Baubeginn verzögert.

Die Gesamtbaukosten werden auf rund zwölf Millionen Euro geschätzt, wobei der Bärenanteil Bund und Land zu tragen haben. Die Stadt sitzt mit einem vergleichsweise geringen Kostenanteil von etwa 180 000 Euro im Boot.

Wegen der aktuellen Baumaßnahmen ist neben der kleinen Anderslebener Straße seit Montag nun auch die Fabrikstraße bis voraussichtlich November dieses Jahres für den Verkehr voll gesperrt und als Sackgasse ausgeschildert. Für Anlieger besteht jedoch die Möglichkeit, beide Straßen bis zur jeweiligen Baustelle zu befahren.